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11. Reigen
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K1
Reihe nur zu viel sagender Gedankenstriche;
Theater.
diese aber sind nicht das Ziel der Schilderung,
sondern sie stellen jedesmal nur die Peripetie
Das Kleine Schauspielhaus hat den Ber¬
n der Charakteristik dar.
finern ein besonderes Weihnachtsgeschenk zu¬
Die Aufführung ersetzt die Gedankenstriche
gedacht: Es wandelt seine Bühne endgültig
durch den schnell herab= und wieder herauf¬
ins Residenztheater um. Natürlich in ein
gehenden Vorhang; sie sucht dadurch wie durch
„literarisches Residenztheater“, denn
zurückhaltende Darstellung das „Literarische“
man weiß, was man sich im Augenblick schul¬
zu retten. Aber wenn tausendmal auch der
dig ist in der Nähe des Kurfürstendamms.
literarisch gebildete Mensch das Literarische,
Noblesse oblige! Wie lange? — Nun sicher¬
die Form im Sprachlichen wie im Ablauf der
lich solange, als der Kassenrapport nicht den
—
Szenen mit Interesse beobachtet,
Abstieg in deutlichere Sphären nötig macht.
Durchschnittstheaterbesucher wird immer in
Also man gibt Schnitzlers „Reigen“ und
Gefahr sein, nur die Vorgänge zu sehen.
das Kultusministerium vermittelt durch die
Und er wird sich genau so wie in den so¬
Direktion der Hochschule für Musik vor der
genannten modernen „Operetten“ und „Lust¬
Aufführung die Reklame, die dem stets im
pielen“ — die seit Jahren gang und gäbe
Geschäftlichen gefährdeten Hause ein wenig
sind — von dieser Gefahr überraschen und
auf die Strümpfe helfen wird: es läßt die
mitreißen lassen. Geschieht das auch nicht
Vorstellung in dem ihm gehörenden Theater
leich im ersten Augenbüick, so dient der
zunächst durch Gerichtseingriff verbieten, um
„Genuß“ solcher Stücke und Szenen auf die
sie dann nach einer Meldung von heute Vor¬
Dauer zweifellos nicht zur inneren Stärkung
mittag schließlich doch zu gestatten.
des in der Großstadt gerade genügend zur
Von diesem Reigen der Ungeschicklichkeit,
nneren Laschheit und Laxheit neigenden
der ja leider zeitgemäß ist, wollen wir indes
Volkes.
nicht reden. Hat doch die Direktion Eysoldt¬
Sladek, durch die Ereignisse gründlich ge¬
Darum sollte jeder, der sich für die innere
witzigt, die nach einem Gerichtsurteil lasziv
Kkräftigung des Volkes einsetzt, — ohne Scheu¬
genannten Schnitzlerschen Szenen zum Behuf
klappen und ohne Skurpelhaftigkeit aber auch
der Vorführung vor dem Publikum (doch
ohne Angst einsetzt! — gegen die Aufführung
wohl nicht nur für die Erstaufführung) mit
von Werken solcher Art Front machen, wenn
soviel Scheuklappen versehen, daß sie einen
egliches Publikum dazu Eintritt
Teil ihres Parfums verlieren und nicht ärger
findet, das es bezahlen kann,
wirken, als was etwa im ehemaligen Residenz¬
inerlei ob es achtzehn und weniger oder
theater in der Friedrichstadt und leider auch
ünfzig alt ist. Am stärksten aber sollten
jetzt in den Vergnügungsstätten des „Westens“
Theaterdirektoren mit Verant¬
gar häufig geboten wird.
wortungsgefühl gegen die Prak¬
Spiegel der „Zeitkultur“ nach Wiener Ge¬
tiken der „Amüsiertheater“ gröbe¬
schmack, laulich süßlich empfunden, impressio¬
ren und feineren Genres in ihren Kreisen
nistisch nach dem Grundsatz des l’art pout
Propaganda machen und von sich aus einen
'art vor gut zwanzig Jahren geformt, ohne
Wallerrichten gegen das Hinabzerren
Verantwortungsgefühl außer dem „Literari¬
der deutschen Bühnen in den Strudel des
schen“ ohne ein Hochspringen der gesunden
rein durch das Geschäft bestimmten, schieber¬
satirischen Ader und vor allem ohne ein Auf¬
ähnlichen Gewerbebetriebs. Gerade in Berlin
quellen des Ekels vor dieser hemmungslosen
würden sich solche ernstgerichtete Direktoren
Feld= Wald= und Wiesen=Trübhaftigkeit sind
ein großes Verdienst erwerben können, das
diese Szenchen. Ihr Höhepunkt jedesmal eine
zwar nicht im Augenblick in Kassenrapporten
ich bemerkbar macht, das aber auf die Dauer
auch den weniger ernsthaft geleiteten Bühnen
zugute kommen würde. Mit den Direktoren
aber sollten die Darsteller Hand in Hand
gehen. Wo sind in diesen für den kleinen
Schauspieler am ernsten Theater besonders
schweren Zeiten die großen Schauspieler, die
dem minderwertigen Amüfiertheater und auch
dem Geschäftstheater mit dem literarischen
Mäntelchen ihre Hilfe versagen? Wo bleibt
der Idealismus und Opfermut?
„Des Menschen Würde ist in Eure Hand
gegeben, bewahret sie!“ ... Die zukünftige
Würde des Darstellers als Mensch und als
Blied seines Volkes hängt zum großen Teil¬
davon ab was die führenden Köpfe tun¬
Wird endlich einmal einer von ihnen ein
tarkes, echobildendes Wort gegen die Aus¬
nützung des Künstlers zu geschäftlichen Zwecken
Dr. E. Thyssen.
tun?
