II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 753

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11.
Reigen
—.—

Aufhebung
des
„Reigen"=Verbots.
Di
Urteilsverkündigu
zeigen“=Prozeß ist nu
heuter Leppittag
Landgericht III hat den
Einspruch' des

Schauspielhause
gegen die einstweil
unter Haftandrohung di
„Reigen“=Aufführung berbietende Verfügung stattge
geben und diese Verfügung selbst aufge
hoben. Damit hat die Zivilkammer sich der vor
der Kritik übereinstimmend bekundeten Meinung an
geschlossen, daß die vornehme Art der Darstellung
des Schnitzler=Aarks die bei der Lektüre sich er
gebenden Wirkunscabschwäche.
Das Kultusministe#r bzw. die Hochschule
für
Musik haben sich eine r# überflüssige Abfuhr
ge
holt. Es ist nicht ststpathi##daß der Anlaß
einem Institut ausging, an den#i Künstler
Schreker die Oberleitung ##runenseits
des
Streits, ob „Reigen“ für eine öffentliche Aufführung
taugt oder nicht taugt, hat die öffentliche Mora
erheblich in einem besonderen Punkt gewonnen: Wie
man weiß, hat bei dem Prozeß der Wunsch der
Hochschule, den Theatersaal für ihre Zwecke wieder,
reizubekommen, einen gewissen Einfluß ausgeübt.“
*! Es resultiert daraus die ethische Forderung, fur die
h
auch wir mit allem Nachdruck eintraten, daß unter¬
schiedliche Motive nicht miteinander verquickt werden
nisollen.
Das-Urteil im
egeben.
DenRei
Uhr vorftitteg ver¬
„Reigen##
haf dem Ein¬
IiBertigen
spruch der Direk
durch die unter
gegen die einsch##e Verut
gleichzeitiger Androhung einer Häftstrafe von sechs
Wochen die Aufführung der Schnitzlerschen zehn Dialoge
am 23. Dezember untersagt worden war, sstattgegeben
und die Verfügung aufgehoben.
zu berichen.
Der „Neigen“ fleigegeben.
Das Urtei ## cien“ Proßz aß ist
heute um 10 Uhr vormittags ####rden.
Das Landgericht III hat dim Einspruch
der Direktion des Kleinen Schauspielhauses gegen
die einstwällige Verfügung, durch die
unter gleiche Androhung einer Haftstrafe
von sechs Woch die Aufführung der Schnitzler¬
schen zehn Dialdge m 23. Dezember untersagt
worden war, stattg##en und die Verfügung
aufgehoben.
-6.
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Diese Entscheidung ist, Die man weiß, von
der gleichen Kammer getroffergworden, die am
23. Dezember die einstweilige Verfägung erlassen
hatte, allerdings lediglich auf Grundes Schnitz¬
lerschen Buches. Die Wandlung in deMMeinung
der Kammer ist durch die Aufführung 7 Klei¬
nen Schauspielhaus hervorgerufen wordet In
dem Termin am 3. Januar hatte die Kammer
den Beschluß gefaßt, daß, wie vorher der Vor¬
sitzende Geheimrat Bock, auch die Beisitzer einer
Vorstellung des Reigen beiwohnen sollten. Das
ist am Dienstag geschehen. Die Kammer ist zu
der Auffassung gelangt, daß der Reigen“ in der
dezenten Art und bei dem künstlerischen Niveau
der Aufführung im Kleinen Schauspielhaus
nicht geeignet sei, das sittliche Empfinden zu
verletzen.
Kein Verkauf des Metropoltheaters. Die Nachvicht, daß
der Castiglioni=Konzern auch das Berliner Metropoltheater
an¬
kaufen wolle, bestätigt sich nicht. Ueber den Geschäftsgang dieser
Bühne teilt uns ihr Direktor Friedmann =Frederich
mit,
daß der Fehlbetrag des letzten Jahres auf den Kapp=Putsch und
seine Nachwirkungen zurückzuführen sei.
Das Verbot des „Reigen“ aufgehoben. Der Einspruch der
Direktion des Kleinen Schauspielauses gegen die einst¬
weilige Verfügung vom 23. Dezember, durch die — unter An¬
drohung einer Haftstrafe von sechs Wochen — die Aufführung von
Schnitzlers „Reigen“ untersagt wurde, hat Erfolg gehabt:
bi Verfugzung ist aufgehoben worden. Diese Entscheidung ist
heute von dem Vorsitzenden der gleichen Kammer des Landge¬
richts III bekanntgegeben worden, die am 23. Dezember die einst¬
weilige Verfügung erlassen hat. Die Verschiedenheit der Urteile
erklärt sich aus der Verschiedenheit ihrer Grundlagen. Die einst¬
weilige Verfügung war getroffen worden auf Grund der Lest##¬
des Buches, die Aufhebung der Verfügung auf Grund eines
„Lokalaugenscheines“ im Kleinen Schauspielhaus.
Vor¬
sitzender und Beisitzender der Kammer hatten einer Verstellung des
„Reigen“ Velgemamm.
S
d untenscheide
zwischen Buch und Aufführung.
— hatte beim Losen der Schliße
lerschen zehn Dialoge den Eindruck, daß ihre Darstellung auf der

