II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 1015

1
box 18/3
1Fen
NRJANIgN!
Reigen
Zehn Dialoge von Arthur Schnitzler.
Kleines Thaasen
Eine tatkräftige Hand hat mit geringen Mitteln aber gütem Ge¬
schmak dem kleinen Theaker in der Elsterstraße eine neue und gefällige
Form gegeben; wir wünschen der schicksals- und namenreichen Bühne,
ist
daß ihre neue Gestalt einige Dauer haben möge. Im äußeren Bud
durch Erweiterung der Kleiderablage und durch freundliche Draperien in
Orange ein Nahmen geschaffen, der Zuversicht weckt. Licht und Freude,
so verhieß Direktor Viehwag in einer kleinen Ansprache, sollen in
Auch glaubt
diesem Haufe walten. Man nahm es gern zur Kennknis.
man seinem Wort, daß in kürzester Zeit, in drängendster Arbeik (deren
Der
Firnis man noch roch) Tüchtiges geleistet worden war.
„Reigen“, so sagte Direktor Viehweg noch, sei kein Programm, aber er
sei immerhin von Schnißler. Erwarkungen, die diese zehn Dialoge für
die künftige Gestaltung des Spielplans wecken könnten, seien verfehlt
Die Frage, ob man Schnitzlers „Reigen“ spielen kann, ist äußerst
kompliziert und verworren. Sie ist es, weil die Empfindungen dem in
Jrage stehenden Problem gegenüber leider nicht naiv, sondern kom¬
pliziert und verworren sind. Mir persönlich erschwert weder der Ge¬
samteindruck der Aufführung, noch das sexuelle Thema die — positive
Entscheidung, höchstens macht mich die Frage stutzig: Warum spielt man
gerabe diese Dialoge, die niemals für die Bühne gedacht und geschrieben
worden sind? Tut man es, um unsere Empfindungen dem Geschlecht¬
lichen gegenüber freier und von edlerer Unbefangenheit zu machen, so
sage ich aus ganzem Herzen: Jagund Amen. Spielt man den Reigen
aber aus kühler Zweckmäßigkeitserwägung, die in der direktorialen
Sphäre ja nur zu begreiflich ist, so wird die Angelegenheit doch ein
wenig mißlich. Sie hörk aber wiederum auf, mißlich zu sein, weil der
Dichter (auf dessen Gesühle wir uns unbedingt verlassen dürfen) seine
Dialoge für die Bühne freigegeben hak.
Diese Dialoge „pokkiographische Skizzen“ zu nennen ist eine — Ver¬
kennung Die Ironie und Melancholie, die Bekrachtung der geschlecht
lichen Vorgänge mit einem heikeren, einem nassen Auge, die Stimmung
in die sie gelaucht sind, die heimliche Erkennknis menschlichen Wesens,
die aus ihnen lacht, heben den Reigen“ hoch über die Stefflichkeit, die
man mit „pornographisch“ bezeichnet. Gegen eine Auffassung, die im
Geschlechtsakt eine Unzuchtshandlung sieht, ist wohl nichts zu machen.
Ich fühle mich in einer fast hoffnungslosen Minderheit, wenn ich gegen¬
über dieser sehr verbreiteten Auffassung die meine — nicht etwa durch¬
zusetzen, sondern nur vorzubringen wage: es scheink mir doch immerhin
erstrebenswerk, dahin zu gelangen, im Geschlechtlichen nichts Un.