11. Reigen
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K1
Reihe nur zu viel sagender Gedankenstriche;
Theater.
diese aber sind nicht das Ziel der Schilderung,
sondern sie stellen jedesmal nur die Peripetie
Das Kleine Schauspielhaus hat den Ber¬
n der Charakteristik dar.
finern ein besonderes Weihnachtsgeschenk zu¬
Die Aufführung ersetzt die Gedankenstriche
gedacht: Es wandelt seine Bühne endgültig
durch den schnell herab= und wieder herauf¬
ins Residenztheater um. Natürlich in ein
gehenden Vorhang; sie sucht dadurch wie durch
„literarisches Residenztheater“, denn
zurückhaltende Darstellung das „Literarische“
man weiß, was man sich im Augenblick schul¬
zu retten. Aber wenn tausendmal auch der
dig ist in der Nähe des Kurfürstendamms.
literarisch gebildete Mensch das Literarische,
Noblesse oblige! Wie lange? — Nun sicher¬
die Form im Sprachlichen wie im Ablauf der
lich solange, als der Kassenrapport nicht den
—
Szenen mit Interesse beobachtet,
Abstieg in deutlichere Sphären nötig macht.
Durchschnittstheaterbesucher wird immer in
Also man gibt Schnitzlers „Reigen“ und
Gefahr sein, nur die Vorgänge zu sehen.
das Kultusministerium vermittelt durch die
Und er wird sich genau so wie in den so¬
Direktion der Hochschule für Musik vor der
genannten modernen „Operetten“ und „Lust¬
Aufführung die Reklame, die dem stets im
pielen“ — die seit Jahren gang und gäbe
Geschäftlichen gefährdeten Hause ein wenig
sind — von dieser Gefahr überraschen und
auf die Strümpfe helfen wird: es läßt die
mitreißen lassen. Geschieht das auch nicht
Vorstellung in dem ihm gehörenden Theater
leich im ersten Augenbüick, so dient der
zunächst durch Gerichtseingriff verbieten, um
„Genuß“ solcher Stücke und Szenen auf die
sie dann nach einer Meldung von heute Vor¬
Dauer zweifellos nicht zur inneren Stärkung
mittag schließlich doch zu gestatten.
des in der Großstadt gerade genügend zur
Von diesem Reigen der Ungeschicklichkeit,
nneren Laschheit und Laxheit neigenden
der ja leider zeitgemäß ist, wollen wir indes
Volkes.
nicht reden. Hat doch die Direktion Eysoldt¬
Sladek, durch die Ereignisse gründlich ge¬
Darum sollte jeder, der sich für die innere
witzigt, die nach einem Gerichtsurteil lasziv
Kkräftigung des Volkes einsetzt, — ohne Scheu¬
genannten Schnitzlerschen Szenen zum Behuf
klappen und ohne Skurpelhaftigkeit aber auch
der Vorführung vor dem Publikum (doch
ohne Angst einsetzt! — gegen die Aufführung
wohl nicht nur für die Erstaufführung) mit
von Werken solcher Art Front machen, wenn
soviel Scheuklappen versehen, daß sie einen
egliches Publikum dazu Eintritt
Teil ihres Parfums verlieren und nicht ärger
findet, das es bezahlen kann,
wirken, als was etwa im ehemaligen Residenz¬
inerlei ob es achtzehn und weniger oder
theater in der Friedrichstadt und leider auch
ünfzig alt ist. Am stärksten aber sollten
jetzt in den Vergnügungsstätten des „Westens“
Theaterdirektoren mit Verant¬
gar häufig geboten wird.
wortungsgefühl gegen die Prak¬
Spiegel der „Zeitkultur“ nach Wiener Ge¬
tiken der „Amüsiertheater“ gröbe¬
schmack, laulich süßlich empfunden, impressio¬
ren und feineren Genres in ihren Kreisen
nistisch nach dem Grundsatz des l’art pout
Propaganda machen und von sich aus einen
'art vor gut zwanzig Jahren geformt, ohne
Wallerrichten gegen das Hinabzerren
Verantwortungsgefühl außer dem „Literari¬
der deutschen Bühnen in den Strudel des
schen“ ohne ein Hochspringen der gesunden
rein durch das Geschäft bestimmten, schieber¬
satirischen Ader und vor allem ohne ein Auf¬
ähnlichen Gewerbebetriebs. Gerade in Berlin
quellen des Ekels vor dieser hemmungslosen
würden sich solche ernstgerichtete Direktoren
Feld= Wald= und Wiesen=Trübhaftigkeit sind
ein großes Verdienst erwerben können, das
diese Szenchen. Ihr Höhepunkt jedesmal eine
zwar nicht im Augenblick in Kassenrapporten
ich bemerkbar macht, das aber auf die Dauer
auch den weniger ernsthaft geleiteten Bühnen
zugute kommen würde. Mit den Direktoren
aber sollten die Darsteller Hand in Hand
gehen. Wo sind in diesen für den kleinen
Schauspieler am ernsten Theater besonders
schweren Zeiten die großen Schauspieler, die
dem minderwertigen Amüfiertheater und auch
dem Geschäftstheater mit dem literarischen
Mäntelchen ihre Hilfe versagen? Wo bleibt
der Idealismus und Opfermut?
„Des Menschen Würde ist in Eure Hand
gegeben, bewahret sie!“ ... Die zukünftige
Würde des Darstellers als Mensch und als
Blied seines Volkes hängt zum großen Teil¬
davon ab was die führenden Köpfe tun¬
Wird endlich einmal einer von ihnen ein
tarkes, echobildendes Wort gegen die Aus¬
nützung des Künstlers zu geschäftlichen Zwecken
Dr. E. Thyssen.
tun?