II, Theaterstücke 11, (Reigen, 0), Reigen. Zehn Dialoge, Seite 1103

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Reigen
iaen, 1
uemare, Mürde er ihn ohrfeigen. Dabel hatn der
so schwer Angegriffene weiter nichts getan, als von seinem
Recht als Abgeordneter Gebrauch zu machen. Wie lange
soll es noch dauern, daß die Kommunisten, die dem Parla¬
ment den Tod geschworen haben und ganz offen zugeben.
daß sie das parlamentarische Regime vernichten wollen, die
vom Vertrauen des Volkes getragene Mehrheit sabotieren?
Es dürfte an der Zeit sein, daß der Präsident endlich die
ihm durch die Neuregelung der Geschäftsordnung gegebenen
erweiterten Disziplinbefugnisse auch kräftig nützt. Geht
das Treiben so weiter, so werden wir um erneute Ver¬
schärfung bezw. um einen weiteren Ausbau der Diszivli¬
nargewalt und der Exekutive nicht herumkommen. Das
Haus überwies schließlich die Anträge auf Errichtung
einer Bannmeile und auf Revision der Bestimmungen
über den Waffengebrauch der Polizei der Ausschußberatung
und setzte sodann seine kirchenpolitische Debatte
im Rahmen der Weiterberatung der Bestätigungsgesetze
über neue kirchliche Bestimmungen, die das Kirchenregi¬
ment im. Bezirk Wiesbaden, der Provinz Hannover und
Frankfurt a. M. infolge der Umwälzung der Staatsver¬
fassung neu reueln. fort.
Die drei Gesetze wurden gegen die Stimmen der sozi¬
zur
alistischen Parteien angenommen. Der Entwurf
Ueberleitung des Rechtszustandes im oberschlesischen
Abstimmungsgebiet, der das Ministerium ermäch¬
tigt, im Verwaltungswege nach dem Uebergang für die
deutschen#eile die nötigen Anordnungen zu erlassen,
wurdgn erster und zwiter Lesung angenommen. Der
Arthur Schnißler: „Reigen“.
Schauburg (Viktoriatheater).
Wenn man vor ein paar Monaten der „Reigen"=
fführung in Krietern nur mißtrauisch nahte und sich
nachher seine heftige Gereiztheit über eine böse Kompro¬
mittierung des Dichters Schnitzler nicht gerade sanft von
der Seele schrieb, so ist von der Aufführung in der Schau¬
burg durchaus als von einer künstlerischen Tatsache zu
sprechen. Das gastierende Ensemble von zumeist Ber¬
liner Darstellern zeigt überall Niveau, die Regie des
Herrn Hubert Reusch ist nicht nur um löbliche Dis¬
kretion, sondern auch um Atmosphäre der Szene, um
Klangfarbe der Dialoge, um Geschlossenheit der künstle¬
rischen Wirkung mit Erfolg bemüht, die Bühne päsentiert
sich reiz= und geschmackvoll, der Rahmen ist von be¬
sonderer (freilich im einzelnen irrender) Festlichkeit. So
hemmt nichts den delikaten Zauber dieses witzigen Ringel¬
spiels um die mancherlei Melancholien, Drolerien, Töl¬
peleien des Liebeserlebnisses, welches unter verräterisch
schillernden Worthülsen einem lächelnd verstehenden und
unerbittlich desillusionierenden Blick den armseligen
menschlichen Kern preisgibt. Hemmt den Zauber nichts
als die Tatsache, daß diese Szenen ursprünglich gar nicht
für die Bühne gedacht waren. Manche leisere Besinnlich¬
keit verpuffte, und die huschende Leichtigkeit und Be¬
hendigkeit der Dialoge wird an der Kompaktheit der
Bühne immer ein bißchen Schaden nehmen. Erstaunlich
bleibt dennoch, wie diese zehn Variationen desselben
Themas szenisches Leben gewinnen und auch als Bühnen¬
gestalt fesseln, wie dieser witzige Liebes=Kreislauf ohne
eigentliche dramatische Spannkraft doch dramatische Be¬
wegtheit hat, wie die lose Folge zusammengefaßt und vor¬
wärts treibend akzentuiert ist. Der „Reigen“ zählt zu
Schnitzlers Bestem. Und es gehört schon einige Um= und
Abwegigkeit dazu, hier „Anstoß“ zu nehmen.
Ein reizender Theaterabend von liebenswürdiger
und nachbenklicher Heiterkeit. Besonders Gutes kam von
Die schöne Sybill Smolowa gibt die
den Frauen.
tunge Frau mit entzückend naiv=verspielter Raffiniert¬
heit und neugteriger Koketterie in Stimme und Gesicht
Poldi
im Hin und Her entdeckungsfreudiger Unrast.
