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box 18/1
Reigen
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin IO. 45, Georgenkirchplatz 211
Ba#ii#
Zeitung: F
( S
Ort: —
Datum:
—4-41
Der sittliche Reigen.
In Harzg# Waldaus Kabarett „Die
Spinne“ spielt man u. a. den „Reigen“
Schnitzlers, umgedichtet vom Conférencier Richard
Rillo. Aks dem unsittlichen Reigen ist ein
sittlicher geworden, den auch der so überaus
populär gewordene Professor ohne Schamerröten
anhören könnte. Die Gedankenstriche und der omi¬
nöse Rhythmus fallen weg, und statt dessen geschieht
nichts, absolut gar nichts. Alle Pärchen sehen,
wenn auch nicht immer aus moralischen Gründen,
ein, daß es besser sei. moralisch zu bleiben. Diesen
amüsanten Scherz bringen der auch im Vortrag
pointierter Chansons sehr tüchtige Balte Peter
von der Osten, der Wiener Verfasser und Confé¬
rencier, dem eine mit Charme und Liebens¬
würdigkeit verbrämte Ironie eignet und last not
least Olly Stüven zu Gehör. Olly Stüven ver¬
körpert die fünf Frauengestalten und hat damit für
ihre karikaturistische Begabung eine Paraderolle,
wie sie sie sich besser nicht wünschen kann, aber
auch in ihrem eigenen Repertsire ist sie mit ihrem
ecken Augenaufschlag eine Zugkraft ersten Ranges.
Waldau hat das Ensemble wieder mit Geschmack
und Geschick ausg wählt. El Gair bringt von ihm
vertonte, von Kurt Robitschek verfaßte Brettl¬
lieder, noch mehr Brettl= und Ueberbrettikunst
zeigen die mondänen Chansons, die Marie
Harald mit Betonung vorzutragen weiß.
Frisch=fröhlich brachte Zula Benedek Waldaus
parodistische Szenen „Ein Tag im Lunapark“,
während Hermann Wagner mit seinem Er¬
zählertalent, das für Kabarett vielleicht nicht stark
genug auftrug, heitere Prosa von Rosegger,
Thoma u. a. vortrug. Revolutionierend wirkte
Frank Günther mit eigenen Versen scharfen Zeit¬
gepräges, das groteske Moment verkörperte in
wohlberechnender Wirkung durch Geste und
Mimik Jula Rills.
—0de—
ehrter He¬
Reigen
tasie,
sei etw
Zehn Dialoge von Arkhur Schnitzter.
einer Dir
Kleines Theater.
Dichter ch
dieser Sph
Eine katkträftige Hand hat mit geringen Mitteln aber gutem Ge¬
sie als per
schmat dem kleinen Theater in der Eisterstraße eine neue und gefällige
recht zu be
Form gegeben; wir wünschen der schicksals- und namenreichen Bühne,
Stofflichen
daß ihre neue Gestalt einige Dauer haben möge. Im äußeren Bild ist
schieht, we
durch Erweiterung der Kleiderablage und durch freundliche Draperien in
es sich
Orange ein Rahmen geschaffen, der Zuversicht weckt. Licht und Freude,
Professor
o verhieß Direktor Viehweg in einer kleinen Ansprache, sollen in
Volksseele
diesem Hause walten. Man nahm es gern zur Kenntnis. Auch glaubt
Kino und
man seinem Wort, daß in kürzester Zeit, in drängendster Arbeit (deren
bange um
Firnis man noch roch)
Tüchtiges geleistet worden war.
Der
daß sie de
„Reigen“, so sagte Direktor Viehweg noch, sei kein Programm, aber er
logen stun
sei immerhin von Schnißler. Erwartungen, die diese zehn Dialoge
für
Versuch
die künftige Gestaltung des Spielplans wecken könnten, seien verfehit.