Bühne das sittliche Empfinden verletzen müßte, im Theater ge¬
wannen die Richter die Ueberzeugung, daß die Aufführung dezent

sei, auf hohem künstlerischen Niveau stehe und das
sittliche
Empfinden nicht verletzen könnte. Der „Reigen“ darf also un¬
angefochten weiter gespielt werden, unangefochten wird wohl auch
jetzt der Mietvertrag zwischen der Hochschule für Musik und dem
Kleinen Schauspielhause bleiben, der die eigentliche Veranlassung

zu der Aktion des Kultusministeriums gegen den „Reigen“ ge
wesen ist.
Zu der heutigen Erklärung Maximilian Hardens ist noch
zu bemerken, daß die von Harden angefochtene Mitteilung der
„Vossischen Zeitung“ aus dem Kultusministerium stammt und
daß uns sein an die Hochschule gerichtetes Schreiben nicht vor¬
gelegen hat. Es scheint demnach, daß man im Ministerium die
von Harden gewollte Ironie seines Gutachtens verkannt und es
in Verkennung dieser Tendenz dem (klägerischen) Antrag bei¬
gegeben hat.

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Der Reigen der „Reigen“=Gutachter. Herr Maximilian
Hardonschreibte uns: Alte Abonnement Ihrer Zeitung sehe ich
oeben (unterweßs), sdaß der Inhalt eines Briefes, den die Staat¬
liche Hochschule für Müsik von mir erbat, Ihnen (und von Ihnen)
durchaus unrichtig angégeben ist. In diesem langen Briefe, dessen
Lektüre ich Ihnen nicht zumute, der nun aber von mir veröffent¬
licht werden muß, din ich leidenschaftlich für das Recht auf die
□ Freude an Sinnlichkeit eingetreten und habe, ironisch, geschlossen:
„Das wirksamste Mittel, diese Freude zu morden, wäre die Grün
dung einer Staatlichen Hochschule für den technischen Betrieb der
Sinnlichkeit“. Deren Probierbühne mag dann mit „Reigen eröffnet
werden.“ Ich nannte Sinnlichkeit „das die breiteste Glücksfülle aus¬
strahlende Kronkleinod des Menschen“; und mit irgendwelcher
Muckerei, Prüderie hat mein Urteil nichts, gar nichts gemein.
Hugo v. Hofmannsthal ist in Berlin eingetroffen, um der
wiederholt angekündigten Erstaufführung seiner beiden Bühnen¬
dichtungen in den Kammerspielen beizuwohnen.
— „Der Reigen“ frei! Das Landgericht III hat heute die
ZaKehnentSMau¬

Verfügung, worich der Direktn
pielhauses dfführung der Schufßletschen Fläldse Vr¬
ETN
boten werden solltehg#gehoben. Das war ticht anders zu
erwarten und zu wünschese Hultusminister Haenisch ist erfreulicher¬
weise von den Herren seines Ministeriums, welche die Aufführung
des Werkes mit der Frage des ##rechts im Kleinen Schauspiel¬
haus verbandelten und auf dem Umwegsüber ein „Verbot aus sitt¬
180
lichen Gründen“ vorzeitig in die Räume e###ingen wollten, deutlich
genug abgerückt. Er wird auch ohne Androh###einer sechswöchigen
Haftstrafe wohl zu verhindern wissen, daß ie Beamten einer
republikanischen Behörde sich der peinlichen Fol##zeuge ver¬
gangener Zeiten von neuem bedienen.