11.
box 17/7
Reigen
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
Zeitung
iener Tageblat
Datum:
∆ 1I
Theater, Kunst und Titeratur.
Die neue „Reigen“-Frage.
? Wie bekannt, wurde die polizeiliche Verfügung, wonach
ie „Reigen"=Vorstellungen in den Kammerspielen einzustellen
chen, im Rekurswege aufgehoben. Es wäre sonach kein
Hindernis, daß Direktor Bernau den „Reigen“ in den
Kammerspielen wieder zur Aufführung bringt. Der Autor
Dr. Artur Schnitzler hat mit Beziehung darauf an
Direktor Bernau ein Schreiben gerichtet, in dem es heißt:
„Ich werde die Wiederaufnahme der „Reigen"=
Vorstellungen an den Kammerspielen oder an irgendeiner
andern Wiener Bühne nur dann gestatten, wenn die hier in
Betracht kommenden Behörden, die selbstverständlich nach
reiflicher Ueberlegung das Verbot erlassen und es nun selbst¬
verständlich nach ebenso reiflicher Ueberlegung aufgehoben
haben, sich geneigt erklären, die Darsteller und das
Publikum sowohl vor Ausbrüchen mehr oder minder echter
sirtlicher Entrüstung als auch vor angezettelten Pöbeleien zu
schützen und wenn diese Behörden überzeugt sind, solche
Schutzmaßnahmen, wie es in andern zivilisierten Städten ge¬
lungen ist, mit Sicherheit praktisch durchführen zu können
Ehe nach dieser Richtung hin die mir nur im Interesse der Dar¬
steller und des Publikums notwendig erscheinenden Garantien
nicht vorliegen, erhebe ich in aller Form Protest gegen jeden
Versuch einer Wiederaufnahme meiner Szenenreihe „Reigen“
in den Spielplan der Kammerspiele, was ich Sie, verehrtester
Herr Direktor, freundlichst zur Kenntnis zu nehmen bitte. Mit
herzlichem Gruße Ihr aufrichtig ergebener Dr. Schnitzler.
Der Standpunkt des Direktors Bernau.
Direktor Bernau ist gerade gestern aus Mi#lchen nach
Wien zurückgekehrt, da seine Absicht, weiterzureisen, durch den
deutschen Eisenbahnerstreik verhindert wurde. Er erklärt, sich
darüber, ob er den „Reigen“ in nächster Zeit wieder in den
Spielplan aufnehmen wolle, gegenwärtig noch nicht äußern
zu können, ist aber überzeugt, daß die Behörde, die seinem
Rekurs gegen die Einstellung stattgegeben hat, Publikum und
Schauspieler bei allfälliger Wiederaufnahme der „Reigen"=
Vorstellungen vor Angriffen irgendwelcher Art schützen werde.
sich
er
im
ter
#rt
hr
le
9
12
1
1
9
%
Artur Schnitzler über eine eveninelle Wieder¬
aufnahme der „Reigen“-Aufführungen.
Artur Schnitzler hat an Direktor Bernau das nach¬
folgende Schreiben gerichtet:
„Verehrter Herr Direktor! Zu meiner Verwunderung
lefe ich in der Zeitung eine Notiz des Inhalts, daß ich nach
anfänglicher Weigerung meine Einwilligung zur Wieder¬
aufführung des „Reigen erteilt hätte. Diese Auffassung beruht
auf einem schwer erklärlichen Mißverständnis, das kaum in der
Direktionskanzkei seinen Ursprung genommen haben dürfte, wo
man ja über meinen Standpunkt hinreichend informiert war
und ist. Erlauben Sis mir aber in jedem Fall, diesen meinen
Standpunkt noch einmal mit aller Klarheit zum Ausdruck zu
bringen
Ich werde die Wiederaufnahme der „Reigen“=Vorstellungen
an den Kammerspielen — oder an irgendeiner anderen Wiener
Bühne — nur dann gestatten, wenn die hier in
Betracht kommenden Behörden, die selbstverständlich nach
reiflicher Ueberlegung das Verbot erlassen und es nun, selbst¬
verständlich nach ebenso reiflicher Ueberlegung, aufgehoben haben,
sich geneigt erklären, die Darsteller und das Publi¬
kum sowohl vor Ausbrüchen mehr oder minder echter sitt¬
licher Entrüstung als auch vor angezettelten Pöbeleien
zu
schützen — und wenn diese Behörden überzeugt sind, solche
Schutzmaßnahmen, wie es in anderen zivilisierten Städten ge¬
ungen ist, mit Sicherheit praktisch durchführen zu können
Ehe nach dieser Richtung hin die mir im Interesse der Dar¬
steller und des Publikums notwendig erscheinenden Garantien
nicht vorliegen, erhebe ich in aller Form Protest
gegen jeden Versuch einer Wiederaufnahme
meiner Szenenreihe „Reigen“ in den Spielplan der Kammer¬
spiele, was ich Sie, verehrtester Herr Direktor, freundlichst zur
Kenntnis zu nehmen bitte. Mit herzlichem Gruße Ihr auf¬
richtig ergebener Dr. Schnitzler.“
box 17/7
Reigen
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 21
Zeitung
iener Tageblat
Datum:
∆ 1I
Theater, Kunst und Titeratur.