Dichter des
eeu
Die Frage, ob man Schnitzlers „Reigen“ spielen kann, ist äußerst
Nicht doch.
kompliziert und verworren. Sie ist es, weil die Empfindungen dem in
in zehn 2
Frage stehenden Prodlem gegenüber leider nicht natv, sondern kom¬
voll Verlog
pliziert und verworren sind. Mir persönlich erschwert weder der Ge¬
teigerung
samteindruck der Aufführung, noch das sexuelle Thema die — positire
uns nicht
Entscheidung, höchstens macht mich die Frage stutzig: Warum spielt man
Erotische
gerade diese Dialoge, die niemals für die Bühne gedacht und geschrieben
Thema; klei
worden sind? Tut man es, um unsere Empfindungen dem Geschlecht¬
einer unver
lichen gegenüber freter und von edierer Unbefangenheit zu machen,
se
Der
sage ich aus ganzem Herzen: Ja und Amen. Spielt man den „Reigen
verbot geso
aber aus kühler Zweckmäßigkeitserwägung, die in der direktorialen
über fünfun
Sphäre ja nur zu begreiflich ist, so wird die Angelegenheit doch ein
zing es vor
wenig mißlich. Sie hört aber wiederum auf, mißlich zu sein, weil der
wobei nur
Dichter (auf dessen Gefühle wir uns unbedingt verlassen dürfen) seine
empfunden
Dialoge für die Bühne freigegeben hat.
täuschung
Diese Dialoge „pornographische Skizzen“ zu nennen ist eine
Ver¬
und Lex Se
kennung. Die Ironie und Melancholie, die Betrachtung der geschlecht
auch Schnit
lichen Vorgänge mit einem heiteren, einem nassen Auge, die Stimmung
daß nun mis
in die sie gekaucht sind, die heimliche Erkenntnis menschlichen Wesens
werk des
die aus ihnen lacht, heben den „Reigen“ hoch über die Stofflichkeit, die
unberücksich
man mit „pornographisch“ bezeichnek. Gegen eine Auffassung, die im
Bis auf
Geschlechtsakt eine Unzuchtshandlung sieht, ist wohl nichts zu machen.
teiten wurd
Ich fühle mich in einer fast hoffnungslosen Minderheit, wenn ich gegen¬
und anmutic
über dieser sehr verbreiteten Auffassung die meine — nicht etwa durch¬
Stubenmädch
zusetzen, sondern nur vorzubringen wage: es scheint mir doch immerhin
noch zu mil
erstrebenswerk, dahin zu gelangen, im Geschlechtlichen nichts Un¬
heit. Lina
züchtiges, sondern etwas Natürliches und darum Reines und Un¬
Dialog mit
antastbares zu erblicken, elwas, das da ist, wie Gewitter, Sommerregen
dei Szene 1
und Blütenfall. Wenn irgend etwas unzüchtig ist, sehr ver¬ als Pariner
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Reigen
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin IO. 45, Georgenkirchplatz 211
Ba#ii#
Zeitung: F
( S
Ort: —
Datum:
—4-41
Der sittliche Reigen.
In Harzg# Waldaus Kabarett „Die
Spinne“ spielt man u. a. den „Reigen“
Schnitzlers, umgedichtet vom Conférencier Richard
Rillo. Aks dem unsittlichen Reigen ist ein
sittlicher geworden, den auch der so überaus
populär gewordene Professor ohne Schamerröten
anhören könnte. Die Gedankenstriche und der omi¬
nöse Rhythmus fallen weg, und statt dessen geschieht
nichts, absolut gar nichts. Alle Pärchen sehen,
wenn auch nicht immer aus moralischen Gründen,
ein, daß es besser sei. moralisch zu bleiben. Diesen
amüsanten Scherz bringen der auch im Vortrag
pointierter Chansons sehr tüchtige Balte Peter
von der Osten, der Wiener Verfasser und Confé¬
rencier, dem eine mit Charme und Liebens¬
würdigkeit verbrämte Ironie eignet und last not
least Olly Stüven zu Gehör. Olly Stüven ver¬
körpert die fünf Frauengestalten und hat damit für
ihre karikaturistische Begabung eine Paraderolle,
wie sie sie sich besser nicht wünschen kann, aber
auch in ihrem eigenen Repertsire ist sie mit ihrem
ecken Augenaufschlag eine Zugkraft ersten Ranges.
Waldau hat das Ensemble wieder mit Geschmack
und Geschick ausg wählt. El Gair bringt von ihm
vertonte, von Kurt Robitschek verfaßte Brettl¬
lieder, noch mehr Brettl= und Ueberbrettikunst
zeigen die mondänen Chansons, die Marie
Harald mit Betonung vorzutragen weiß.
