II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 637

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11. Reigen
box 17/6
Nr. 111
Wien, Sonntag
Schnitzler nimmt in der modernen literarischen Be¬
wegung eine hervo ragende Stellung ein. Mit scharfer Re¬
alistik weiß er die mimsten Lebensvorgänge zu erfassen und
als erfahrener Analytiker das menschliche Seelenleben zu be¬
leuchten. Durch seinen geistvollen Dialog, seine vornehme
Sprache und durch leuchtende Gedankenblitze fesselt er das
Interesse auch dann noch, wo der Gegenstand abstoßt, und
urch die künstlerische Durchdringung der Form ist er trotz
mancher Gegnerschaft zum Vertreter einer literarischen
Richtung von besonderer Eigenart geworden.
Auch sein
Jugendwerk „Reigen“ verleugnet diese Eigenschaften nicht.
Er schildert die Sinnesfreude der Jugend,
ie sie sich in gesunder Lebenslust frei von allen moralischen
Hemmungen dem natürlichen Verlangen als wie etwas Selbst¬
verständlichem hingibt. Die einzelnen Vorgänge sind dem
Leben abgelauscht, die einzelnen Personen mit wenigen Strichen
richtig gezeichnet und das Ganze so wahr, wie es sich in der
Großstadt unzähligemal ereignen mag. Die Kunst Schnitzlers
bewährt sich hier, daß er — eine sonst nur den Franzosen zu¬
ommende Gabe

niegemein wird, daß er
elbst in den laszivsten Szenen durch eine gewisse Zartheit der
Sprache den Ekel vor dem Animalischen der Handlung
zum mindesten eindämmt. Vielleicht ist es richtig, daß für
Schnitzler das Pilante bei der Verfassung des „Reigen; nicht
das aussch ießliche Motiv war. Er ist Arzt und für einen
solchen mochte jeder der einzelnen Fälle in den Bildern ein eigene
Problem bilden. Dies zeigt sich in der feinen Psychologie,
durch die er die einzelnen Perst #en geradezu mit Meister¬
chaft individuell gestaltet, aber auch durch eine gewisse weh¬
mütige Resignation, die sich ü er das Ganze breitet, in der sich
Entläuschung und eine geheime Sehnsucht nach dem Glücke
wirklicher Liebe des Herzens birgt.
Allesn allem genommen kann nicht daran gezweifelt
werden, daß man den „Reigen“ als
ein Werk von nicht gewöhnlicher künstlerischer Bedeutung
gelten lassen muß.
Wenn ich auch weit entfernt bin davon, im „Reigen“, wie
einige übereifrige Anhänger Schnitz'ers behaupten, eine ihm
eigene besondere Keuschheit zu entdecken oder zu glauben, daß
ich in ihm Aspekte einer neuen Sittlichkeit eröffnen, so bleibt es
m Gegensatz zur astetischen Lebensauffassung ein aus¬
drucksvolles, modernes Dokument phy¬
sischer Lebensbejahung. Moralisten jedoch, die, über
den Verfall der Sitten klagend, über unsere Zeit den Stab
brechen, mögen sich daran erinnern, daß der „Reigen“ in dem
Minnedienst des glaubensinnigen Mit¬
telalters seine Vorgänger findet und daß
es damals nicht für unanständig galt, wenn der Ritter die
Nacht bei seiner Angebeteten zubrachte. („Es war die Nachtigall
und nicht die Lerche.*) Als literarisches Erzeugnis kann der
„Reigen“ nicht in Acht und Bann erklärt
werden; es fragt sich nur, ob diese freie Auffassung
tandhält, wenn es sich darum handelt, den Schemengestalten
durch die plastische Verkörperung auf der Bühne wirkliches
Leben einzuhauchen. Die Masse des Publikums ist nur
ür das Stoffliche empfänglich, und mag auch das
Gemeine durch die Form gebändigt sein, es bringt wenig Ver¬
ständnis mit für den idealen Kern, der sich hinter einem
Werke birgt. So wird auch bei dem „Reigen“ das nackte Sinn¬
liche, um nicht zu sagen das Pornographische die Menge in
erster Linie anziehen. Vor einigen Jahren wäre eine ##so
führung des „Reigen“ auf einer öffentlichen Bühne kaum dent##
gewesen und hat auch der Dichter an eine solche Möglichten
chwerlich gedacht. Seither ist aber der Bann gebrochen worden
und das Publikum bereits gewönnt, auch das Aergste in
sexuellen Fragen über sich ergehen zu lassen. Wedekind hat sich
mit seinen scheußlichen Perversitäten die Bühne erobert, die
Freudenhäuser biden das beliebteste Ausfl gsziel moderner
Bühnendichter und die Erotik im konkretesten physiologischen
Sinne ist das Kennzeichen moderner Dramatit geworden.
Ab und zu
wurden schon früher dieser Geschmacks¬
richtung Konzessionen gemacht, zum Beispiel in der „Hauben¬
erche“ wo auf der Bühne ein Mädchen vergewaltigt wird.
Das Publikum ist somit bereits abgestumpft und vorbereitet,
auch den „Reigen“, ohne besonders überracht zu sein, entgegen¬
zunehmen. Den Brutalitäten der verschiedenen Dramen gegen¬
über, die in den letzten Jahren über die Breiter gegangen sind,
wirkt übrigens der „Reigen“ mit seinen jedenfalls in gesunde
Sinnesfreude getauchten gedämpften Farben
wie ein sauft verklingendes Adagio.
