II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 961

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Berlin SO 16 Rungestrasse 22-24
Berliner Tageblatt
Abend=Ausgabe
Ausschnitt aus der Rummer, vom:
XX Das Kleine Schauspielhaus hat, wie seine bisherigen
Leiter heute morgen mitteilten, zu bestehen aufgehört. Jenseits der
rechtlichen Erwägungen, die der ersten gerichtlichen Instanz die Zu¬
stimmung zu dey Alffasse des Kultusministeriums als dem Ver¬
mieter des Hauses nahelegten, melden sich auch andere Gesichtspunkte.
Daß das Ministerium die Räume für eine Probebühne seiner Opern¬
schule benutzen will, ist gewiß löblich. Das ist eine ernste Kunstabsicht,
und ihr Gewicht wird dadurch erhöht, daß die Direktion Eysoldt¬
Sladek wenigstens in der allerletzten Zeit von ihrem ursprünglichen
Programm abgewichen ist. Trotzdem erscheint die Eile, mit der das
Ministerium auf der Räumung besteht, nicht unverdächtig. Man
erinnert sich, daß der „Reigen“=Skandal, der ei deutschen Dichter
vom Range Artur Schnitzlers allen Hetzern u. Schwätzern aus¬
lieferte, seinten Krsprung in einer Abkeilung jener Behörde hatte.
Der damalige Kultusminister Konrad Hänisch erklärte sich mit den
Maßnahmen seines Theaterressorts nicht für einverstanden, aber eine
Debatte aufreizender Art mit allen ihren Folgen war damit nicht
mehr aufzuhalten. Nach diesen Erfahrungen hätte die fragliche
Stelle des Kultusministeriums die Sache nicht auf die Spitze treiben
und sich nicht den Vorwurf persönlicher Gereiztheit und — was
schlimmer ist — eines unsozialen Norhaltens auziehen follen
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BERLIN SO 16. RUNGESTRASSE 22-24
DeutscheZeitung
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Ausschnitt aus der Nummer vom:
* Schließung des Kleinen Schauspielhauses. Im Anschluß an
Die allgemein bekannt gewordenen Vorgänge der „Reigen“¬
Aufführungen und „Reigen“=Prozesses war seitesis der
Besitzerin, der „Jochschule für Musik“, gerichtlicher Einspruch
gegen die Westerjüihrung des Spielbetriebes im Kleinen Schau¬
spielhause erhoben worden. Das Landgericht I hat nunmehr
Veranstaltung
zugunsten der Klägerin entschieden und die
weiterer Aufführungen untersagt. Mag die plötzlich verhängte
Schließung für die Darsteller, die inmitten der Sommerspielzeit
nur sehr schwer neue Verpflichtungen werden eingehen können,
bedauerlich sein — der Kunst ist mit dieser Einstellung des
Spielbetriebes wahrlich kein Schade geschehen, und der deut¬
sce: Kunst schon erst gar nicht. Die tief bekümmerle Leitung
ollte sich mit dem derzeitigen Erfolge des „Reigen“=Skandals
zu trösten wissen. Wir jedenfalls sehen uns außerstande, ihr
Krokodilstränen nachzuweinen. Eines der vielzuvielen Berliner.
Theater zur Vergnügung der Vielzuvielen hat damit seine
Pforten geschlossen,
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BERLIN SO 16. RUNGESTRASSE 22-24
Deutsche Zeitung
das führende U nationale Blatt
Ausschnitt aus der Rumuger vom; 1 M
der Reigenprozeß. macht Schule.
Auf Grund einer in dem „Intimen Theater“ in der Bülow¬
straße im Rahmen einer ordnungsmäßigen Gerichtsverhandlung
veranstalteten Aufführung des Stückes „Lauf doch nicht immer
nackt herum“, ist die 7.Bivilkammer des Landgerichts I zu einem
Urteil gekommen, das weite Kreise interessieren dürfte.
Die Direktion des Intimen Theaters“ hatte als Auf¬
jahrungsberechtigte des Stu#s das zeitweilige Aufführungsrecht
an den Theaterdirektor Rudolph abges ben, welcher jedoch seinen
materiellen Verpflichtungen nicht nachtim mit der Begründung,
daß das Stück unzüchtig und geeignet sei, das Scham= und
Sittlichkeitsgefühl zu verletzen.
Das Gericht kam auf Grund der eigenen Wahrnehmungen im
Theater zu der Ansicht, daß weder der Ausschnitt des Hemdes
noch die entblößten Füße irgendwie über das erlaubte Maß
hinausgehe, da in den Seebädern und Freibädern genau das¬
selbe zu sehen sei und nur der Astlochgucker“ mit einer gewissen
schmutzigen Phantasie sich das übrige hinzudenke. Einzelne
Szenen ständen allerdings hart an der Grenze des Erlaubten,
immerhin überwiege die rein komische Wirkung die erotische und
sei außerdem durch Regiewaßnahmen der Klägerin erheblich ge¬
mildert worden. Der Beklagte wurde zur Zahlung des vollen
durch Vertrag festgesetzten Betrages und Tragung der sämtlichen
Kosten verurteilt.