züchtiges, sondern etwas Notürliches und daruf Reines und Un¬
anfastbares zu erblicken, etwas, das da ist, wie Gewitter, Sommerregen
und Blükenfall. Wenn irgend etwas unzüchtigist, sehr ver¬
ehrter Herr Professor Volkelt, so ist es die menschliche Phan¬
tasie, der glauben gemacht wird, der Geschlechtsakt
sei etwas Unzüchtiges. Er ist nicht einmal unzüchtig zwischen
einer Dirne und einem Soldaten, unter der Einschränkung, daß ein
Dichter ihn gestaltet. Ist es nicht besser, man heiligt die Geschehnisse
dieser Sphäre (da sie nun einmal nicht wegzuleugnen sind), als daß man
erst
sie als verrucht hinstellt und so die Phantaste anreizt, sich mit ihnen
recht zu beschäftigen? Schnitzter hat ohne Scheu vor dem Stofflichen, dem
Stofflichen das Frivole genommen. Man skarrt doch nicht auf das, was ge¬
chiehk, wenn sich die Szene verdunkelt, sondern man lächelt darüber, wie
es sich jeweils dahin entwickelt. Gewiß, sehr verehrter Hert
Professor Volkelt, die Volksseele ist schwer zum Lächeln zu bringen: die
Voiksseele hält sich dumpf am Stofflichen; kut sie es aber nicht auch im
Kino und auch bei weniger „unzüchtigen" Theaterstücken? Ich bin nicht
bange um die Volksseele; sie hat einen guten Magen, und ich glaube,
daß sie den „Reigen nicht anders goutiert als einen heimlich und ver¬
logen sinnlichen Schundroman.
Versuchen wir doch, diese Dinge positiver zu sehen. Was wollte de.
Dichten des „Reigen“? „Nichtswürdige Unzuchks-Feinschmeckerei“ liefern?
Nicht doch. Er zeigte uns nur ein wahrhaftes Bild des Liebesspiels
in zehn Variationen; dieses Liebesspiel voll Brukalikät und Zarkbeit,
voll Verlogenheit und echter Empfindung, voll Sehnsucht nach der Lebens¬
teigerung im Rausch und voll Ernüchterung — nachher. Gewiß, er zeigt
uns nicht die kiefe Kraft der Liebe, der großen Leidenschaft, die über das
Erokische hinaus zur Menschenliebe wächst; dies war hier nicht sein
Thema; kleinste Bilder der flüchtigsten Liebe malte er nur, aber die mit
einer unverkennbacen Meisterschaft.
Der Reigen“ ist fast allgemein bekannt; dafür hat schon das Zensur¬
— und das ist schon
verbot gesorgt, von dem das Buch seit Erscheinen
über fünfundzwanzig Jahre her — verfolgt war. In den Mädchenschulen
ging es von Hand zu Hand; es wurde mit verteilten Rollen gelesen,
wobei nur der Mangel männlicher Partner als bedauerlicher Mißstand
empfunden ward. Ich stelle nur fest, um idealistischer wellfremder Selbst¬
täuschung dntgegenzukreten, ohne diese Dinge zu billigen. Vor Zensur
und Lex Heinze ist der „Reigen“ in Schutz zu nehmen, anderseils aber
auch Schnitzler vor dem „Reigen“; denn es ist ein Unrocht und Widersinn,
daß nun mit einem Male über zahlreiche deutsche Bühnen dieses Früh¬
werk des Dichkers geht, indes sein reiferes dramakisches Schaffen fast
unberücksichtigt bleibt.
Bis auf zwei — „musikalische — Entgleisungen und Geschmacklosig¬
keiten wurden die Dialoge, die Nobert Pirk in Szene gesekt hak, zart
und
und anmutig gesprochen und geschelt. Dirne und Soldak, Soldak
Stubenmädchen: hier fiel die Beskalität der männlichen Feschigkeit fast
noch zu milde aus. Karl Keßler war als Soldat von massiver Echt¬
heit. Lina Carstens charakleristerke die Dirne im ersten und letzten
Dialog mit diskreten Miteln. Hans Merkel (junger Herr), der in
der Szene mit dem Stubenmäschen (Käthe Franck-Witt) ausreichte, war
als Partner der jungen Frau zu weltmännisch kühl, viel zu wenig er¬
griffen von
Doerpe
wenig leich
all' den gr
frivol wirk
spiel im
tändige F#
sondern ein
Dichters
schwinden.
noch mustke
billige Gele
üßes Mä
dieser nun
Werthe
Trockenheit
nachher, u
gefahr) nach
Dichter) un
Steigerung
um so stärk
Maria Ko
pusselig, m
höre ich et
der ersten.
gewalten in
Dieser Gra
Philosopb.
zum Frühst
Ausnahme
Gesetze hat
ophen vom
den Milltä
finde ich
und großen
warket hab