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11. Reigen
Dialogperlen Verzicht leistete. Im übrigen benahm sich die Zu¬
chauerschar würdig, wie auch die Aufführung keinen Anlaß zu
n Krietern
Beanstandung bot.
moralischer
Die Notwendigkeit einer
zenischen Versinnlichung des „Reigen“ hat sie freilich nicht er¬
en lassen, daß es dazu
wiesen.
laus eine bedentsame
Wenn das, einen beachtenswert hohen und freien Standpunkt
gerabe zur rechten Zeit
einnehmende Urteil des Landaerichts III in Berlin die Auf¬
istrittenen Werke zum
ührung des „Reigen“ geradezu als eine „sittliche Tat“ bezeichnet,
ehrt hatte, und für das
o wäre jedenfalls die Nichtaufführung noch nicht als eine „un¬
rholfen zu haben. Es
ittliche Tat“ zu brandmarken. Mir scheint, obwohl der Dichter
elbst seine einstigen Bedenken gegen die Bühneninszenierung
gelegt, war man nicht
17
eines „Reigen“ zurückgestellt hat, daß seiner Dichtung mit einer
wiesen; bereits hat ja
Hervorzerrung an das grelle Licht der Rampe Unrecht geschieht.
hauanstalt, in der nicht
Die Aufführung kann sie nur vergröbern oder muß sie ab¬
et ist, eine Aufführung
schwächen, in beiden Fällen erhält man von ihr kein wahres und
gt, und wie verlautet,
reines Bild. Ob eine andere Inszenierung, eine schauspielerische
=Kleinkunst dienendes
Verkörperung durch allererste Kräfte diese Anschauung entkräften
tischen Duette vor. Wir
könnte, muß ich dahingestellt sein lassen. Dieses Bedenken gegen
=Aufführungen zu er¬
eine Aufführung hat mit der Moralität oder Unmoralität des
kann, darf den Ausflug
Werkes nichts zu tun. Der Vorwurf einer unsittlichen Tendenz
ten sich am Dienstag
kann den Dichter des „Reigen“ nicht treffen. Das Thema, das
guten Teil aus Gesell¬
er gewählt, ist gewiß heikel aenug: die Darstellung der rein im
rpark nicht vertraut ist.
Triebhaften bleibenden Liebe, die nur schamhaft hin und wieder
z lückenlos gefüllt, und
eine Maske höheren Bedürfnisses sich vorbindet oder sie auch keck
on der Bühne her und
wbegwirft. In zehn Paarungen, die ineinandergreifend wie die
ben, war groß. Denn,
Glieder einer Kette die ganze soziale Stufenleiter auf= und
wollen, glaube ich doch
niedersteigen und sich zuletzt zum Ringe zusammenschließen, führt
iberen Verbote und die
der Dichter das Komödiensviel der Geschlechtslust vor, den be¬
en geweckte Sensations¬
wußten und unbewußten Betrug und Selbstbetrug, die Sinn¬
an diesem abendlichen
lichkeit und Eroberungslust des werbenden Mannes, der nach dem
t. Aber sollte es nicht
Genuß mühsam seine Ernüchterung verbirgt, oder sie auch brutal
ch dem Genuß zu Mute
offenbart, die mit gespielter und wirklicher Scham sich deckende
rschen Dialoge nach der
Lüsternheit und Neugier des fallbereiten Weibes. Das ist mit
sich = Reihe, die das
all jener unnachahmlichen Feinheit und Anmut, mit jener
So viel Lärm vorher
Transparenz der Worte, mit einer erstaunlichen, alles erschöpfen¬
ruhig verlief die Auf¬
den Knappheit, kurz mit jener Meisterschaft gestaltet, die num
fnung gekommen war,
Schnitzler eigen ist. Ein ironischer Betrachter und Durchschauer
erung der Unternehmer
wird zum Enthüller und damit zum — keineswegs pharisäischen
n die Eintrittskarte auf¬
