11. Reigen
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Der Kampf um den Reigen.
Der Reigenprozeß, dessen sechstägige Verhandlung jetzt auf beinahe halb¬
tausend Seiten wortwörtlich fixiert vorliegt (Verlag Ernst Rowohit,
Berlin), wird fortleben in der deutschen Kulturgeschichte als ein großes, weit¬
hin sichtbares. Duell zwischen der Kuns“ und dem Banausentum. Gegenstand
dieses Kampfeswar „dabei nicht sg sehr die Aufführung des Schnitzlerschen
Reigens, als Fielmehr das Pyfazig der Freheit jeglicher Kunstübung gegen¬
über wuc’ierisclert-paktéirefigföser ader par eipolitischer Vergewaltigung. Es
rechtfertigt sich deshalb das Unternehmen, diesen Kampf in allen seinen Pha¬
sen der Nachwelt zu überliefern, zumal seine vorbildlich unparteiische Leitung
und sein Ausgang der deutschen Justiz ein ehrenvolles Zeugnis ausstellen.
Für denjenigen, der den Prozeß miterlebt hat, ist es von hohem Reize, diese
vielstimmige Komödie im Buche noch einmal auf sich wirken zu lassen und
etwa nachzulesen, wie Don Quichote-Brunner, von Prof. Wittkowski über
Kant examiniert, glänzend durchfiel und wie sein hochtrabendes Sittlichkeits¬
geschwätz unter die ernsthaften Ausführungen erster Autoritäten eine heitere
Nuance trug. Der danze Prozeß war ja überreich an lustspielhaften Episoden,
und man sah Akteure in ihm sich produzieren, die unmittelbar auf die Bühne
hätten gebracht werden können, um dann ein homerisches Gelächter auszu
lösen —— so jener Zeuge, dem es die fixe Idee vom Bettstellenkarussel anger
tan hatte und der den klassischen Ausspruch tat: „Was einer für Unsinn hält,
hält ein anderer für große Kunst. Der eine hält die Form eines zusammen¬
gelaufenen Käses für eine große Kunstschöpfung, der andere für droßen Blöd.
sinn.“ Es will also scheinen, als habe dieser Zeuge einen zusamengelaufenen
Käse geredet. Weniger heiter, vielmehr das Peinliche streifend, war das Auf¬
treten mancher Belastungszeugen, die sich in augenfälligster Weise unter
ihren Eide selbst widersprachen. Ein Beispiel: der cand. med. Hochradel,
der weit mehr Selbstbewußtsein als Geistesklarhei# ur Schau trug, äußerte
zunächst, als unzüchtig habe er das Ordnen der le der durch den Soldaten
im ersten Bilde empfunden, er könne sich noch #eslimmt erinnern. Zwei
Seiten darauf sicht sich dieser Zeuge gezwungen, einzugestehen, der Eindruck
„könne in einem gewissen Grade auf Kombination beruhen.“ Es gibt der¬
gleichen „Ungenauigkeiten“ mehr auf den 4½ hundert Seiten zu finden, Sie
charakterisieren die Geistes- und Gemütsverfassung derjenigen, die sich als
Hüter des wahren Deutschtums und der Sittlichkeit allzugerne aufspielen.
Seinen besonderen Wert empfängt das Buch vom Reigenprozeß dadurch
daß hier Vertreter des geistigen Deutschlands zu Worte gekommen sind, die
sich in solcher Zahl selten vor einem Forum zusammenfinden dürften. Darum
ist diese Publikation gerade auch für den, der nicht Zuhörer war, von bleiben
dem Interesse. Sie bildet ein klassisches Dokument des Kulturkampfes für
jeden vorurteilslosen Deutschen.
SUBULK.
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Der Kampf um den Reigen.
Der Reigenprozeß, dessen sechstägige Verhandlung jetzt auf beinahe halb¬
tausend Seiten wortwörtlich fixiert vorliegt (Verlag Ernst Rowohit,
Berlin), wird fortleben in der deutschen Kulturgeschichte als ein großes, weit¬
hin sichtbares. Duell zwischen der Kuns“ und dem Banausentum. Gegenstand
dieses Kampfeswar „dabei nicht sg sehr die Aufführung des Schnitzlerschen
Reigens, als Fielmehr das Pyfazig der Freheit jeglicher Kunstübung gegen¬
über wuc’ierisclert-paktéirefigföser ader par eipolitischer Vergewaltigung. Es
rechtfertigt sich deshalb das Unternehmen, diesen Kampf in allen seinen Pha¬
sen der Nachwelt zu überliefern, zumal seine vorbildlich unparteiische Leitung
und sein Ausgang der deutschen Justiz ein ehrenvolles Zeugnis ausstellen.
Für denjenigen, der den Prozeß miterlebt hat, ist es von hohem Reize, diese
vielstimmige Komödie im Buche noch einmal auf sich wirken zu lassen und
etwa nachzulesen, wie Don Quichote-Brunner, von Prof. Wittkowski über
Kant examiniert, glänzend durchfiel und wie sein hochtrabendes Sittlichkeits¬
geschwätz unter die ernsthaften Ausführungen erster Autoritäten eine heitere
Nuance trug. Der danze Prozeß war ja überreich an lustspielhaften Episoden,
und man sah Akteure in ihm sich produzieren, die unmittelbar auf die Bühne
hätten gebracht werden können, um dann ein homerisches Gelächter auszu
lösen —— so jener Zeuge, dem es die fixe Idee vom Bettstellenkarussel anger
tan hatte und der den klassischen Ausspruch tat: „Was einer für Unsinn hält,
hält ein anderer für große Kunst. Der eine hält die Form eines zusammen¬
gelaufenen Käses für eine große Kunstschöpfung, der andere für droßen Blöd.
sinn.“ Es will also scheinen, als habe dieser Zeuge einen zusamengelaufenen
Käse geredet. Weniger heiter, vielmehr das Peinliche streifend, war das Auf¬
treten mancher Belastungszeugen, die sich in augenfälligster Weise unter
ihren Eide selbst widersprachen. Ein Beispiel: der cand. med. Hochradel,
der weit mehr Selbstbewußtsein als Geistesklarhei# ur Schau trug, äußerte
zunächst, als unzüchtig habe er das Ordnen der le der durch den Soldaten
im ersten Bilde empfunden, er könne sich noch #eslimmt erinnern. Zwei
Seiten darauf sicht sich dieser Zeuge gezwungen, einzugestehen, der Eindruck
„könne in einem gewissen Grade auf Kombination beruhen.“ Es gibt der¬
gleichen „Ungenauigkeiten“ mehr auf den 4½ hundert Seiten zu finden, Sie
charakterisieren die Geistes- und Gemütsverfassung derjenigen, die sich als
Hüter des wahren Deutschtums und der Sittlichkeit allzugerne aufspielen.
Seinen besonderen Wert empfängt das Buch vom Reigenprozeß dadurch
daß hier Vertreter des geistigen Deutschlands zu Worte gekommen sind, die
sich in solcher Zahl selten vor einem Forum zusammenfinden dürften. Darum
ist diese Publikation gerade auch für den, der nicht Zuhörer war, von bleiben
dem Interesse. Sie bildet ein klassisches Dokument des Kulturkampfes für
jeden vorurteilslosen Deutschen.
SUBULK.