II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 912

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—igen
Titel „Liebesreigen“ behielt, der dem Sachverständigen zu
weit
ging,
300
darin
da von Liebe nicht
die Rede
ist.
In dem „Reigen“ liege eine
schwermütige Stimmung, und
der Dichter sage nicht „das ist
schön", sondern „da habt
Ihr die Bescherung, so geht es“. In den sexuellen Vorgängen
erblickt Dr. Kerr keine Unzüchtigkeit, wenn auch von einer
„Heiligkeit“ bei ihnen nichts zu spüren sei. Es sei heutzutage der
Erwachsenen unwürdig und eine Heuchelei, so etwas als unzüchtig
anzusehen, wenn die Heiligkeit fortsiele. Dr. Kerr sucht dies des
näheren darzulegen, weist nochmals auf das Melancholische im
„Reigen“ hin, bestreitet den Anreiz zu unzüchtigen Handlungen
und entkräftet den Vorwurf der unzulässigen Wiederholung der
intimen Vorgänge durch die Erklärung, der Dichter habe seine Ab¬
sicht, stets die gleiche Enttäuschung zu zeigen, gar nicht anders
verwirklichen können. Angesichts unserer hohe Kulturleistungen
hätten wir uns den Quark um das Ausland zu kümmern, zumal
3.
B. ein Franzose, wie Voltair, den „Reigen“ eigentlich schon
früher geschrieben habe. Im übrigen sei das Reich der Kunst
keine Kinderstube. Es gilt unsere Kinder zu erziehen und zu
ertüchtigen, daß sie durch solche Werke nicht verdorben warden
können.
Die weiteren Sachverständigen Ludwig Sternaux, der den
Reigen kulturhistorisch bewertet, in ihm ein Welt= und Zeitbild, eine
Zeitsatire für spälere Geschlechter sieht, Dr. Herbert Ihering,
Hachdorf, Hupfeld und Oberverwaltungsgerichtsrat Dr. Lin¬
denau schließen sich im wesentlichen den Ausführungen Dr. Ludwig
Juldas an. Dr. Lindenau wies noch darauf hin, daß er bei dem
Publikum nichts von einer schwülen Erotik gespürt habe. Die
Frage, wieso Schnitzler gerade so etwas geschrieben habe, beant¬
worte sich vielleicht am besten dadurch, daß der Dichter Schnitzler
Arzt sei, den das Beginnen und das Aufhören des Lebens natur¬
gemäß sehr interessiere.
Die Verhandlung wurde darauf auf Sonnabend, 9 Uhr vor¬
mittags, vertagt.
Das Altimatum der städtischen Arbeiter.
Aufschiebung der Entscheidung.
Die schwierige Situation, die durch den Beschluß der städtischen
Funktionäre und Betriebsräte, dem Magistrat Berlin ein Ulti¬
matum über die Auszahlung der Kinderbeihilfe zu stellen, ent¬
standen war, hat jetzt eine Entspannung erfahren. Wie be¬
reits gemeldet, traten die städtischen Funktionäre gestern mittag
wieder im Gewerkschaftshaus zusammen, um einen endgültigen Be¬
schluß zu fassen. Man entschloß sich jedoch im letzten Augenblick
dazu, eine Entscheidung, die über die Köpfe der Gewerkschaften hin¬
weg hätte gefaßt werden müssen, zu vermeiden. Vielmehr wurde
das Lohnkartell beauftragt, mit dem Magistrat erneut Füh¬
lung zu nehmen, um sobald als möglich dem Stadtparlament die
erforderlichen Unterlagen über die neuen Forderungen der Arbeit
nehmer überreichen zu können. Damit ist zunächst der brohende
Konflikt beseitigt. Im übrigen hat sich das Lohnkartell
bereits gestern nachmittag mit dem Magistrat in Verbindung ge¬
setzt und eine Vorbesprechung abgehalten, an die sich in den
nächsten Tagen weitere Konferenzen anschließen werden.
Streik bei der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte.
Die etwa 3000 Personen umfassenden Beamten und Angestellten
der Reichsversicherungsanstalt in Wilmersdo
sind
gestern, wie uns der Verband dieser Beamten mitteilt, in den Aus¬
stand getreten. Der Grund dieses Vorgehens soll in der noch nicht
erfolgten Eingruppierung der Beamtenschaft in die Reichsboamten¬
ordnung vom 30. April liegen. Bei der Abstimmung wurden von
2963 Stimmen 2744 für die Niederlegung der Arbeit abgegeben.
Auf eine Anfrage beim Tirektorium dieser Anstalt wird uns
zur Sachlage mitgeteilt, daß vom Ministerium auf Grund des
Sperrgesetzes gegen die Auszahlung der erhöhten
Bezüge an die lebenslänglich angestellten Deamsen Ein####
hoben worden ist, dagegen ist die Auszahlung der Beträge andie
mit Kündigung angestellten Beamten bereits in die Wege geleitet.
Ziffernmäßig betrifft die Bewegung etwa 900 lebenslänglich Ange¬
stellte und etwa 2000 andere Beamte.
Sittlichkeitsverbrechen an einem Schulmädchen. Das
zwölfjährige Schulmädchen Erika Wolff, das gestern vom Schul¬
besuch nicht zurückkehrte, wurde in einem Keller des Hauses
Wagnerstraße 41 zu Lichtenberg gesesselt und geknebelt auf¬
gefunden. Ein junger Mann, dessen Name noch nicht festgestellt
werden konnte, befand sich bei dem Mädchen. Er wurde ver¬
haftet, da der dringende Verdacht eines Sittlichkeits¬
verbrechens gegen ihn besieht. Die Beamten des Polizeiamts
Lichtenberg sind noch mit der Aufklärung des Falles beschäftigt.
