11.
Reigen
box 18/3
„. —— —
Vier Tage später gab es im Residenztheater
eine Erstaufführung von Goldonis Komödie „Der
mpresario von Smyrna“ in der Verdeutschung
Avon Kurt Stieler, einem geschätztem Mitgliede unserer
Staatstheater. Aber ach! Mit dem Grafen Mikos möchte
man ausrufen: Ormer Goldoni! Wie haft du dir ver¬
ndert! Selbst wer nicht die köstlichen Schöpfungen dieses
Molière der Italiener in ihrer Ursprache kennt, wer nur
02
Die „Lorandiera“ — Goldoni schrieb gegen 150 Stück
—
In guter Uebersetzung gelesen hat, mußte erkennen, daß in
N
Der Stielerschen Uebertragung auch die letzte Spur des
Frickelnden Geistes ihres Schöpfers verloren ging! Daß
Pan endlich aus dem Lustspiel eine Posse mit allerlei
Mätzchen und Scherzchen machte, die ganz und gar nichts
it Goldoni zu tun hatten, gab dem Abend den
enickfang.
Mit tödlicher Sicherheit stand zu erwarten, daß Frau
ermine Körner in ihrem „Schauspielhaus
das
eispiel der Frau Eysold nachahmen und ebenfalls
Se#litzter— Reigen“ über die Bühue tanzen lassen werde.
Tchatte ste doch schon in der „Nacht der Jenny Lind
ge¬
zeigt, wie man derlei Dinge auf jene Bretter bringt
die
für Frau Körner offenbar die Halbwelt bedeuten.
ausverkaufte Haus nahm die ersten fünf Bilder
mit
eisigem Schweigen auf, nur wenn bei jenen Stellen,
die
im Buche beziehungsvoll gestrichelt sind, die Bühne
ver¬
dunkelt wurde, ging das Lachen und Hüsteln im Zu¬
schauerraume los. Dann klatschte man Beifall einem nach
langen Jahren wieder gewonnenen, früheren weiblichen
Mitglied des Schauspielhanses. Ich aber dachte mir: Wie
wenig Geist und Witz gehören doch dazu, um ein gro߬
städtisches Theaterpublikum 2½ Stunden hindurch mit
Unensändigleit zu anaseeilen.
J. St
Kagereun, wenn die Regierung
auf
ihrem Justament=Standpunkt beharren sollte.
Ein
rührendes Beispiel treuen Zusammenhaltens boten die
weiblichen Lehrkräfte an den noch immer nicht ver¬
staatlichten Erziehungsstätten unserer weiblichen Jugend.
Obwohl diese Aermsten mit Monatsgehalten sich ab¬
finden müssen, die an den Wochenlohn keines Arbeiters
heranreichen und höchstens in der Bezahlung der Ballett¬
damen ein bezeichnendes Gegenstück finden, wollten sie
doch nicht die Not der Staatslehrpersonen ihrem
größeren Elend zum Opfer bringen. So hätte denn
die Welt das Schauspiel erlebt, daß alle mittleren
und hohen Unterrichtsanstalten Oesterreichs ihren
Schülern hätten verkünden müssen, daß die Regierung
eines mitteleuropäischen Staates ihre Lehrer und Er¬
zieher zum Streik getrieben habe.
Es ist nicht dazu gekommen, zur Freude all
derer, die in der Jugend unsere Zukunft sehen und
wissen, daß ein Geschlecht herangezogen werden muß.
das dereinst berufen sein wird, den geschände¬
In Bureauartikeln, garbbändern, Zu¬
behören für Schreibmaschinen, Ver¬
vielfältigungs=Apparaten kulanteste
Bezugsquelle:
482
Gebrüder Farago
Wien, 5. Bez., Hamburgerstraße 8.
Telephon 1166 Stelle #.
Reigen
box 18/3
„. —— —
Vier Tage später gab es im Residenztheater
eine Erstaufführung von Goldonis Komödie „Der
mpresario von Smyrna“ in der Verdeutschung
Avon Kurt Stieler, einem geschätztem Mitgliede unserer
Staatstheater. Aber ach! Mit dem Grafen Mikos möchte
man ausrufen: Ormer Goldoni! Wie haft du dir ver¬
ndert! Selbst wer nicht die köstlichen Schöpfungen dieses
Molière der Italiener in ihrer Ursprache kennt, wer nur
02
Die „Lorandiera“ — Goldoni schrieb gegen 150 Stück
—
In guter Uebersetzung gelesen hat, mußte erkennen, daß in
N
Der Stielerschen Uebertragung auch die letzte Spur des
Frickelnden Geistes ihres Schöpfers verloren ging! Daß
Pan endlich aus dem Lustspiel eine Posse mit allerlei
Mätzchen und Scherzchen machte, die ganz und gar nichts
it Goldoni zu tun hatten, gab dem Abend den
enickfang.
Mit tödlicher Sicherheit stand zu erwarten, daß Frau
ermine Körner in ihrem „Schauspielhaus
das
eispiel der Frau Eysold nachahmen und ebenfalls
Se#litzter— Reigen“ über die Bühue tanzen lassen werde.
Tchatte ste doch schon in der „Nacht der Jenny Lind
ge¬
zeigt, wie man derlei Dinge auf jene Bretter bringt
die
für Frau Körner offenbar die Halbwelt bedeuten.
ausverkaufte Haus nahm die ersten fünf Bilder
mit
eisigem Schweigen auf, nur wenn bei jenen Stellen,
die
im Buche beziehungsvoll gestrichelt sind, die Bühne
ver¬
dunkelt wurde, ging das Lachen und Hüsteln im Zu¬
schauerraume los. Dann klatschte man Beifall einem nach
langen Jahren wieder gewonnenen, früheren weiblichen
Mitglied des Schauspielhanses. Ich aber dachte mir: Wie
wenig Geist und Witz gehören doch dazu, um ein gro߬
städtisches Theaterpublikum 2½ Stunden hindurch mit
Unensändigleit zu anaseeilen.
J. St
Kagereun, wenn die Regierung
auf
ihrem Justament=Standpunkt beharren sollte.
Ein
rührendes Beispiel treuen Zusammenhaltens boten die
weiblichen Lehrkräfte an den noch immer nicht ver¬
staatlichten Erziehungsstätten unserer weiblichen Jugend.
Obwohl diese Aermsten mit Monatsgehalten sich ab¬
finden müssen, die an den Wochenlohn keines Arbeiters
heranreichen und höchstens in der Bezahlung der Ballett¬
damen ein bezeichnendes Gegenstück finden, wollten sie
doch nicht die Not der Staatslehrpersonen ihrem
größeren Elend zum Opfer bringen. So hätte denn
die Welt das Schauspiel erlebt, daß alle mittleren
und hohen Unterrichtsanstalten Oesterreichs ihren
Schülern hätten verkünden müssen, daß die Regierung
eines mitteleuropäischen Staates ihre Lehrer und Er¬
zieher zum Streik getrieben habe.
Es ist nicht dazu gekommen, zur Freude all
derer, die in der Jugend unsere Zukunft sehen und
wissen, daß ein Geschlecht herangezogen werden muß.
das dereinst berufen sein wird, den geschände¬
In Bureauartikeln, garbbändern, Zu¬
behören für Schreibmaschinen, Ver¬
vielfältigungs=Apparaten kulanteste
Bezugsquelle:
482
Gebrüder Farago
Wien, 5. Bez., Hamburgerstraße 8.
Telephon 1166 Stelle #.