II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 851

11. Reigen
des „Deutschen Bühnen¬
sssor Alfred Klaar.=
gen“, zehn Dialoge von Arthur
1920, im „Kleinen Schauspiel¬
ßig von der Bühne ferngehalten
beantworten. Jemand, der die
e kennen lernt und dessen Ein¬
Vorstellungen neigt, kann viel¬
e szenische Darstellung der Vor¬
, sittlich anstößig wirken dürfte.
rartige Annahme widerlegt. Die
nere Vorschrift des Dichters hielt,
und das Rohstoffliche nur als
har frei von allen erotischen Aus¬
Menschen verletzen könnten und
bischen Mann und Weib anlangt,
erläßlichen, auf der Bühne längst
keinerlei Anstoß erregen. Was
nlangt, so zeigte die Aufführung
schnitzlers von der Tendenz, das
Im
kommen freizusprechen ist.
kauf ab, den flüchtigen Rausch der
Be¬
ie Heuchelei, die rein sinnliche
und erlogener Vornehmheit um¬
hschätzung preiszugeben. Zu der
ftlicher Lüge gesellt sich in den
Lebenskreise hindurchführen, ein
der Lebenswerte beleuchtet. Die
ch aufreizend, vielmehr aufklärend
schen im Bereiche der Erotik aus¬
ohne sich von ihnen Rechenschaft
ig erscheint mir darum nach beiden
en.
. Prof. Dr. Alfred Klaar.
des Landgerichts III zu
Reigen“ betreffend.—
fführung von Schnitzlers „Reigen“
at die 6. Zivilkammer des Land¬
hen rechtskräftig gewordene Urteil
osossccsccccccse
UHE UND KRAFT
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Schnitzlers Buch besteht aus 10 Bilder... In jedem Bilde treten nur
zwei Personen auf, die je zweimal und jedesmal mit einer neuauftretenden
Person die geschlechtliche Vereinigung vollziehen, außer im letzten Bild, wo
diese Vereinigung unmittelbar zuvor stattgefunden hat. So tritt jede
Person in zwei aufeinanderfolgenden Bildern auf, nur die Dirne, den
Reigen schließend, steht im ersten und letzten Bild.
Das Buch bietet eine Fülle von Geist und von Feinheit. Kühne,
knappe Sätze zergliedern alle Tiefen der geistigen Verfassung und des
Empfindungslebens. Teils derb, selbst roh, glatt und gemein, teils zart
und empfindsam, teils launig, neckisch, keck prickelnd, lüstern, ausgelassen
und verführerisch in der Ausmalung erfährt der immer sich gleich bleibende
Gegenstand zehn untereinander verschiedenste Abwandlungen.
Dieser Gegenstand ist die im Mittelpunkt jedes Zwiegesprächs stehende
körperliche Vereinigung. Weiterhin befindet sich im vierten, fünften,
achten, neunten, zehnten Bild der weibliche Teil im Bett. Im zweiten,
dritten, sechsten Bild ist ein mehr oder weniger erhebliches Sträuben des
weiblichen Teiles zu überwinden. Im ersten, achten, neunten Bild dagegen
drängt der weibliche Teil, und zwar im neunten Bilde mit ungemein
heftiger Leidenschaftlichkeit. Im vierten Bilde wird nach der ersten Ver¬
einigung das Ausbleiben der Geschlechtslust des Mannes ausgiebig erörtert.
Dem ehelichen Geschlechtsverkehr des fünften Bildes geht der Ehebruch des
vierten Bildes anscheinend nur um wenige Stunden vorauf. Dazu wird
im fünften Bilde der Ehebruch an sich ausführlich besprochen. Aus diesen
Erwägungen erweckte das Buch den Eindruck, daß seine Aufführung das
sittliche Empfinden erheblich verletzen und dadurch berechtigten Anstoß
erregen müsse.
Zwei von dem Gerichte besichtigte Aufführungen erzielten folgenden
Eindruck: Alles was frech, schlüpfrig oder zotig wirken könnte, wird ver¬
mieden. Selbst die Aeußerungen gewöhnlichster Geilheit im ersten Bilde
wurden so abgetönt, daß von einer Reizung der Sinnlichkeit des Zuschauers
keine Rede sein kann. Gleiches gilt von der starken sinnlichen Erregung,
der Ausgelassenheit und der Verführungskunst der Schauspielerin im
neunten Bild. Die überaus schwierige Aufgabe, die Darstellung hier nicht
ins Unschickliche oder ins Tierischtriebhafte entgleiten zu lassen, wird durch
gelungene Zurückhaltung und Zügelung alles Gemeinen vorbildlich gelöst.
Im vierten Bilde geht die Erörterung des Ausbleibens der Geschlechtslust
mit aller Sachlichkeit und Nüchternheit vor sich. Die Erörterung des Ehe¬
bruchs im fünften Bilde erscheint notwendig, um das seelische Erleben der
jungen Frau hinsichtlich des Ehebruchs, ihre Abenteuerlust, ihre Begehrlich¬
keit, ihre innere Zwiespältigkeit und Unruhe ins rechte Licht zu rücken.
Die körperliche Vereinigung sollte stets lediglich der natürliche Aus¬
fluß innigster seelischer Gemeinschaft sein. Ein Verfall dieser Auffassung
hat leider in weitesten Schichten Platz gegriffen. Diesen Kreisen wird durch
diese Aufführung die ganze Jämmerlichkeit des in ihrer Mitte mehr und
mehr einreißenden sittlichen Tiefstandes nachdrücklichst vorgeführt. Es
wird gezeigt, wie durch einen unedlen und unvollkommenen Genuß des
Augenblicks gedankenlos und würdelos zu Boden getreten wird, was der
Secsssssssssssssssssessssssssssssss
BUCHHANDLUNG GRXFE UND UNZER