II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 879

11. Reigen
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Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Sain NO. 43. Georgenkirchplatz ###
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Der Tag
Zeitung:
Ort:
Berlin—
n
Dominicus über
Schnitzlers „Reigen“.
eine kleine Anfrage der Abgeordneten Frau
von Zulesza und Gen. an den Preußi¬
scherf Landtag hat jetzt der Minister des In¬
nern Dominicus, an den Präsidenten des
Landtags folgende Antwort gerichtet:
„Die Frage, ob die Aufführung von Schnitz¬
lers „Reigen“ in sittlicher Be¬
ziehung Anstoß erregt, ist von der 6. Zivil¬
kammer des Landgerichts III zu Berlin nach vor¬
hergegangener Besichtigung von zwei Auffüh¬
rungen durch das Gericht verneint worden,
nachdem die staatliche Hochschule für Musik als
Vermieterin des Theaters versucht hatte, das
Verbot der Aufführung im Wege der einstweiligen
Verfügung herbeizuführen. Eine Möglichkeit zum
erfolgreichen Einschreiten habe ich danach, in
Uebereinstimmung mit der Auffassung meines
Herrn Amtsvorgängers und des Herrn Ministers
für Wissenschaft, Kunst u Volksbildung, nicht
ür gegeben erachtet.
Inzwischen ist ein Beschluß der 6. Strafkammer
des Landgerichts III zu Berlin ergangen, durch
den die elf angeschuldigten Theaterbesitzer, Spiel¬
leiter, Schauspieler und Schauspielerinnen
zwar
außer Verfolgung gesetzt werden, in dessen Grün¬
den jedoch ausgeführt wird, die Aufführung
des
„Reigen“ stelle sich objektiv als Vornahme
un¬
züchtiger Handlungen dar; die Einstellung
des
Verfahrens sei ledigli cherfolgt, „weil bisher
die
subjektiven Merkmale der Kenntnis des unzüch¬
tigen Inhalts der Aufführung und damit ohne
weiteres auch das Bewußtsein davon, daß sie
Aergernis zu erregen geeignet sei“ bei den An¬
geschuldigten nicht hinreichend festzustellen ge¬
wesen seien. Sollte das daraufhin von seiten der
Oberstaatsanwaltschaft beim Landgericht III ein¬
geleitete neue Verfahren zu einer rechtskräftigen
Verurteilung führen, so wäre damit allerdings
eine neue Lage gegeben.“
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsansschnitte
Berlin NO. 43, Georgenkirchplats #
Sallang.
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Ort:
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007 192
Keuschheitsreigen im Landgericht III. Der preußische Mini¬
ster des Innern hat auf eine kleine Anfrage, die die Abge¬
ordnoten„ Frau v. Kulesza und Genossen an den Landtag richteten,
jetzt (dem Präsidenten des Landtages folgende Ant¬
wort ert:
„Dia=Frage, ob die Aufführung von Schnitzlers „Reigen
sin sittlicher Beziehung Anstoß erregt, ist vön der 6.
Zivilkammer des Landgerichts III zu Berlin nach vorhergegangener
Besichtigung von zwei Aufführungen durch das Gericht verneint
worden, nachdem die staatliche Hochschule für Musik als Vermieterin
des Theaters versucht hatte, das Verbot der Aufführung im Wege
der einstweiligen Verfügung herbeizuführen. Eine Möglichkeit zum
erfolgreichen Einschreiten habe ich danach, in Uebereinstimmung
mit der Auffassung meines Herrn Amtsvorgängers und des Herrn
Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung, nicht für ge¬
geben erachtet. — Inzwischen ist ein Beschluß der 6. Strafkammer
des Landgerichts III zu Berlin ergangen, durch den die elf ange¬
schuldigten Theaterbesitzer, Spielleiter, Schauspieler und Schau¬
spielerinnen zwar außer Verfolgung gesetzt werden, in dessen Grün¬
den jedoch ausgeführt wird, die Aufführung des „Reigen“ stelle sich
objektiv als Vornahme unzüchtiger Handlungen dar;
die Einstellung des Verfahrens sei lediglich erfolgt, „weil bisher die
subjektiven Merkmale der Kenntnis des unzüchtigen Inhalts der
Aufführung und damit ohne weiteres auch das Bewußtsein davon,
daß sie Aergernis zu erregen geeignet sei“, bei den Angeschuldigten
nicht hinreichend festzustellen gewesen seien. Sollte das daraufhin
von seiten der Oberstaatsanwaltschaft beim Landgericht III eingelei¬
tete neue Verfahren zu einer rechtskräftigen Verurteilung führen,
so wäre damit allerdings eine neue Lage gegeben.“
Eine verdammt komplizierte Angelegenheit. Die 6. Zivilkam¬
mer des Landgerichts III verneint die sittliche Anstößigkeit des
„Reigen und die 6. Strafkammer desselben Gerichts entdeckt
in ihm die „Vornahme unzüchtiger Handlungen“, erklärt aber zu¬
gleich, daß bei den Theaterdirektoren, Regisseuren, Schauspielern
und Schauspielerinnen, die den „Reigen“ inszeniert und dargestellt
haben, die „Kenntnis“ des unzüchtigen Inhalts“ des Stückes „nicht
hinreichend festzustellen“ gewesen sei, und auf Grund dieses Be¬
schlusses leitet nun die Oberstaatsanwaltschaft beim Landgericht III
ein Verfahren ein, durch das, nachdem das Stück ein Jahr lang über
alle deutschen Bühnen gegangen ist, eine „neue Lage gegeben
sein
wird.
Wir empfehlen Herrn Schnitzler als Pendant zu seinem ero¬
tischen Schlafkammer=Reigen einen juristischen Zivil= und Straf¬
Leschas