II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 634

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Reigen
#erkrotte „Reigen“.Verbot
Die Ausfassung im Rathaus.
Die „Aub =Z#“ befaßt sich cheute mit dem polizeilichen
Verbot der „Reigene=Aufführungen. „Da die Stellungnahme des
Blattes zum Verbot wohl die Auffässung der Ralhausmehrhen
und des La##d##hapmmannes darstellt, geben wir die Ausführungen
hier wieder. Das Blatt schreibt:
Durch diese Verfügung der Polizei wird das gesetzliche Ver¬
hältnis nin ins volle Gegenteilverkehrt. Nach
dem Gesetz steht der Widerruf der Aufnahmsbewilligung aus¬
chließlich dem Statthalter, also (jetzt) dem
Landeshauptmann zu. Der Landeshauptmann hat die Bewilligung
nich zurückgenommen, dagegen ist ein Verbot zuerst vom Minister.
darach vom Polizeiptäsidenten ausgesprochen worden! Das ist
doch wohl die Umkehrung der Anoidnung des Gesetzes! Ob der
Heir Poizeipräsident aber berechtigt ist, „die fernere Aufführung
einzustelln, ist mehr als fraglich Das Gesetz sogt
„Wenn dringende Rücksichten es eisordern, fann die Sicherheits¬
behörde die Asführung eines Bühnenweikes gegen nach
trägsich einzuholende Genehmigung des
Staithalteis ganz oder teilweise untersagen
und sei st die Lortieung einer bereits begonnenen Vorstellung
einstellen Das Gesetz meint hier ganz bestimmt eine
An führing, eine beßtimmte Aufführung: bei der eben
„dringente Rücksichten“ oowalten. Um es konklet zu
agen: gegen die zweite Vorstellung, die nach der gestörten noch
angeagt war, konnten die „dringenden Rücksichten“ geltend
gemacht werden; auf die hat sich die Befugnis der Sicherheits¬
A#h#e erstreckt. Aber keineswegs will das Gesetz die allgemeine
Zuständigkeit des Statthalters auf die Sicherheitsbehörde übertragen;
die Sicherheitsbehörde wird zum selbständigen Handeln nur für den
Bereich der „dringenden“ Rücksichten exmächtigt, diese werden
aber durch die Zeit erschöpft. Denn über die
„fernere“ Aufjährung ist der Statthalter natürlich
durchaus in der Lage, selbst zu versügen; wozu also der Umweg
über die Sicherhensbehörde? Wohl ging der Plan der Anstifter
(und wahrscheinlich auch der Wunich dei Polizei) dahin, mit der
Störung der Aufführung ein dauerndes Verbot herbeizuführen;
aber ein dauerndes Verbot (also das Verbot der „ferneren“ Auf¬
führung) überweist das Gesetz keineswegs der Sicherheitsbehörde,
stellt es ausschließlich dem Stafthalter anheim Die Ver¬
sügung des Polizeipräsidenten entspricht
ebensowenig dem Gesetz wie die des
Ministers des Innern.
Was nun die Rechtsfrage betifft, so wird der Landes¬
hauptmann die „nachträglich einzuholende Ge¬
nehmigung", wie wir glauben, keineswegs er¬
teilen Dazu liegt weder eine Verpflichtung noch ein Anlaß
vor. Verpflichtet ist nur die Sicherheitsbehörde, die Genehmigung
einzuholen; das besagt natürlich nicht, daß sie der Landes¬
hauptmann aussprechen muß Auch kein Anlaß: denn gegen den
Theaterdirektor ist auch die Einstellung durch die Sicherheits¬
behörde wirksam. Die Genehmigung würde aber auch
einen absurden Zustand herbeiführen. Da der Direktion gegen die
Entscheidung des Polizeiptäsidenten der Rekurs an den Landes¬
hauptmann zusteht, so würde eine Genehmigung der Entscheidung
des Polizeiptäsidenten durch den Landeshauptmann zur Folge
haben, daß sich dann der Rekurs an den Landeshauptmann
als ein Rekurs gegen eine Entscheidung des Landeshauptmannes
darstellen würde. Der Herr Polizeipräsident wird also auf die
Deckung seiner fragwürdigen Entscheidung durch eine Genehmigung
chon verzichten müssen ..
Die Einstellung, die der Polizeipräsident verfügt hat, kaun
sich natürlich nur auf die Skandale beziehen; auf
den Inhalt des Stückes ganz selbstverständlich nicht. Woraus
sich schon ihie zeitliche Begrenzung ergibt. Denn daß die Dis¬
position der Christlichsozialen, die Aufführung eines ihnen nicht
genehmen Stückes mit Stinkbomben zu stözen, kein
dauernder Verbotsgrund sein kann, ist seibst¬
verständlich. Denn dann müßte man die Theaterzensuxeden Be¬
hörden überhaupt abnehmen und sie den christlichsoziälen Stink¬
bombenwersern überliefeln.
Der „Reigen“-Rummel.