Müller als süßes Mädel ist von waschechtestem Wiener¬
tum, das sich zu humorvoller und frischer darstellerischer
Bewegtheit löst. Sehr amüsant und schmissig, ohne nahe¬
liegende Vergröberungen legt Jutta Versen das ge¬
mütvolle Pathos der Schauspielerin hin und die Damen
Dlea Zuchs und Trude Norgard siedeln Dirne und
uien Zer
A.
K 1l

Zugrundelegung kaufmänntscher worftcts
gender Richtlinien wahrzunehmen: Bei
rung Aater
vunkte unterzogen und hierzu besondere Persönlichkeiten
haben sie sich von dem Bestreben leiten
der erforder
bestellt werden, welche die Durchführung
Pflichtbewußtsein und die Arbeitsfreudig
lichen Maßnahmen gewährleisten.
amten durch Pflege des Einvernehmens
ausschließlich
Während Berlin in seinen Anträgen
und des Vertrauens zwischen ihnen und
wirtschaftspolitische Fragen behandelt, hat Leipzig eine
vorgesetzten zu heben und an der Erhalt
Anzahl Anträge eingebracht, die sich mit steuervoli¬
verlässigen, pflichttreuen Beamtentums mit
tischen Fragen befassen, insbesondere mit der Ein¬
§ 31 lautet: Die Befugnisse der wirtsch
führung eines inländischen Zwangskurses und der Aus¬
Selbst der Laie
einigungen der Beamten zur Vertretung
gabe von Hartaeld mit Friedenskurs.
wird aber auf den ersten Blick erkennen, daß die gewalt¬
ihrer Mitglieder werden durch dieses Gesetz
same Zurückführung zur „Goldwährung ohne eine große,
sagen wir „Befreiungsanleihe“ sowie ohne ein große uns
Handelsfragen in Gen
gewährte Atempause in den Reparationszahlungen nicht
durchzuführen ist. Wie das deutsche Wirtschaftsleben auf
Telegraphische Meldun
den Kurssturz des Dollars von nahezu 300 auf den Frie¬
Genua, 6. Mai. Die dritte Kommissic
denskurs reagieren wird um das vorauszusehen, müßte
und Handelsfragen
schafts¬
man die Phantasie eines Thomas Morus oder Campanella
gestrigen Nachmittagssitzung alle von der
haben. Wie dem auch sei, das deutsche Wirtschaftsleben hat
kommission vorgelegten Beschlüsse angenon
allen Anlaß, der kommenden Tagung mit dem größten
Staaten haben die Vorbehalte, die sie schon
Interesse entgegenzusehen.
kommission gemacht haben, wiederholt. B
ist hierbei ein Vorbehalt Deutschland
Das russische Wirtschaftsprogramm.
lands dagegen, daß der Völkerbund
Enqueten beauftragt werden soll. Zur Fre
Telegraphische Meldung.
begünstigung wurde ausdrücklich festgestellt
Genua, 6. Mai. „Lavoro“ meldet, der russische Dele¬
sprechenden Beschlüsse der Kommissionen
gierte Rakowski hat dem Präsidenten der Finanz¬
Zusammenschlüssen, insbesondere Zollunion
kommission eine lange Denkschrift überreicht, in der
greifen sollen. Die Beschlüsse der Konferenz
er die der Unterkommission für Kreditfragen über
mehr in der nächsten Woche bei einer Vollsi
die wirtschaftliche und finanzielle Lage Rußlands gegebene
ferenz zur endgültigen Entschließung vor
Darstellung ergänzt. Die Denkschrift verzeichne vor allem
Vortragsabend.
Stubenmädchen in den zuständigen Sphären glaubhaft an.
Die Breslauer Theatergemeinde des
Auf der männlichen Seite ist Herr Gustav Heppner
bundes gewann Dr. Friedrich Castelle
zuerst zu nennen, dessen Graf von verblüffender Dichtig¬
Vortragsabenden, an denen er deutsch
keit der Typisierung und famoser stiller Witzigkeit ist
balladen zu Gehör bringt. Am Donners
(wenn auch sein Profil nicht gerade nach einem Grafen
ihn im Mozart=Saal der Hermannloge. Frau
ausschaut). Herr Mikulski ist als Dichter in der Er¬
meist Zeitkunst, sie kündet Leben und Be
scheinung etwas deplaziert, bringt aber durch dar¬
Weltempfinden. Die Vortragsfolge brachte
stellerische Routine darüber hinweg. Herr Tautz, sehr
Agnes Miegel, Lulu v. Strauß und Torne
lustig als nur ratenweise lustiger Ehemann, die Herren
v. Handel=Mazetti. Der Vortragende gab
Tilo und Horn beschließen den Reigen.