Richter menschlicher Kläglichkeit: und diese unbarmherzige und
ing gegenüber keines¬
dabei humoristisch versöhnliche Beleuchtung trüber Irdischkeit aus
t noch Jubel wurde ent¬
dem Geiste eines ihre niederziebende Macht kennenden und ohne
ütigkeit, jedenfalls mit
Selbstüberhebung überlegen auf sie niederschauenden Dichters,
blikum diese Schnitzler¬
sowie die formende Kraft einer Künstlerhand sind es, die den ge¬
wenn es die Hände
wählten Stoff, der gemeinem Sinne und plumper Handwerkerei
tgeduld wegen der Ver¬
zu pornographischem Erzeuanis gedient hätte, rechtfertigen und
de über belebende, nicht
adeln. Das konnte auch die Aufführung im Bürgerparksaale zu
ke Nuancen Ausdruck zu
Krietern nicht verwischen, in dem die Vorbedingungen für eine
n den zehn Szenen noch
iungemäße und stimmungsvolle Inszenierung der Intimität des
das wichtigste und zu¬
Raumes verlangenden Dichtuna fehlten. Ein reines Wollen war
: das Bett. Sei es, daß
wohl erkennbar, dem aber die vorhandenen Mittel und Kräfte
keiben wollte, sei es, daß
nicht entsprachen. Daß man in allen Szenen — mit Ausnahme
etzt fühlte, es brach ein¬
der ersten, die eine den Schauplatz klar bezeichnende dekorative
dem Akte fallenden Vor¬
Ausstattung erhalten hatte — den aleichen Vorhang als Hinter¬
en
— und hier war es,
grund benutzte, war wohl durch ökonomische Gründe sowie
s sich in stürmischer Be¬
durch die Notwendigkeit einer raschen Szenenfolge geboten, ver¬
snützung einer so will¬
schuldete aber eine Einförmigkeit des Eindrucks, über den nur
i einige Schnitzlersche
eine um so tiefer den Reichtum der Dialoge und den Gehalt jeder
Situation erschöpfende Darstellung hätte hinweghelfen können.
erforderliche
bei aller aebotenen Vorsicht —
Intensität, Spannkraft und vielsagende feine Abtönung des
Ausbrucks, die notwendige Verdichtung der Stimmungs¬
atmosphäte brachte man nicht auf, und so gingen die meisten
Szenen eindrucksschwach vorüber. Unzulänglich waren ins¬
besondere Elisabeth von Trachten, die als junge Frau bei
allem Komödianteneiser nur an der Oberfläche blieb, und Fredy
Barten, der als Ehemann von einer Schnitzler arg dis¬
kreditierenden Trockenheit und Lanaweiligkeit war. Marianne
Topony mimte an Stelle der angekündigten Maria Neukirchen.
ie liebesdurstige Schausvielerin mit allzu einseitiger Nachdrück¬
lichkeit, und auch der für Hans Eggerth eingetretene Max
Die über¬
Sulzer blieb dem „Dichter“ einiges schuldig.
wältigende Komik der Szenen, in deuen die Theaterprinzessin
ich erotisch auslebt, kam jedenfalls nicht heraus. Besser stand es
um die letzte Szene zwischen dem Grafen und der Dirne, die von
Karl Morvilius und Elvira Bach=Clemens mit seinem
Takt zu guter Wirkung gebracht wurde. Bessie Scarra als
Stubenmädchen und Hedy Ries = Sulzer als „süßes Mädel“
konnie man sich gefallen lassen. Für die Spielleitung zeichnete
Fritz Kampers, der auch die Rolle des Soldaten übernommen
hatte und ohne Kraßheit durchführte, verantwortlich. Wer aber
Schnitzlers „Reigen“ unverfälscht genießen will, der möge auch
einer besseren Aufführung, als der hier besprochenen, die Lektüre
Wa.
des Buches das jetzt ja jedem zugänglich ist, vorziehen.
