II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 528

11. Reigen
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Morgenblatt.
Wien, Samstag, den 12. Februar
Die Abgeordneten und der
„Reigen“.
Die Fortsetzung der Aufführungen trotz des
Verbotes.
Wien, 11. Februar.
Die Engländer nennen solche Leute Faddisten. Das
sind Menschen ohne Sinn für das Wesentliche, Wichtigtuer
die sich mit wahrer Wollust dem Unbedeutenden widmen.
Ein Weltuntergang findet solche Menschen damit beschäftigt,
dem Gegner eine Bosheit anzuhängen. Bei einer Feuers¬
brunst, wo alles in Asche fällt, werden sie vielleicht zanken,
weil der Nachbar sich bei der Flucht ein wenig vordrängt.
Der Staat geht in Trümmer, die Hoffnungslosigkeit brütet
über diesem Lande, die Kinder welken dahin und die Ziffern
des Defizits sind wie das Dröhnen einer Sturmglocke. Aber
die Herren im Parlament lassen sich nicht stören. Sie haben
viel Besseres zu tun, als den Geldwert zu retten, die Raserei
der Ausgaben einzudämmen und sämtliche Posten des
Voranschlages zu prüfen. Mit solchen Kleinigkeiten geben
vir uns nicht ab und auf einige Milliarden mehr oder
weniger kommt es ohnehin nicht an. Wir halten es mit der
Weisheit des Wurzelsepp: Es kann dir nix g'scheh'n, denn
irgendwie werden wir schon im April zu essen haben, ob mit
Zetteldruck oder auf Kredit, ob mit türkischer Kontrolle oder
auf eigene Hand, ist gleichgültig. Das russische Nitschewo,
die lähmende Wurstigkeit, das vollkommene Versagen jedes
politischen Ernstes, das alles zeigte sich während der Rede
Dr. Grimms, die vor leeren Bänken gehalten wurde, vor
ein paar Dutzend Abgeordneten, in einem gelangweilten,
schlecht besetzten Hause ...
Aber siehe, dieses tote Parlament erwacht zum Leben.
Vorüber die Lethargie, abgetan die Mattigkeit und wie
elektrisiert die Atmosphäre. Plötzlich ist das Interesse
lebendig, erhitzt sich die Debatte und erregen sich die
Abgeordneten. Woher kommt diese Aenderung Weiles
sichmag tusendmas die Verfassungsfrage vorgeschützt
werden, um das berühmte Theatertinterl des Vormärz
handelt, um jene Kulissenluft, die ganz Oesterreich durch¬
dringt, und um jenen Bühnenklatsch, der die Wiener so
leicht in Schwingung bringt. Andere Menschen können es
aum ertragen, sich jetzt mit Nebensächlichem zu befassen.
Die Abgeordneten haben es für richtig gehalten, einen
ganzen Sitzungstag über den „Reigen zu reden, während
das Gespenst der völligen Entmündigung schon umgeht und
die Messer gewetzt werden, mit denen der letzte Rest unserer
Freiheit geschlachtet wird. Man denke nur, was
geschehen ist. Der Minister des Innern hat es gewagt, über
die Majestät des Landeshauptmannes hinweg, ohne Rück¬
icht auf seine Souveränität, das Stück von Schnitzler zu
verbieten. Er hat den Hetzereien nachgegeben und durch
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1921.
schaffen, die nach Belieben parteipolitisch ausgenützt werder
können.
s ist jedoch nicht mehr die Zeit für parlamentarische
Einzelschlachten. Es ist ein himmelschreiendes Unrecht, ein
Volksverrat an Oesterreich, über etwas anderes zu verhandeln
als über das Heil des Landes und undere Wünsche walten
zu lassen als die Sehnsucht nach Rettung und Erneuerung.
Von rechts wie von links müßte alles vermieden werden, was
dem Auslande den Vorwand bietet, uns herabzuwürdigen
und was den Eindruck der bübischen Verspieltheit mit sich
bringt. Wie soll es verstanden werden, wenn ein Mann in
der Stellung des Präsidenten Seitz förmlich die Revolution
an die Wand malt, wenn die Bundesregierung den Versuch
Welche
machen wollte, die Aufführung zu verhindern.
Schande für das Parlament, daß die Abgeordneten beinahe
nit den Fäusten aufeinanderschlagen, alles aus Wut wegen
! Niemand kann leugnen,
der Aufführung des „Reigen“
daß dieses Stück bei vielen Zuschauern Empfindungen her¬
vorruft, die nicht mehr als künstlerische bezeichnet werden
können, und daß trotz aller Genialität die Beimischung des
mschhten Sinne Lüsternen nicht ausgeschlossen ist. Ebenso¬
veng och kann dieses Herumtasten von Erlaubnis zu Verbot,
von Lazlichkeit zu äußerster Strenge der Sachlage entsprechen.
Der Konflikt muß rasch beseitigt werden, weil sonst die
Bundesregierung in eine ähnliche Lage käme wie die Re¬
gierung während der französischen Revolution, als das Rat¬
haus von Paris stärker war als das Ministerium und nichts
geschehen konnte, was die Commune nicht gestattete.
Die ganze Oeffentlichkeit wird sich jedoch in der Forde¬
rung vereinigen, daß die Abgeordneten endlich begreifen
mögen, was die Stunde gebietet. Mit Zittern muß daran
gedacht werden, wie das Ausland von uns denken wird und
welche unberechtigten Schlüsse aus solchen Episoden gezogen
werden. Wir haben eine amerikanische Zeitschrift vor Augen,
in welcher der Hilferuf der europäischen Mütter zur Dar¬
stellung gelangt und wo mit einer Herzlichkeit, die jeden wie
eine Wohltat berührt, das Schicksal Oesterreichs behandelt
wird. Werdenes die Mildtätigen verstehen können, daß die
Parlamentarier sich wegen des „Reigen“ in den Haaren
liegen, wird man es ihnen klarmachen können, daß es sich
wiederum nur um eine Folge unserer schauerlichen Lage
handelt? Denn tatsächlich leben wir heute wie im Vor¬
närz. Genau so wie damals herrscht eine Sklaverei, welche
die Willensäußerung lähmt, die Tatkraft zu Boden drückt
ind jeden entschiedenen Vorstoß des Selbsterhaltungstriebes
hindert. Nur kommt die Sklaverei nicht von innen, sondern
von außen, und sie ist noch ärger als in der damaligen Zeit,
denn sie ist nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich
und sie ist um so schwerer, weil die Verluste unwieder¬
bringlich und die Persönlichkeiten noch schwächlicher sind.
so wie damals bewirkt das Ueber¬
Aber genau
maß der Erschöpfung, daß sich das Interesse verbröselt,
daß das Sumpertum sich immer mehr verbreitet und der
Sinn für Verhältnismöglichkeit verloren geht. In einem
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