leitung Aufschluß über Frauendichtung und
Die Begleitmusik des vielseitigen Forster=Lar¬
Hörerschaft den Dichterinnen des Abends z
rinaga tut an stimmungsvoller Melancholie ein wenig
wenn er schon ein Künder weiblicher Kun
des Guten zu viel, schafft aber eine sympathisch
dankenswert. Er brachte Miegels feine, int
distanzierende Untermalung der Vorgänge. Das Publi¬
von der reichen, vegetativen Art J. P. Jacol
kum gab sich den mancherlei Reizen des Abends wider¬
volkstümliche Wirkung der v. Strauß und
p. T—1.
spruchslos hin.
Balladen, ebenso fein und abgetönt, wie die
Tanzabend.
findung der Sprache Handel=Mazettis zu G
Tanzabend? Nein, Fräulein Ellen Larenc,
besitzt eine Stimme, die eine Fülle an Ausdr
dieses gänzliche Verkennen von den elementarsten Grund¬
hat, in der das Mitempfinden empfindung
gesetzen der Kunst Terpsichorens, das Sie einem sehr ge¬
klingt. Seine Sprache ist klar und schön, hat
duldigen Publikum boten, hat mit Tanz nicht das geringste
und wieder dialektische Färbung. Diese Färb
zu tun. Der Name Larène ist so schön, man kann eine
nicht. Sie wirkt suggestiv auf den Hörer.
„Königin“ des Tanzes vermuten oder (ebenfalls klanglich
natürlich!) eine Künstlerin, die diese Kunst im „Zügel
Mongolenschlacht=Festspiele in Wahlstatt.
hält, aber nichts davon erfüllte sich. Welche Unbeholfen¬
wird uns geschrieben: Von den sanfte
hit
heit, dieser „Walzer“ von Gounod, welches gänzliche Mi߬
östlich von Liegnitz blicken die beiden Türme
Griegs
in
Stimmungsprofilierung
versteben von
Klosters zu Wahlstatt weit ins schlesische
„Morgenstimmung"! Und auch hier diese Unmöglichkeit
Hier ist die Stätte, wo vor langen Zeiten, am
der Linienführung. Wie kann man ein derartig weich
Herzog Heinrich von Liegnitz, mit seiner m
fließendes Gewand von so hauchzarter Farbe mit einer
schlesischer Ritter und Beraknavven die mor
so unerhört stilwidrigen „Amphore“ aus seiner Eigen¬
aufhielt, die damals ganz Mitteleurova zu ü
Das Gleiche gilt von dem
drohten wie es lange vor ihnen die Hunnen
bewegung herausreißen?
bi
Als „Mongolenschlacht bei Wahlstatt“ hat
Vierrotkostüm, dessen bunte Bänder — ausgerechnet an
eine dauernde Stätte in der deutschen Geschi
den Schenkeln und Füßen — die Form zur Geschmack¬
Herzog Heinrich starb den Helbentod, seinen
losigkeit verzerrten. Zu diesen verfehlten Außendingen
Kopf warfen die Mongolen in den benacht
kommt eine Unschulung in choreographischen Dingen, die
witzer See, auf dessem Grunde er der Sa
in ihrer Naivität rührend ist. Fräulein Larêne war wohl
noch liegen soll. Die Schlacht nahm auch
über die geographische Lage Breslaus unorientiert, sonst
deutschen Helden nicht eben erfreulichen Ver
könnte man nicht den Mut oder Uebermut verstehen, daß
wurde in Sicht des für damalige Verhältn
um einen
sie es wagt, an der Stelle zu tanzen. die —
stark befestiaten Liegnitz geschlagen, vor de
Namen zu nennen — eine Mary Wigman geweibt hat.
Mongolen solchen Respekt bekamen, daß
Zwischen diesen Darbietungen klavierteilte ein Fräulein
nach Osten zurückzogen. Zur Erinnerung da
Olga Mav die durch ihr Spiel sichtlich erheiterte Zu¬
Fahrhunderten nach Ostern in Wahlstatt
sonntag“ gefeiert, ein Volksfest, das von
hörerschaft. Was dieser Tastenunerfahrenen an tech¬
stets lebhaften Zustrom hat. Jetzt hat sich
nischen Fähigkeiten abgeht, ersetzt sie durch einen die Ge¬
gebildet, der in dem Wäldchen zwischen
duld aufs höchste reizenden Mangel an Auffassung. Das
Janis ein Festspiel aufführen will.
Breslauer Publikum bat ein Recht, sich berartige Unter¬
nehmungen aufs energischste zu verbitten. Dr. R. C. M. Mongolenschlacht" und ist von Kourab