II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 995

11.
Reigen
box 18/3
Schnitzlers „Reigen“ in München.
Telegem Nr „Montags=Zeitung“.
München, 23. Jänner.
Arthur Schnitzlers „Reigen“, dessen Urauf¬
führung in München durch den akabemischen dramati¬
schen Verein vor 20 Jahren mit der Auflösung des
Vereins durch den Senat geahndet wurde, welche Auf¬
führung die letzte nicht nur in München, sondern in
Deutschland und Oesterreich blieb, bis zur Berliner
Premiere, die vor einigen Wochen stattfand, ist gestern
im Münchener Schauspielhaus wieder aufgeführt wor¬
den. Ohne Widerspruch und ohne die er¬
warteten Störungen. Vorläufig wenigstens
und wahrscheinlich nur bis auf weiteres, da München
für derartige Erzeugnisse dramatischer Dichtkunst be¬
kanntlich ein gefährlicher Boden ist, wie dies beispeils¬
weise die Gegner von Wedekinds geistiger Muse
durch ihre Opposition gegen die Aufführung der „Büchse
der Pandora“ und viel mehr noch gegen „Schloß
Wetterstein“ bewiesen haben.
Schnitzlers „Reigen“ in Mänchen.“ Mstfer Münchner Mitarbeiter
schreidt uns Warte oure, was Gertrud Eysold gelang, Hermine Körner
unmöglich sein, warund, das Münchner Geschäft hinter dem Berüner
zurückstehen? Noch dazu wo gegen eine Aufführung im Körnerschen
Schauspielhaus weder eine hohe Musikschuldirektion noch ein ge¬
waltiger Konrad Hänisch Einspruch erheben konnte! Und die alldeutschen
und katholischen Kreise, deren Widerstand man gefürchtet hatte
Erstaufführung fand unter A##anz eiges ungewöhnlich starken Polizei¬
aufgebotes statt —, haben ansch#nd nach dem Wedekindrummel der
letzten Jahre ihren Kampf der H###üsselgund Schrillpfeifen gegen die
Bühne als zwecklos erkannt. Sie verhieltlei sich ruhig wie auch das
übrige Publikum mit einer gewissen Gleichgülkeit die zehn Dialoge
über sich ergehen ließ. Hermine Körner, die Re#fährte, hatte einen
diskreten Nahmen um die Schnißler-Resznisekschen Bilder gelegt, der
verdeckte, was man nur eben zu. Beruhigung der schwarzen und schwarz¬
weiß-rolen Gemüter verdecken k#nte Man svielte gut, allerdings mit
einer Neigung zum Brotesken die chnitzler fernllegt und Feinheiten

leicht zu Banalitäten werden läßt. D Damen Nicoletkt und Kolm er¬
liebten sich Beifall, die übrigen wurden, wir die Dichtung, ohne Erregung
Dr. F. G.
des — ach so neugierigen! — Pudüikums allsgenommen.
Neues von den Dresdner Bühnen. Am Mentag bringt die Dresdner
Oper Mraczeks neues Werk „Ikdar“ (Dichtung von Guldo Glück) zur
Uraufführung. Das Schauspielhaus hat mis Frau Steermann (zu¬
ab¬
letzt am Schauspielhaus in Leipzec) einen Gaelvertrag
geschlossen, um einen Ersaß für die verstorbene Frau ## zu erhalten.
Frau Steuermann wird zuerst ai Donnerstag als Isabella der Braut
von Messina“ auftreten.
Eine Kokoschka-Uraufführung. Die Urauffährung von Kokoschkas
„Orpheus und Eurydike (Buchausgabe bei Daul Cassirer
Arthur Schnitzlers Szenenfolge „Reigen“ hat nach einer Drahtmel¬
dung unseres Münchener Theater=Referenten bei der ErstaufführmiglAN 1971
am Münchener Schaufpfergans sicht ben erwarteten Theaterskandal
hervorgerufen, sondern ist von dem anfangs zurückhaltenden Publikum
günstig aufgenommen worden, ohne daß auch nur das leifeste
Zeichen von Widerspruch laut geworden wäre. Die Aufführung suchte
nicht ohne Glück den Vorzügen des Stückes gerecht zu werden.
Franz Hemer (Cello) und Hilde Hemer=Steinborff (Klavier) konzer¬
tierten im Kaufhaussaal. Man gewann den Einbruck, daß es sich urd
zwei mit hohem Ernst ans Werk gehende, reich begabte Musiker handelt.
Franz Hemers Cellospiel ist technisch von tadelloser Sauberkeit und auch
tonlich von hohem Reiz. Achten müßte er darauf, daß auch in schnellen
Läufen der Klang vorherrscht und das Geräusch des streichenden Bogens
nach Möglichkeit ganz zurücktritt. Sehr zu rühmen ist sein gelunder
Sinn für richtige Temponahme. Selten habe ich Haydns Konzert mit so
sonniger Behaglichkeit vorgetragen gehört. Hilde Hemer=Steindorff hat
seit ihrem letzten Auftreten mit schönem Erfolg an der Kultivierung ihres
Anschlags gearbeitet und ist setzt in der Lage, ihr musikalisches Empfin¬
hen dem Hörer ohne Einschränkung zu vermitteln. Sie war dem Cil¬
listen in Reethovens A=Dur=Sonats eine burchaus ebenbürtige Partnerin
und lieserte zu dem unverwüstlichen Hayhn=Konzert eins außewehentlich
klangschöne, rhythmisch sichere Begleitung
Dr. Abolf Aber.
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