Wird dieses Bühnenwerk zugelassen, so wird ohne Zweisel
bei einem Teile der öffentlichen Meinung ein Intrüstungs¬
turm losbrechen. Noch heftiger würden sich aber diese
-
Arbeiter-Zeitung
nur vom Publikum selbst ausgehen kann.
daß sich auch hier schon Anzeichen einer sich allmählich voll¬
ziehenden Reaktion bemerkbar machen, und daß dem gesunden
Sinn der Bevölkerung vertraut werden darf, die ja immer
wieder übersättigt durch lüsterne Darbietungen zur edlen, an
den Geist sich wendenden Kunst zurückgesunden hat. Ich möchte
da erinnern an die Entwicklung, die sich vor Dezennien auf
em Gebiet der bildenden Kunst (Malerei und Skulptur) ab¬
gespielt hat. Damals eröffneten sich die Schleußen eines
chrankenlosen Naturalismus, der in Ruditäten wahre Orgien
eierte. Das Publikum war anfangs erstaunt, verblüfft oder
auch entrüstet, bald aber gewöhnte man sich an diese Er¬
scheinungen und die Sittlichkeit hat nicht Schaden genommen:
es ist nichts inderes eingetreten, als daß der Tempel
der Kunst ein weiterer geworden ist, in dem
neben den neuen Göttern noch immer auch auf den Altären
der alten Kunst geopfert wird.
Was nun speziell einen etwa zu befürchtenden un¬
günstigen Einfluß
auf die Sittlichkeit der Besucher des Deutschen Volks¬
theaters
betrifft, so dürfte dies das geringste Bedenken sein.
Das Stammpublikum dieses Theaters gehört ja zum größten
Teil jener Gesellschaftsschicht an, in deren Milien das
ichterische Empfinden Schnitzlers dem
Wesen nach wurzelt, und auch das übrige Publikum
steht dem Leben der Großstadt keineswegs so fremd gegenüber,
daß ihm die Einzelheiten des „Reigen“ peinliche Ueberraschungen
bieten würde. Wer diese Vorstellung besucht, weiß auch, was
er zu rrwarten hat.
Ich weiß, daß mit diesem Stücke kein Trunk aus kastlischer
Quelle geboten wird, daß es die Schamhaftigkeit auf eine harte Probe
stellt, und in seiner Bühnenwirkung nur erträglich ist, weil die
verbotenen Früchte in kristallenen Schalen gereicht werden.
Man mag es auch bedauerlich finden, daß ausgerechnet in
dieser ernsten, sorgenvollen Zeit, da Ungezählte an dem
Hungertuch ntagen und die Zukunft hinter düsteren Wolken sich
verbirgt, die deutsche Bühne keinen würdigeren Gegenstand
indet, als ein altes Stück hervorzuholen und mit seiner
immerhin entnervenden Erotik die Zuschauer zu betäuben. Be¬
täubung, Flucht aus der Gegenwart scheint ja das Treiben
aller jener zu sein, für die das Leben einen einzigen Fest¬
tag bildet.
Wennich mich trotzdem gewissermaßen contrabones mores für
die Zulassung des Stückes ausspreche, so
geschieht es deshalb, weil ich diese für das kleinere
Uebel halte und ich es nicht mehr für zeitgemäß
erachte, sich mit dem alten vergriffenen Mittel des Verbotes
der öffentlichen Meinung entgegenzustellen. Für den Fall der
Zulassung des Stückes muß jedoch die bestimmte Erwartung
ausge pochen werden, daß die Theatekregie mit be¬
onderem Takte ihres Amtes walte. Namentlich jene
Szenen, die i.n Textbuch mit Gedankenstrichen ausgefüllt sind,
müssen in solchen Grenzen gehalten werden, daß dem Zu¬
chauer die Wahrnehmung des sinnlichen Vorganges erspart
bleibt. Auch muß darauf gedrungen werden, daß bei den
wiederholt vorkommenden Entkleidungen und Ankleidungen
der Anstand so viel als möglich gewahrt wird, und entblößte
Körper dem Publikum nicht sichtbar werden. Endlich wäre als
bedingung zu stellen, daß zu diesem Stücke nur Erwachsene
Zutritt haben.
Das Gutachten des Schriftstellers Glossy.
Die ausführliche Beurteilung dieser Dialoge in dem vor¬
siehendem Gutachten, womit ich mich vollkommen ein¬
verstanden erktäre
nthebt micz einer weiteren eingehen¬
den Würdigung.
Schnitzlers Dial künstlerisch gestaltet, zeigen einen
tiefen psycholr
ischen Einblick in das Ge¬
schlechtsleben, id durchaus nicht trivial und lassen
nicht verkennen, daß. ein wirklicher Dichter ver¬
faßt hat. Trotz alledem hätte ich in früherer Zeit Bedenken
getragen, für die Aufführung einzutreten, in der Erwägung,
aß das Publikum derlei Szenen trotz ihrem dichterischen
Gehalt ablehnen werde. Von der Mehrheit des gegen¬
wärtigen Theaterpubtikums ist dies nicht zu befürchten.
Von den Inteliektuellen nicht, die den
iefen Sinn dieser Dialoge erfassen werden, am wenigsten von
dem genußsüchtigen, das Prickelnde liebenden Philister,
der seit „Schloß Wetterstein“ mit derlei Vorgängen auf der
Böhne vertraut ist. Bleiben alss nur die Prüden, eine
Minorität, der selbst die mindeste Form der Erotik bedenklich
erscheinen wird.
Ganz unbedingt möchte ich aber für die Zulassung nicht
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