II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 975

11. Reigen
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Moler Zaitunge. 40
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Kiel
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3 0 SEP. 1922
Scitzlers „Reigen“ als Buch freigegeben. Vor zirk¬
zwei Jahren von einer Spezialstrafkammer bei eine
Prüfung einer sehr großen Anzahl unzüchtiger Abbildunger
und Schriften unter anderem das Buch von Schnitzlert
„Reigen“ beschlagnahmt und verboten worden. Das in der
damaligen Verhandlung gesprochene und rechtskräftig gewordent
Urteil diente der Staatsanwaltschaft wiederholt dazu, um
Bücherexemplare des „Reigens“ inzwischen zu beschlagnahmen
So wurden erst kürzlich bei dem Verleger 135 Exemplart
konfisziert. Der Autor und der Verleger versuchten, eine Frei
gabe zu erlangen, wurden aber abgewieset.. Nunmehr hat der
Generalstaatsanwalt beim Kammergericht die Freigabe des
Buches angeordnet.
der.:
zu haben,
ionsverlage auf
behaupten Beide, daß sie
züchtig gehalten hätten und es aue
halten, umsomehr, als der Name des u#.
sehr guten Klang besitze, seine Erzählungen
ersten Buchhandlungen verkauft werden und
Schauspiele sogar an der Wiener Hofbühne a.
führt worden seien. Selbst gelesen hätten sie d.
Buch auch nicht, sondern nur Recensionen darüber,
und in denen habe Nichts gestanden, was sie hätte
auf den Gedanken bringen können, daß es sich hier
um unzüchtige Schilderungen handle. Während der
weiteren Verhandlung, in der das Buch zur Vor¬
lesung gelangt, wird die Oeffentlichkeit ausge¬
schlossen. Der Eine der beiden Angeklagten, Max
Ludwig Cyriacus, ist neulich wegen eines ähnlichen
— damals kam der Bilse=Roman „Aus
einer kleinen Garnison“ in Betracht;
zu einer Geldstrafe verurtheilt worden, die das
Dresdener Oberlandesgericht bestätigt hat. Mit den
Bilse=Roman hatte er seinerzeit vorzügliche Ge
schäfte gemacht. So waren im Jänner 1904 fü.
32.000 Mark Bilse=Bücher in Deutschland vertrieben
worden. Die Gebrüder Cyriacus wurden vor
der gegen sie erhobenen Anklage freige
sprochen, dagegen die Weiierverbreitung von
„Reigen“ für ganz Deutschland ver¬
boten. Gegen diese Verfügung ergriff der Be¬
sitzer des Wiener Verlages Herr Fritz Freund den
Recurs an das Leipziger Reichsgericht, vor dem die
neuerliche Verhandlung demnächst stattfindet.
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