II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 818

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11. Reigen
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geregt worden bin, mich auch in Deutschland zur Verbindung
Glaubens hell brennen lassen könne, ihm bei Tag und Nacht
mit tapferen Genossen des Glaubens und der Hoffnung ge¬
auf die Lippen legen. Auch kann ich nicht schließen, ohne
führt hat.
die Dankbarkeit meiner Seele dafür zum Ausdruck gebracht
zu haben, daß meine Schrift über Spenglers Buch, zu deren
Geh. Ed. König.
Bonn, den 9. 9. 21.
Veröffenllichung ich durch einen amerikanischen Freund an¬
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Tekaden „.
Von Axel Bergh,
Hamburg.
sondern auch ein nicht mißzuverstehendes Bekenninis
s ist Abend. Schwarz wälzen sich die
zum Materialismus, den Weininger, der übrigens
Menschenmassen durch einen Torweg.
selbst jüdischer Abstammung war, einmal als das
Man glaubt von ferne Schichtwechsel im
Wesen des Judentums' bezeichnet hat.
Revier vor sich zu haben. Sieht man
Es ist durchaus verständlich, daß das noch gesunde
5 aber genauer zu, so gewahrt man eilende
Volksempfinden sich gegen die weitere Aufführung
Theaterbesucher beiderlei Geschlechts aller Stände.
des Reigens' auflehnt und es darum zu Störungen in
Ihr Ziel sind die Hamburger Kammerspiele, die all¬
Berlin, München und Hamburg, zur vollständigen
wöchentlich an mehreren Abenden vor etwa 850 Zu¬
Sprengung einer Aufführung in Wien kam. Im letzte¬
schauern
ren Fall erlebte man sogar einen parlamenkarischen
Arthur Schnitzler's schamlosen, Reigen?
Kampf, in dem die österreichische Sozialdemokratie
aufführen. Es ist das Schmutzerzeugnis eines An¬
eine höchst unrühmliche Rolle spielte. Die Sozialdemo¬
gehörigen der jüdischen Rasse, die durch den hethiti¬
kratie, die in ihren unteren, zahlenden Schichten viel¬
schen Einschlag einem Teil des Judentums die gierige
fach unbewußt, in den oberen, bezahlten Kreisen häu¬
und ausschweifende Sexualität gegeben hat, und die
fig bewußt den Juden Mittel zum Zweck ist, kobte und
mit dem Vordringen des Judeniums in der neueren
stürmte auf die Ministerbank los, weil der Minister
Literatur so stark überwuchert und die öffentliche Sitt¬
Glanz das Verbot der Reigenaufführung als rechtlich
lichkeit verseucht. Wenn es wahr ist, daß den Ger¬
verteidigte und schließlich sagte, daß alle anständigen
manen diese schamlos-wollüstige Atmosphäre abstößt,
Menschen sein Urteil über den „Reigen' teilen
so sind die krotdem ausverkauften Häuser Deutsch¬
würden. Im Hinblick auf diese inneren Zusammen¬
lands und Österreichs ein schlagender Beweis dafür,
hänge ist es daher auch nicht verwunderlich, daß die
daß auch die gesündesten Völker der Degeneration
größtenteils jüdische Presse die Schuld an den Skan¬
verfallen, wenn sie von dunklen Mächten systematisch
dalen ausschließlich nationalgesinnten Kreisen zuschiebt.
untergraben werden.
War das alles dem Berliner Richterkollegium nicht
Der aufgeführte „Reigen' hat in der Pfarrhaus¬
bekannt, unter dessen Vorsitz der Reigen'-Prozeß
komödie seinen unsittlichen Vorläufer gehabt. Die
verhandelt wurde? Ist die große Welle des Argernisses
darstellenden Personen, die hier die katholische Geist¬
ind der gerechten Empörung im ganzen Lande über
lichkeit, insbesondere den Cölibat, verhöhnen, be¬
die Reigenaufführung nicht bis in seine Weltfremdheit
gegnen uns dort wieder, um das der Bordell- und
hineingedrungen? Hatte man in Berlin gar nichts
Lebewelt abgeguckte Wissenswerte' gemeinster Art
davon gehört, was der berühmte Professor der Philo¬
einem mehr oder weniger aufgeklärten Publikum
ophie an der Universität Leipzig, Dr. Johannes Vol¬
künstlerisch' zur Vorführung # bringenz In zehn
kelt aus Anlaß der Eröffnung des Kleinen Theaters
Bildern ist man Zeuge von zehn Hurek= und Ehe¬
n Leipzig mit dem „Reigen', zuvor über diesen sagte?
brecher-Dialogen, die jedesmal in dem Augenblick ab¬
Es ist werkvoll genug, um hier wiederholt zu werden.
reißen, wo der fallende Vorhang oder das ver¬
Prof. Volkelt sagt:
löschende Licht gleichsam auch das letzte Feigenblatt
Als ich vor etwa zwanzig Jahren Schnitzlers „Reigen
vor der rohen Geschlechtlichkeit hinwegziehen. Im
las, hielt ich es für ausgeschlossen, daß ein Theaterleiker eine
matten Schein der Bühnenbeleuchtung aber wird eine
Aufführung dieser Szenen wagen würde. Ich sagte mir: eine
Vergiftung der Volksmoral, eine Verherrlichung der
Schamlosigkeit, die den Unzuchtsakt zehnmal zu nahezu hand¬
greiflicher Gegenwark auf die Bühne bringt, sei keinem
Heuchelei und eine Entheiligung der Ehe getrieben,
Theaterleiter zuzutrauen. Heute ist — dank der Bemühnn¬
die man sich an solchem Ort, den man Bildungs¬
gen zahlloser Bühnendichter und Bühnenleiker um Aus¬
stätte' zu benennen pflegt, dem man erzieherischen
merzung des Schamgefühls — die Abstumpfung des sittlichen
Werk' nachrühmt, schon als anständiger Mensch ver¬
Empfindens und zugleich die Verrohung des künftlerischen
Geschmacks so weit gediehen, daß ein Theater den traurigen
bitten sollte. Wenn, wie es außerdem Absicht des
Mut hat, sich am Tage seiner Eröffnung durch Schnitzlers
auf Erregung des Publikums angelegten Stückes ist,
pornographische Skizzen die Weihe zu geben. Ich frage: Ist
den Menschen, einerlei welcher Rasse, welchen Stan¬
es wirklich ein veralteter Standpunkt, wenn erwarket wird,
des und welcher Weltanschauung, als reines Sinnen¬
daß sich der Theaterleiker die ungeheure Verankwortung vor
Augen halte, die er der Volksseele gegenüber trägt? Es ist
kier zu zeichnen, das nur seinen normalen oder an¬
ein geradezu grauenhafter Gedanke, daß die nichtswürdige
normalen sexuellen Lüsten fröhnt — wobei auch Sei¬
Unzuchts-Feinschmeckerei, aus der Schnißzlers Stück hervor¬
tenhiebe auf religiöse Heuchelei nicht unterblieben
gegangen ist, Abend für Abend in Phankasie und Fühlen
zahlloser Zuhörer hinüberströmt.
sind — so ist es in diesem Punkte nicht nur unwahr,