11. Reigen
Dialogperlen Verzicht leistete. Im übrigen benahm sich die Zu¬
chauerschar würdig, wie auch die Aufführung keinen Anlaß zu
n Krietern
Beanstandung bot.
moralischer
Die Notwendigkeit einer
zenischen Versinnlichung des „Reigen“ hat sie freilich nicht er¬
en lassen, daß es dazu
wiesen.
laus eine bedentsame
Wenn das, einen beachtenswert hohen und freien Standpunkt
gerabe zur rechten Zeit
einnehmende Urteil des Landaerichts III in Berlin die Auf¬
istrittenen Werke zum
ührung des „Reigen“ geradezu als eine „sittliche Tat“ bezeichnet,
ehrt hatte, und für das
o wäre jedenfalls die Nichtaufführung noch nicht als eine „un¬
rholfen zu haben. Es
ittliche Tat“ zu brandmarken. Mir scheint, obwohl der Dichter
elbst seine einstigen Bedenken gegen die Bühneninszenierung
gelegt, war man nicht
17
eines „Reigen“ zurückgestellt hat, daß seiner Dichtung mit einer
wiesen; bereits hat ja
Hervorzerrung an das grelle Licht der Rampe Unrecht geschieht.
hauanstalt, in der nicht
Die Aufführung kann sie nur vergröbern oder muß sie ab¬
et ist, eine Aufführung
schwächen, in beiden Fällen erhält man von ihr kein wahres und
gt, und wie verlautet,
reines Bild. Ob eine andere Inszenierung, eine schauspielerische
=Kleinkunst dienendes
Verkörperung durch allererste Kräfte diese Anschauung entkräften
tischen Duette vor. Wir
könnte, muß ich dahingestellt sein lassen. Dieses Bedenken gegen
=Aufführungen zu er¬
eine Aufführung hat mit der Moralität oder Unmoralität des
kann, darf den Ausflug
Werkes nichts zu tun. Der Vorwurf einer unsittlichen Tendenz
ten sich am Dienstag
kann den Dichter des „Reigen“ nicht treffen. Das Thema, das
guten Teil aus Gesell¬
er gewählt, ist gewiß heikel aenug: die Darstellung der rein im
rpark nicht vertraut ist.
Triebhaften bleibenden Liebe, die nur schamhaft hin und wieder
z lückenlos gefüllt, und
eine Maske höheren Bedürfnisses sich vorbindet oder sie auch keck
on der Bühne her und
wbegwirft. In zehn Paarungen, die ineinandergreifend wie die
ben, war groß. Denn,
Glieder einer Kette die ganze soziale Stufenleiter auf= und
wollen, glaube ich doch
niedersteigen und sich zuletzt zum Ringe zusammenschließen, führt
iberen Verbote und die
der Dichter das Komödiensviel der Geschlechtslust vor, den be¬
en geweckte Sensations¬
wußten und unbewußten Betrug und Selbstbetrug, die Sinn¬
an diesem abendlichen
lichkeit und Eroberungslust des werbenden Mannes, der nach dem
t. Aber sollte es nicht
Genuß mühsam seine Ernüchterung verbirgt, oder sie auch brutal
ch dem Genuß zu Mute
offenbart, die mit gespielter und wirklicher Scham sich deckende
rschen Dialoge nach der
Lüsternheit und Neugier des fallbereiten Weibes. Das ist mit
sich = Reihe, die das
all jener unnachahmlichen Feinheit und Anmut, mit jener
So viel Lärm vorher
Transparenz der Worte, mit einer erstaunlichen, alles erschöpfen¬
ruhig verlief die Auf¬
den Knappheit, kurz mit jener Meisterschaft gestaltet, die num
fnung gekommen war,
Schnitzler eigen ist. Ein ironischer Betrachter und Durchschauer
erung der Unternehmer
wird zum Enthüller und damit zum — keineswegs pharisäischen
n die Eintrittskarte auf¬
