II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 767

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nehmen und wie die Familienchronik zu künden weiß:
E. L. S.
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* (Der „Reigen“=Konflikt.) Der Reigenkonflikt ist mit
der Aufhebung derenstweiligen Verfügung gegen die Direk¬
tion Eysoldt=Sladek wahrscheinlich noch nicht erledigt.
Denn wie aus einer Erörterung des Falls in der Pressekon¬
ferenz hervorging, übernimmt das Kultusministerium in der
Person des Ministers Haenisch die staatsrechtliche Ver¬
antwortung für den „Reigen“=Feldzug. Obwohl Herr Hae¬
nisch gegen jede Zensur ist, hat er die Larsei der Kräfte im
Ministerium ergriffen, die versucht ha# den Vertrag mit
Frau Eysoldt in die für die Zwecke der Hochschule geeigneten
Bahnen zu lenken. Sie hat nämlich das Kleine Schauspiel¬
haus zu einem sehr billigt# Preis gemietet, und hatte sich,
vie man weiß, dafüchberpflichtet, das Repertoire in einer
Art lebendiger G#schaft mit der Hochschule zu ge¬
stalten
imInteresse der Hörer, denen der
Zutritt ermäßigte Gebühr zustehen sollte.
Der
„Reige wird vom Kultusministerium nur als das
letzte Glied in einer Kette von Aversionen betrachtet,
als das Tröpfchen, das das Faß zum Ueberlaufen
brachte. Und hinzukommen noch mancherlei „schreckliche“
Dinge, die der Referent im Kultusministerium in einer
Sitzung der Volksbühnen=Vereinigung gehirt hatte, als die
Rede auch auf „Reigen“ kam. Da wurde mitgeteilt, daß
Mitgliedern von Kaußlers Volksbühne verweigert worden
wäre, im Kleinen Schauspielhaus in dem verpönten Stück
mitwirken zu dürfen: man wußte von einer bemerkans¬
werten Aeußerung Alexander Moissis zu erzählen, die je##er
Darstellerin des „Reigen“ angeblich Verachtung ausdrückte,
und man kalportierte als Gegenstück einen angeblichen Aus¬
spruch Sladeks, er habe ein so schlechtes Sommergeschäft
gemacht, daß er setzt ein „starkes Stück“ brauche
— Uebri¬
gens hat man mit Rücksicht auf die Empfindlichkeit der
Hochschule dieses „starke Stück“ sehr abgeschwächt, und z. B.
gewisse Szenen, deren Schauplatz ein Bett ist, außerhalb
dieses Möbelstückes verlegt, auch an die Stelle der immerhin
für manche Empfindungen kränkenden Nachthemden volle
Bekleidung gesetzt usw. Die Inszenierung soll, nebenbei
bewerkt, nach dem angefangenen Regiebuch Max Rein¬
hardts erfolgt sein, der wohl noch irgendwie in losen
Beziehungen zu dem Kleinen Schauspielhaus steht.
* (Die Schule des Journalismus.) Die Londoner Jour¬
nalistenschule hat nach achtmonatigem Bestehen zu Weihnach¬
en ihr erstes Gründungsfest gefeiert. Dabei wurde eine Rede
Northcliffes verlesen, in der er ausführt, daß Jour¬
nalismus nicht erlernt werden könne, daß aber das Lehr¬
personal dieses Londoner Instituts glücklich genug zusammen¬
gesetzt sei, um immerhin Gewähr für die wertvolle Unter¬
weisung seiner Schüler in den technischen Fragen ihres Be¬
rufs zu gewährleisten. Er selbst, Northeliffe, habe seine frühere
Meinung lange aufgegeben, daß ein Verleger ein selbstgefälli¬
ger und blutdürstiger Unmensch sein müsse, dessen größter
Genuß im Zurückschicken abgelagerter Manuskripte bestehe:
mehr als je seien vielmehr die Verleger auf der Suche nach
ugendfrischen Talenten, und glücklich, solche zu finden. Die
Schule solle Abhilfe gegen drei besondere Mißstände schaffen,
die fast allen Einsendungen eigen sei: Stilmangel, Länge
und mangelndes Verständnis für die Richtung des jeweiligen
Blattes. Der Leiter der Schule ist Max Pemberton,
der erfolgreiche Autor zahlreicher phantastischer Romane; er¬
stellte fest, daß die Schule über fünfhundert Schüler, darunter
zweihundert weibliche, habe. Neben vielen jungen
Lernbeflissenen des Zeitungswesens seien fünf Abgeordnete
seine Schüler. Diese allerdings vorwiegend mit dem Hinter¬
gedanken, hinterher den maßgebenden Zeitungen Bosheiten
in geeigneter Form ins Gesicht schleudern zu können. Der
hoffnungsloseste Fall sei ein Gelehrter gewesen, der ihm
ils Prüfungsarbeit einen Aufsatz über „Die Diät der Wür¬
ner“ vorgelegt habe.