Frisch=fröhlich brachte Zula Benedek Waldaus
parodistische Szenen „Ein Tag im Lunapark“,
während Hermann Wagner mit seinem Er¬
zählertalent, das für Kabarett vielleicht nicht stark
genug auftrug, heitere Prosa von Rosegger,
Thoma u. a. vortrug. Revolutionierend wirkte
Frank Günther mit eigenen Versen scharfen Zeit¬
gepräges, das groteske Moment verkörperte in
wohlberechnender Wirkung durch Geste und
Mimik Jula Rills.
—0de—
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Reigen
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sei etw
Zehn Dialoge von Arkhur Schnitzter.
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Kleines Theater.
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Eine katkträftige Hand hat mit geringen Mitteln aber gutem Ge¬
sie als per
schmat dem kleinen Theater in der Eisterstraße eine neue und gefällige
recht zu be
Form gegeben; wir wünschen der schicksals- und namenreichen Bühne,
Stofflichen
daß ihre neue Gestalt einige Dauer haben möge. Im äußeren Bild ist
schieht, we
durch Erweiterung der Kleiderablage und durch freundliche Draperien in
es sich
Orange ein Rahmen geschaffen, der Zuversicht weckt. Licht und Freude,
Professor
o verhieß Direktor Viehweg in einer kleinen Ansprache, sollen in
Volksseele
diesem Hause walten. Man nahm es gern zur Kenntnis. Auch glaubt
Kino und
man seinem Wort, daß in kürzester Zeit, in drängendster Arbeit (deren
bange um
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Tüchtiges geleistet worden war.
Der
daß sie de
„Reigen“, so sagte Direktor Viehweg noch, sei kein Programm, aber er
logen stun
sei immerhin von Schnißler. Erwartungen, die diese zehn Dialoge
für
Versuch
die künftige Gestaltung des Spielplans wecken könnten, seien verfehit.
Dichter des
eeu
Die Frage, ob man Schnitzlers „Reigen“ spielen kann, ist äußerst
Nicht doch.
kompliziert und verworren. Sie ist es, weil die Empfindungen dem in
in zehn 2
Frage stehenden Prodlem gegenüber leider nicht natv, sondern kom¬
voll Verlog
pliziert und verworren sind. Mir persönlich erschwert weder der Ge¬
teigerung
samteindruck der Aufführung, noch das sexuelle Thema die — positire
uns nicht
Entscheidung, höchstens macht mich die Frage stutzig: Warum spielt man
Erotische
gerade diese Dialoge, die niemals für die Bühne gedacht und geschrieben
Thema; klei
worden sind? Tut man es, um unsere Empfindungen dem Geschlecht¬
einer unver
lichen gegenüber freter und von edierer Unbefangenheit zu machen,
se
Der
sage ich aus ganzem Herzen: Ja und Amen. Spielt man den „Reigen
verbot geso
aber aus kühler Zweckmäßigkeitserwägung, die in der direktorialen
über fünfun
Sphäre ja nur zu begreiflich ist, so wird die Angelegenheit doch ein
zing es vor
wenig mißlich. Sie hört aber wiederum auf, mißlich zu sein, weil der
wobei nur
Dichter (auf dessen Gefühle wir uns unbedingt verlassen dürfen) seine
empfunden
Dialoge für die Bühne freigegeben hat.
täuschung
Diese Dialoge „pornographische Skizzen“ zu nennen ist eine
Ver¬
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kennung. Die Ironie und Melancholie, die Betrachtung der geschlecht
auch Schnit
lichen Vorgänge mit einem heiteren, einem nassen Auge, die Stimmung
daß nun mis
in die sie gekaucht sind, die heimliche Erkenntnis menschlichen Wesens
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die aus ihnen lacht, heben den „Reigen“ hoch über die Stofflichkeit, die
unberücksich
man mit „pornographisch“ bezeichnek. Gegen eine Auffassung, die im
Bis auf
Geschlechtsakt eine Unzuchtshandlung sieht, ist wohl nichts zu machen.
teiten wurd
Ich fühle mich in einer fast hoffnungslosen Minderheit, wenn ich gegen¬
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über dieser sehr verbreiteten Auffassung die meine — nicht etwa durch¬
Stubenmädch
zusetzen, sondern nur vorzubringen wage: es scheint mir doch immerhin
noch zu mil
erstrebenswerk, dahin zu gelangen, im Geschlechtlichen nichts Un¬
heit. Lina
züchtiges, sondern etwas Natürliches und darum Reines und Un¬
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antastbares zu erblicken, elwas, das da ist, wie Gewitter, Sommerregen
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