II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 715

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11. Bigen
Nochmals Schüitzlers „Neigen“
Man wird mir nicht zumuten, gegenüber dem Berliner Land¬
gericht III und einigen Leuten des preußischen „Kuliusminiskeriums“
den Dichter Arkhur Schnitzler gegen den Vorwurf der sogenannten Un¬
züchtigkeit in Schuß zu nehmen. Die Frage ist vielmehr (sofern sie in
Wahrheit nicht überhaupt lediglich eine geschäftspolttische isth so gestellt,
ob der „Reigen“, dessen Bühnendarstellung bislang in Berlin und
anderswo nicht möglich war, aufgeführt, unzüchtig“ wirken kann.
Arthur Schnißler, den wir um seiner lieben, leisen Hände willen
seit jeher lieben, hat vor mehr als zwanzig Jahren diese „zehn Dialoge
geschrieben, deren jeder zwischen Frau und Mann geführt wird, und
zwar so, daß eine Kelte der Personen sich bildet (die Birne und der
Soldat — der Soldat und das Stubenmädchen — das Stubenmädchen
und so fork, bei der Diene wiederum andi¬
und der junge Herr — —
gend). In jeden Dialog aber fällt als Zensur das Begebnis ohne Worte,
das im Buch daher durch Gedankenstriche sombolisierk wird. Der
„Reigen' ist reich an Köstlichkeiten, jeder Pas beziehungsvoll noch den
früheren oder schon einen folgenden spüren lassend, leicht und unker¬
irdisch, in jenen inneren Beziehungen und Dichtermenschlichkeiten
Die Aufführung des Berliner Kleinen Schauspielhauses,
notwendig ohne Fütierungspause, hatte viel behuksame Anmut.
Vor
allem erzwang Ernst Sterns süßer, unaufdringlich spiekerischer De¬
korationsrahmen die Stimmung. Mimisch wurde einiges verdickt (wie
mir schien, auch die Darstellung des „süßen Mädels'); doch zeigken
Bera Skidelsky, Karl Etlinger (der leichtfingrige Bearbeiker
des „Perikles von Tyrus'),
Robert Forstec=Lerrinago
Kurt Göß angenehmes Einfühlungsvermögen.
Es besteht nun kaum ein Zweifel, daß das Kulkusmnisterium von
dem Vorwurfe nicht freigesprochen werden kann, zu der Verbreltung der
vorliegenden „Unzüchligkeit' wesentlich beigekragen zu haben.
Erwin, Reiche.
Münchener Uraufführung. Vor Jahr und Tag übernahm der
Uniontheater in der Barerstraße, um aus dieser Schwankbühne ein
Musenkempelchen werden zu lassen. Man spielte Goethe, Shakespeare
und die Modernen.... Das ist die Tragik des Idealisten im heutigen
Theaterbetriebe: Die schönen Pläne Gustav Freytags des Jüngeren
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Leipriger Tuchlatt,
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Lehi
eine 250.000 K.=Spende Weingariners für
die Philharmoniker.
Wie wir hören, hat Frau Lucile Wein¬
artner=Marcell im Auftrage ihres von Wien
lbwesenden Gatten Direktors Felix Weingariner den
Philharmonikern einen Betrag von zwei¬
hundertfünfzigtausend Kronen
übergeben.

Das, Verbol des „Reigen“ zurückgezogen.
Berlin, 24. Dezember. (Privat=Depessche.)
Der gerichtliche Einspruch=gegen die Auf¬
führung von Schnitzlers „Reigen“ ist, wie das
„Berliner Tageblatt““ höft, zurückgezogen
worden. Die Direktion darf das Werk also weiter
aufführen, ohne von der Gefängnishaft bedroht
zu sein.
Es wird jetzt bekannt, daß der Kultusminister
Haenisch, der bis gestern verreist war, mit dem
Vorfall nichts zu tun hat. Scheinbar liegt ein Ueber¬
griff subalterner Elemenis vor.
Doppelt erschwerend spricht der Umstand, daß die in
Frage stehenden Beamten des Kuliusministeriums zur
850
Generalprobe eingeladen worden waren, sich aber fern
gehalten hatten.
Erst jetzt nach der Première begründen sie die
Zmückziehung des Einspruches damit, daß die Auf¬
führung die vorher gehegten Befürchtungen ent¬
kräftet habe.
Bureau für Zeitur
nitte
Berlin HO. 43, George Kirchplatz 21
Zeitung: Berlin.
MWeG
Ort:
Datum:
+Der Einspruch gegen den „Reigen“ ist.
kei#tswegs zurückgezogen worden.— Bietmehr wird
diesauf Veranlassung des Kultusministeriums vom
Prässdium der Hochschule erhobene Einspruchsklage
ihren Fortgang nehmen.