Der eigensinnige Jakob.
Der „Reigen“-Rummel sollasso noch nicht zu Ende
gehen. Bürgermeister Reumun, der in die er Frage
unter dem Diktate der hetzerische
üdischen Führerclique
der sozialdemokratischen Partei steht
die unter allen Um¬
ständen under Volk mit derartigen
Schundstücken vergisten
will, weigert sich, das Verbot der Polizei zu bestätigen
und setzt sich damit in ausdrücklichen Gegensatz zu der
Masse der braven bodenständigen sozialdemokratischen Ar¬
beiter, deren Bildungshunger und Kunstinteresse von
Schweinereien, wie sie die Aufführung des „Reigen“ be¬
deutet, nichts wissen will. Wer sein Kunstideal in Werken,
wie die Symphonien Beethovens, wie die Opern Mozarts
und die Musikdramen Wagners gesunden hat, und das
haben breite Massen der sozialdemokratischen Arbeiterschaft
getan, der will von Schandstücken, deren Hauptziel die Be¬
riedigung der Geilheit gewisser Kriegsgewinner ist, nichts
mehr wissen. Und die Sozialdemokratie wird es noch am
eigenen Leibe erfahren, was es heißt, sich gegen diese
Ideale kunstbegeisterter Männer und Frauen zu ver¬
ündigen. Es ist möglich, daß diese Schichten der sozial¬
demokratischen Anhängerschaft noch nicht den Mut auf¬
bringen, sich gegen die von ihren Führern praktizierte
Volksvergiftung aufzulehnen, daß sie sich noch für eine
Weile dem Diktat der jüdischen Macher ihres Partei¬
#rg#nes beugen, aber sie tun es mit innerlichem Wider¬
13 FEBRU
prursch# VorkenN:
WIEN
streben, und diese Taktik wird sich an der jetzt in der
ozialdemokratischen Partei herrschenden Clique noch schwer
rächen. Die besten Elemente, über die sie verfügt, werden
sich infolge dieser Unterstützung der vornographischen
Literatur von der Sozialdemokratie abwenden und das
wird im Interesse einer Gesundung auch unserer politi¬
schen Verhältnisse nur zu begrüßen sein.
Was die durch die Weigerung Reumanns, das Polizei¬
erbot der „Reigen“=Aufführungen zu bestätigen, geschaffene
Rechtslage betrifft, warten wir vorläufig das Urteil des
angerusenen Gerichtes ab, ob freilich die emdörten Massen
der deutschen bodenständigen Bevölkerung Wiens weitere
Aufführungen des „Reigen“ dulden werden, möchten wir
bezweifeln. Sie haben am Mittwoch bewiesen, daß es Mittel
gibt, um den Volksvergiftern, trotzdem diese natürlich
gerne unter sich sein möchten, das Konzept zu verderben,
und sie werden, wenn nicht an jedem Abend, so doch an einem
oder dem anderen, sicher Mittel und Wege finden, um die
Vorstellungen unmöglich zu machen. Die Folgen der dabei
zu erwartenden Krawalle wird der eigensinnige Bürger¬
meister Reumann zu verantworten haben, über dessen
Haltung das Abendblatt der „Arbeiter=Zeitung“ folgende
parteioffiziöse Mitteilung macht:
„Wie wir erfahren, wird der Bürgermeister von Wien
als Landeshauptmann das Verbot der „Reigen“=Auf¬
ührungen durch den Polizeipräsidenten nicht bestätigen.
Das Verbot bleibt nur so lange in Wirksamkeit, bis der
Rekurs des Direktors Bernau eingebracht ist.“
Eine Kundgebung der christlichen Neubauer
gegen deu Bühnenschmutz.
Beim letzten Sprechabend des Neubauer Wählervereines
wurde in energischer Form gegen die in letzter Zeit über¬
handnehmenden unsittlichen Thiateraufführungen,
wie
„Reigen“ und „Flamme“, Stellung genommen
wurde darauf verwiesen, daß selbst in München, welches
eine Künstlerstadt ist und daher die Moral nicht so hoch
sleht, derartige Stücke abgelehnt wurden. Nur in Wien
war es möglich, daß man die größte Schweinerei täglich
nicht nur einmal, sondern zweimal aufgeführt hat, damit die
Schieber nach der Oper noch demonstrativ zum „Reigen“
fahren können. Dies beweist, daß die Moral in Wien
einen ebensolchen Tiefstand erreicht hat
wie unsere Vali ta. Der Wählerverein am Neubau
protestiert namens der Ehre der anständigen Bevölkerung,
insbesondere der christlichen Frauen, daß derartige Stücke
weter auf dem Spielplane unserer Bühnen verbleiben, und
verlangt die sofortige Absetzung derselben. Er ist entschlossen,
Mittel und Wege zu sinden, derarlige Aufführungen in Hin¬
kunft unmöglich zu machen.
Es wurde sofort eine Widerstandsaktion gegen öffenz¬
liche Schweinerei ins Leben gerufen.