II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 1092

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Reigen
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AuszUGE AUS GUTACHTEN:
Aus dem Gutachten des Sachverständigen des „Deutschen Bühnen-Vereins“,
Herrn Professor Alfred Klaar:
Die Aufführung, die sich an die äußere und innere Vorschrift des Dichters
hielt, das Geistige in den Vordergrund rückte und das Rohstoffliche nur
als Anlaß der Charakterstudien andeutete, war frei von allen erotischen
Ausschreitungen, die das Schamgefühl reifer Menschen verletzen könnten
und hielt sich, was die intime Annäherung zwischen Mann und Weib an¬
langt, in den für viele dramatische Motive unerläßlichen, auf der Bühne
längst eingebürgerten Darstellungsformen, die keinerlei Anstoß erregen.
Was aber die geistige Wirkung der Dialoge anlangt, so zeigte die Auf¬
führung auf das Deutlichste, daß die Dichtung Schnitzlers von der Tendenz,
das Laster verführerisch darzustellen, vollkommen freizusprechen ist. Im
Gegenteil: Die geistreiche Satire zielt darauf ab, den flüchtigen Rausch
der Genußgier sowie den Selbstbetrug und die Heuchelei, die rein sinnliche
Begehrungen mit falscher Sentimentalität und erlogener Vornehmheit um¬
kleiden, dem Gelächter und Geringschätzung preiszugeben.
Aus dem Gutachten des Sachverst,Wligen der „Genossenschaft deutscher
Bühnen-Angehöriger“, Herrn Emil Lind:
Was aber noch an gefährlichem Reiz im Buch enthalten sein mag,
hat die Aufführung des „Reigen“ vollends entfernt. Es ist eine fast
überdezente Darstellung, bei der sowohl in der Sprache, wie auch in
Mimik und Geste jedes Unterstreichen vermieden ist. Die kurzen Unter¬
brechungen der Szenen wirken wie gewöhnliche Zwischenakte; die Liebes¬
szenen sind in vielen anderen Stücken weit realistischer gespielt worden,
ohne Anstoß zu erregen, auch wenn sie in dichterisch leeren Werken
vorkamen. Ja, man kann sagen, daß zu Gunsten der Diskretion nicht
nur auf grobsinnliche, sondern sogar auf künstlerische Effekte verzichtet
wurde. Auf Grund meiner mehr als fünfundzwanzigjährigen Tätigkeit an
den ersten Bühnen Deutschlands komme ich nach bestem Wissen und
Gewissen zum Schlusse, daß an dieser Aufführung unmöglich „Anstoß“
nehmen kann, wer natürliche Dinge mit geraden Augen ohne Pharisäer¬
blick betrachtet. Wollte man den Maßstab echter oder falscher Moral¬
fexen an die Literatur legen, müßte ein großer Teil der besten Dichtwerke
und schliebllich auch die Bibel verboten werden.
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