Richter menschlicher Kläglichkeit: und diese unbarmherzige und
ing gegenüber keines¬
dabei humoristisch versöhnliche Beleuchtung trüber Irdischkeit aus
t noch Jubel wurde ent¬
dem Geiste eines ihre niederziebende Macht kennenden und ohne
ütigkeit, jedenfalls mit
Selbstüberhebung überlegen auf sie niederschauenden Dichters,
blikum diese Schnitzler¬
sowie die formende Kraft einer Künstlerhand sind es, die den ge¬
wenn es die Hände
wählten Stoff, der gemeinem Sinne und plumper Handwerkerei
tgeduld wegen der Ver¬
zu pornographischem Erzeuanis gedient hätte, rechtfertigen und
de über belebende, nicht
adeln. Das konnte auch die Aufführung im Bürgerparksaale zu
ke Nuancen Ausdruck zu
Krietern nicht verwischen, in dem die Vorbedingungen für eine
n den zehn Szenen noch
iungemäße und stimmungsvolle Inszenierung der Intimität des
das wichtigste und zu¬
Raumes verlangenden Dichtuna fehlten. Ein reines Wollen war
: das Bett. Sei es, daß
wohl erkennbar, dem aber die vorhandenen Mittel und Kräfte
keiben wollte, sei es, daß
nicht entsprachen. Daß man in allen Szenen — mit Ausnahme
etzt fühlte, es brach ein¬
der ersten, die eine den Schauplatz klar bezeichnende dekorative
dem Akte fallenden Vor¬
Ausstattung erhalten hatte — den aleichen Vorhang als Hinter¬
en
— und hier war es,
grund benutzte, war wohl durch ökonomische Gründe sowie
s sich in stürmischer Be¬
durch die Notwendigkeit einer raschen Szenenfolge geboten, ver¬
snützung einer so will¬
schuldete aber eine Einförmigkeit des Eindrucks, über den nur
i einige Schnitzlersche
eine um so tiefer den Reichtum der Dialoge und den Gehalt jeder
Situation erschöpfende Darstellung hätte hinweghelfen können.
erforderliche
bei aller aebotenen Vorsicht —
Intensität, Spannkraft und vielsagende feine Abtönung des
Ausbrucks, die notwendige Verdichtung der Stimmungs¬
atmosphäte brachte man nicht auf, und so gingen die meisten
Szenen eindrucksschwach vorüber. Unzulänglich waren ins¬
besondere Elisabeth von Trachten, die als junge Frau bei
allem Komödianteneiser nur an der Oberfläche blieb, und Fredy
Barten, der als Ehemann von einer Schnitzler arg dis¬
kreditierenden Trockenheit und Lanaweiligkeit war. Marianne
Topony mimte an Stelle der angekündigten Maria Neukirchen.
ie liebesdurstige Schausvielerin mit allzu einseitiger Nachdrück¬
lichkeit, und auch der für Hans Eggerth eingetretene Max
Die über¬
Sulzer blieb dem „Dichter“ einiges schuldig.
wältigende Komik der Szenen, in deuen die Theaterprinzessin
ich erotisch auslebt, kam jedenfalls nicht heraus. Besser stand es
um die letzte Szene zwischen dem Grafen und der Dirne, die von
Karl Morvilius und Elvira Bach=Clemens mit seinem
Takt zu guter Wirkung gebracht wurde. Bessie Scarra als
Stubenmädchen und Hedy Ries = Sulzer als „süßes Mädel“
konnie man sich gefallen lassen. Für die Spielleitung zeichnete
Fritz Kampers, der auch die Rolle des Soldaten übernommen
hatte und ohne Kraßheit durchführte, verantwortlich. Wer aber
Schnitzlers „Reigen“ unverfälscht genießen will, der möge auch
einer besseren Aufführung, als der hier besprochenen, die Lektüre
Wa.
des Buches das jetzt ja jedem zugänglich ist, vorziehen.