Einführung der Stadtverordneken.
Die ersie Sitzung des neuen Berliner Stadtparlamenks.
In dem durch Stadtbaurat Ludwig Hoffmann erweiterten großen
Sitzungssaal der Berliner Stadtverordnetenversammlung fanden sich
gestern die Abgeordneten der Viermillionengemeinde zusammen, um
durch den Oberbürgermeister in ihr zum Teil neues, zum Teil alt¬
gewohntes Amt eingeführt zu werden.
Oberbürgermeister Boeß
eröffnete die Sitzung mit folgender Ansprache:
Hochgeehrte Damen und Herren! Die ersten Wahlen zur
Stadtverordnetenversammlung des neuen Berlin haben am 30. Juni
1920 stattgefunden.
Sie wurden infolge Einspruchs durch Ent¬
scheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 16 Juni 1921, alse
ungefähr ein Jahr später, für ungültig erklärt. Die Wahlen
vom 16. Oktober haben Sie, meine Damen und Herren,
durch das Vertrauen der Bürgerschaft in diesen
schönen,
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durch die geschickte Hand unseres Ludwig Hoffmann erweiterten Saal
geführt. Ermächtigt durch die Landesregierung und den Minister
des Innern, ist es meine Aufgabe, Sie in Ihr verentwortungs¬
und arbeitsvolles Amt einzuführen und zu verpflichten.
Es
wird der Verwaltung des neuen Berlin
nicht leicht gemacht, die ihm durch das Eingemeindungs¬
gesetz vom 27. April vorigen Jahres zugewiesenen Aufgaben
zu erfüllen, und wer den Wahlkampf verfolgt hat, möchte
glauben, daß es bei uns drunter und drüber geht. Und doch
meine Damen und Herren, wenn wir politisch unbefangenen Auges
prüfen, was bisher geleistet worden ist, so muß trotz manchen
„Wenn" und „Aber“ anerkannt werden, daß die Stadt sich
in der Zeiten Sturm und Graus wacker gehalten, daß
sie im Neuaufbau ihrer Verwaltung in der Zentrale und in der
Bezirken weit vorgeschritten ist. Gewiß ist es nur ein erstes
Handanlegen, das der Weiterdurcharbeitung bedarf, aber doch eine
Grundlage, die im wesentlichen bleiben kann und bleiben wird.
Es wird die Aufgabe der neuen Stadtverordneien sein, mit dem
Magistrat, den neuen Bezirksverordneten, mit den Bezirksämtern
die Organisation unserer Verwaltung in kürzester Frist zu voll¬
enden und ihr durch warmherziges Zusammenarbeiten im Geiste
der Selbstverwaltung Leben zu verleihen — zur Wohl¬
fahrt der gesamten Bürgerschaft.
Daß dieses Ziel — unbeeinträchtigt durch die Verschiedenartig¬
keit parteipolitischer Anschauungen
erreicht werden möge, ist
der aufrichtige und herzliche Wunsch, mit dem ich Sie, meine
Damen und Herren, beim Antritt Ihres Ehrenamtes begrüße.
Möge Ihre Tätigkeit in gleicher Weise das Ansehen des
Parlamentarismus und der Stadt Berlin stär
ken und fördern!
Nach diesem Hinweis auf das Ansehen des Parlamentarismus,
das in der alten Stadtverordnetenversammlung manchmal geschädigt
worden ist, fand die Verpflichtung durch Handschlag
tatt, die der Oberbürgermeister, auf der Treppe zu der Magistrats¬
ribüne stehend, vornahm, während Stadtrat Poetzsch die Namen der
326 Frauen und Männer der alphabetischen Reihenfolge nach auf¬
rief. Bei dem Aufruf des Namens Kuntze erhob sich auf der äußersten
Linken großer Lärm, vermischt mit dem Rufe „Knüppel¬
Kuntze!“
Mancher markante Charakterkopf von
einst
war nicht unter den Aufgerufenen. Vor allem fehlte
der Geheime Justizrat Cassel, den ein herbes Geschick
aus diesem Kreise gerissen hat, in dem er 34 Jahre lang wohl
die durch Temperament und Erscheinung hervorstechendste Persönlich¬
keit war. Sein ehemaliger Nachbar zur Linken ist wiedergekehrt,
der alte Geheimrat Dove, auch ein Charakterkopf, mit seinem weißen
Haar und Bart, der jetzt die Tradition der Berliner kommunalen
Demokratie in erster Linie hochhalten wird. Auch von den anderen
Parteien fehlt manche bekannte Gestalt, so besonders der Kommunist
Adolf Hofimann, der den Charakter der Verhandlungen durch seinen.
meist allzu drastischen Witz ebenso zu beeinflussen pflegte, wie das
äußere Bild der Versammlungen durch seine weiße Lowenmähne und
seinen auffallenden Knebelbart. Von den neuen Leuten fallen be¬
sonders einige Persönlichkeiten aus den früheren Vorortparlamenten
auf, so Professor Leidig und Professor Helmcke, die beiden Wilmers¬
dorfer Stadtverordneten, und der ehemalige Charlottenburger Stadt¬
verordnetenvorsteher Dr. Borchardt.
Als die Amtshandlung vorüber war, bestieg der Alters¬
präsident Pfannkuch die Tribüne, eigentlich nur, um die
Sitzung zu schließen und die nächste Sitzung anzuberaumen.
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160366 163877 166528 1684
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242258 250667
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253243
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279061 285605 288684
Wetterbericht. Zeitt
wiegend heiter, bei mößi,
in den Mittagsstunden Fro