11. Reigen
box 19/2
Bühnenlebens führen konnte. Diese
meine Auffassung hat sich durch die
Aufführung des & Reigens 2 durchaus
bestätigt gesehen. Schnitsler in franzö¬
sischer Sprache ist letsten Endes doch
nichts weiter als & Bouievardtheater .
ziemlich üblichen Ranges, und denn im
Zuschauerraume während dieser jüng¬
sten Premiere das Wort fiel, dass die
Perke Alerandre Dumas' der heutigen
Zeit wbesentlich näher ständen als diese
Schnitslerschen Geistreicheleien, so teile
ich diese Ansicht durchaus. Ich bin da¬
her auch im Grunde der Ansicht, dass
ein berufener Apantgardebühnenleiter
wie Georges Pitoëff zeichtigere Sendun¬
gen zu erfüllen hat als die Aufwärmung
dieser veralteten Wiener Liebschaftsan¬
gelegenkeiten. Mit dieser Feststellung
soll gegen den rein ssenischen Werte sei¬
ner einfallsreichen Einstudierung, die
sich in zum Teil geradezu besaubernden
Bühnenbildern abwickelte, kein negati¬
pes Urteil gefällt werden.
Im Mittelpunkte der Aufführung
selbst stand Ludmilla Pitoëff, die sich
die schwierige Aufgabe gestellt hatte,
sämtliche Frauenvollen der Schnitsler¬
schen Ssenenfolge zu verkörpern. Vor
einigen Jahren hatte Falconetti die glei¬
che Absicht angekündigt, die durch das
vorschnelle Ende ihrer Direktorinnentä¬
tigkeit nicht zur Realisation gelangt zear.]
t3 der ausserordentlichen
Es pinse, Trot
Einfühlungs und Wandlungsfähigkeit,
die eine hervorrägende Schauspielerin
uns hier neiederum bereiesen hat, gans
offen gesagt werden, dass der & Rei¬
gend eine derartige weibliche Personai¬
union in keiner Weise verträgt, dass sie
zielmehr absolut gegen den Sinn dieser
Schnitslerschen Dichtung verstösst. Die
* Damen; des Schnitalerschen & Rei¬
gens2 sind in keiner Hinsicht verschie¬
dene Inkarnationen eines ereigen Weib¬
lichkeitsbegriffes, und daher verrät der
Versuch, sie durch die gleiche Interpre¬
tin verkörpern zu lassen, eine — durch
Pitoëff sicherlich unbeabsichtigte
Tendens zum Starwesen auf der Bühne,
das dem Wesen fortschrittlicher und
künstlerischer Bühnenführung grund¬
sätslich zeiderspricht.
Ich habe es im vorigen Jahre als eines
der grössten Verdienste Pitoëffs be¬
zeichnet, uns in Jean Riveyre einen Der¬
steller besonderen Formates vorgestellt
zu haben. Es wäre unlogisch, wenn ich
heute nicht darauf hinwiese, dass es ein
Jammer ist, diesen hervorragenden
Künstler, den ich für eine der wichtig¬
sten Hoffnungen des französischen!
Theaters halte, als Zuschauer einer Auf¬
führung im selben Hause zu schen, das
in ihm eine seiner aktiosten und kost¬
barsten Stützen hätte finden müssen.
Wenn man sich schon den &contre¬
sens à der wbeiblichen Personalunion im
* Reigen à leisten zcollte, so hälte man
auch einen einzigen Interpreten für
sämtliche Männerrollen wählen sollen.
Dann hätte sich ein Dueft von Ludmilla
—
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Bühnenlebens führen konnte. Diese
meine Auffassung hat sich durch die
Aufführung des & Reigens 2 durchaus
bestätigt gesehen. Schnitsler in franzö¬
sischer Sprache ist letsten Endes doch
nichts weiter als & Bouievardtheater .
ziemlich üblichen Ranges, und denn im
Zuschauerraume während dieser jüng¬
sten Premiere das Wort fiel, dass die
Perke Alerandre Dumas' der heutigen
Zeit wbesentlich näher ständen als diese
Schnitslerschen Geistreicheleien, so teile
ich diese Ansicht durchaus. Ich bin da¬
her auch im Grunde der Ansicht, dass
ein berufener Apantgardebühnenleiter
wie Georges Pitoëff zeichtigere Sendun¬
gen zu erfüllen hat als die Aufwärmung
dieser veralteten Wiener Liebschaftsan¬
gelegenkeiten. Mit dieser Feststellung
soll gegen den rein ssenischen Werte sei¬
ner einfallsreichen Einstudierung, die
sich in zum Teil geradezu besaubernden
Bühnenbildern abwickelte, kein negati¬
pes Urteil gefällt werden.
Im Mittelpunkte der Aufführung
selbst stand Ludmilla Pitoëff, die sich
die schwierige Aufgabe gestellt hatte,
sämtliche Frauenvollen der Schnitsler¬
schen Ssenenfolge zu verkörpern. Vor
einigen Jahren hatte Falconetti die glei¬
che Absicht angekündigt, die durch das
vorschnelle Ende ihrer Direktorinnentä¬
tigkeit nicht zur Realisation gelangt zear.]
t3 der ausserordentlichen
Es pinse, Trot
Einfühlungs und Wandlungsfähigkeit,
die eine hervorrägende Schauspielerin
uns hier neiederum bereiesen hat, gans
offen gesagt werden, dass der & Rei¬
gend eine derartige weibliche Personai¬
union in keiner Weise verträgt, dass sie
zielmehr absolut gegen den Sinn dieser
Schnitslerschen Dichtung verstösst. Die
* Damen; des Schnitalerschen & Rei¬
gens2 sind in keiner Hinsicht verschie¬
dene Inkarnationen eines ereigen Weib¬
lichkeitsbegriffes, und daher verrät der
Versuch, sie durch die gleiche Interpre¬
tin verkörpern zu lassen, eine — durch
Pitoëff sicherlich unbeabsichtigte
Tendens zum Starwesen auf der Bühne,
das dem Wesen fortschrittlicher und
künstlerischer Bühnenführung grund¬
sätslich zeiderspricht.
Ich habe es im vorigen Jahre als eines
der grössten Verdienste Pitoëffs be¬
zeichnet, uns in Jean Riveyre einen Der¬
steller besonderen Formates vorgestellt
zu haben. Es wäre unlogisch, wenn ich
heute nicht darauf hinwiese, dass es ein
Jammer ist, diesen hervorragenden
Künstler, den ich für eine der wichtig¬
sten Hoffnungen des französischen!
Theaters halte, als Zuschauer einer Auf¬
führung im selben Hause zu schen, das
in ihm eine seiner aktiosten und kost¬
barsten Stützen hätte finden müssen.
Wenn man sich schon den &contre¬
sens à der wbeiblichen Personalunion im
* Reigen à leisten zcollte, so hälte man
auch einen einzigen Interpreten für
sämtliche Männerrollen wählen sollen.
Dann hätte sich ein Dueft von Ludmilla
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