Die neue „Reigen“-Frage.
? Wie bekannt, wurde die polizeiliche Verfügung, wonach
ie „Reigen"=Vorstellungen in den Kammerspielen einzustellen
chen, im Rekurswege aufgehoben. Es wäre sonach kein
Hindernis, daß Direktor Bernau den „Reigen“ in den
Kammerspielen wieder zur Aufführung bringt. Der Autor
Dr. Artur Schnitzler hat mit Beziehung darauf an
Direktor Bernau ein Schreiben gerichtet, in dem es heißt:
„Ich werde die Wiederaufnahme der „Reigen"=
Vorstellungen an den Kammerspielen oder an irgendeiner
andern Wiener Bühne nur dann gestatten, wenn die hier in
Betracht kommenden Behörden, die selbstverständlich nach
reiflicher Ueberlegung das Verbot erlassen und es nun selbst¬
verständlich nach ebenso reiflicher Ueberlegung aufgehoben
haben, sich geneigt erklären, die Darsteller und das
Publikum sowohl vor Ausbrüchen mehr oder minder echter
sirtlicher Entrüstung als auch vor angezettelten Pöbeleien zu
schützen und wenn diese Behörden überzeugt sind, solche
Schutzmaßnahmen, wie es in andern zivilisierten Städten ge¬
lungen ist, mit Sicherheit praktisch durchführen zu können
Ehe nach dieser Richtung hin die mir nur im Interesse der Dar¬
steller und des Publikums notwendig erscheinenden Garantien
nicht vorliegen, erhebe ich in aller Form Protest gegen jeden
Versuch einer Wiederaufnahme meiner Szenenreihe „Reigen“
in den Spielplan der Kammerspiele, was ich Sie, verehrtester
Herr Direktor, freundlichst zur Kenntnis zu nehmen bitte. Mit
herzlichem Gruße Ihr aufrichtig ergebener Dr. Schnitzler.
Der Standpunkt des Direktors Bernau.
Direktor Bernau ist gerade gestern aus Mi#lchen nach
Wien zurückgekehrt, da seine Absicht, weiterzureisen, durch den
deutschen Eisenbahnerstreik verhindert wurde. Er erklärt, sich
darüber, ob er den „Reigen“ in nächster Zeit wieder in den
Spielplan aufnehmen wolle, gegenwärtig noch nicht äußern
zu können, ist aber überzeugt, daß die Behörde, die seinem
Rekurs gegen die Einstellung stattgegeben hat, Publikum und
Schauspieler bei allfälliger Wiederaufnahme der „Reigen"=
Vorstellungen vor Angriffen irgendwelcher Art schützen werde.
sich
er
im
ter
#rt
hr
le
9
12
1
1
9
%
Artur Schnitzler über eine eveninelle Wieder¬
aufnahme der „Reigen“-Aufführungen.
Artur Schnitzler hat an Direktor Bernau das nach¬
folgende Schreiben gerichtet:
„Verehrter Herr Direktor! Zu meiner Verwunderung
lefe ich in der Zeitung eine Notiz des Inhalts, daß ich nach
anfänglicher Weigerung meine Einwilligung zur Wieder¬
aufführung des „Reigen erteilt hätte. Diese Auffassung beruht
auf einem schwer erklärlichen Mißverständnis, das kaum in der
Direktionskanzkei seinen Ursprung genommen haben dürfte, wo
man ja über meinen Standpunkt hinreichend informiert war
und ist. Erlauben Sis mir aber in jedem Fall, diesen meinen
Standpunkt noch einmal mit aller Klarheit zum Ausdruck zu
bringen
Ich werde die Wiederaufnahme der „Reigen“=Vorstellungen
an den Kammerspielen — oder an irgendeiner anderen Wiener
Bühne — nur dann gestatten, wenn die hier in
Betracht kommenden Behörden, die selbstverständlich nach
reiflicher Ueberlegung das Verbot erlassen und es nun, selbst¬
verständlich nach ebenso reiflicher Ueberlegung, aufgehoben haben,
sich geneigt erklären, die Darsteller und das Publi¬
kum sowohl vor Ausbrüchen mehr oder minder echter sitt¬
licher Entrüstung als auch vor angezettelten Pöbeleien
zu
schützen — und wenn diese Behörden überzeugt sind, solche
Schutzmaßnahmen, wie es in anderen zivilisierten Städten ge¬
ungen ist, mit Sicherheit praktisch durchführen zu können
Ehe nach dieser Richtung hin die mir im Interesse der Dar¬
steller und des Publikums notwendig erscheinenden Garantien
nicht vorliegen, erhebe ich in aller Form Protest
gegen jeden Versuch einer Wiederaufnahme
meiner Szenenreihe „Reigen“ in den Spielplan der Kammer¬
spiele, was ich Sie, verehrtester Herr Direktor, freundlichst zur
Kenntnis zu nehmen bitte. Mit herzlichem Gruße Ihr auf¬
richtig ergebener Dr. Schnitzler.“