II, Theaterstücke 10, Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 25

bieten, sich eine anständige Fxistenz zu gründen, das über den
ieht sie nicht, die Toni! Es war dem Verfasser offenbar
Virkeamen Netschluss zu thun. Wirksameresg
vals den Tod gibt es aber nicht, also müssen die Menschen“
daran glauben. Es ist noch ein Glück, dass die Toni ihrem
Hugo nicht Zwillinge geschenkt hat, sonst hätten wir
noch einen vierten Act erlebt, und es waren doch die drei
schon zu viel. Ein anderer Fehler des Stückes ist der Um¬
stand, dass kein Mensch weiss, was der Verfasser eigent¬
lich will, er selbst vielleicht am Wenigeten. Wollte er
beweisen, dase er sich in der Krankenstube auskennt? Er
ist ja Arzt, wir glauben es ihm also ohne den Beweis in
drei Acten. Oder wollte er feststellen, dass ihm die sfreie
Liebes und was damit zusammenhängt sympathisch ist?
Er hat ja -Liebeleis geschrieben. DieMorale seines
Stückes scheint in den Worten zu liegen, welche die
Schwester des Doctor Losatti spricht: Was man für das
Glück eines Anderen thut, kann keine Sünde sein.: Das
ist ein schöner Grundsatz, der an Verlogenheit dem an¬
deren: -Der Zweck heiligt die Mittele nicht nachsteht. Um
das zu beweisen, darf man kein Schauspiel in drei Todes¬
fällen schreiben. Ein drittes grosses Gebrechen des Stückes
liegt in der vollkommen zerfahrenen Charakterzeichnung.
Der alte Losatti ist so eine Art von Hjalmar Ekdal, aber
des fehlte dem Doctor Schnitzler die gewaltige Charak¬
terisirungskraft lbsen’s, der Alte macht den Eindruck, alss
hätte der Autor die ligur aus irgend einem Buche, aber
nicht aus dem Leben entnommen. Schablone, nichts als
Schablone! — Die Darstellung war im Grrossen und Ganzenz
eine meisterhafte. Herr Hartmann stand auf der Höheseiner
Kunst und brachte mit der Verkörperung des alten Losattis
eine Leistung, die man ihm gar nicht zugetraut hätte. 1er
darf auf diese Rolle stolz sein. Frau Schratt glänzte
Medelsky, Metzl, Bleibtren und Herr Kömpler waren
tadellos. Frau Hohenfels sollte weniger herumhopsen, sie
erscheint darum dochnicht jugendlicher. Herr Devrient war
möglicherweise recht gut, ich kann nicht darüber urtheilen,
denn ich habe von Allem, was er sprach, kein Wort ver¬
standen. Herr Paulsen gehört nach Iglau, aber nicht ins
Burgtheater. Herr Tressler machte die ohnehin peinliche
Sterbescene des ersten Actes noch peinlicher, er starb nicht,
der swurde hine, — aber vielleicht lag das in den Inten¬
tionen des Autors? Auch gegen die Regie lässt sich wenig
einwenden, nur verstand man nicht recht, warum der
Wiener Arzt in seiner Wohnung eine Berliner Zeitung
liest. Da es doch ausgeschlossen ist, dass Herr Doctor
Schleuther dem Berliner Blatte eine Reclame machen
wollte, so kann ich nur annehmen, dass er keine Wiener
Zeitung wählte, um keinen Neid zu erwecken. Wie wäre
es, wenn er jeden Abend ein anderes Wiener Blatt nähme?
Dann kämen allmälig Alle an die Reihe — aber freilich,
gibt ja ungefähr ein Dutzend grösserer Zeitungen in
Wien und so oft wird das Stück voraussichtlich nicht
gegeben werden. Der Autor möge sich nicht täuschen, einen
wirklichen Erfolg hat sein Werk nicht erzielt, wenn auch
am ersten Abende die Clique und die Claque, sowic die
Anhänger der Fünfkreuzerliteratur Beifallsstürme zu Stande
brachten. Das unbefangene Publicum hat sich gelangweilt,
und wenn es gegen den lärmenden Applaus der Griersteidl¬
gemeinde und ihrer bezahlten Helfer keine Opposition gab,
so lag das wohl hauptsächlich daran, dass man eben nicht
zu gleicher Zeit zischen und — gähnen kann. So schlecht
das Vermächtniss des Herrn Schnitzler übrigens ist, besser
ist es immer noch, als das Vermächtniss, welches Herr
Dector Schlenther — hoffentlich bald — seinem Nach¬
folger hinterlassen wird.
Teieion 2801.
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte.
Ausschnitt
Nr. 66
„OBSERVER“
105
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
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Ausschnitt aus:
Reichspost
vom/72.9.
#7 Theater, Kunst und Musik.
Burgtheater. Wenn selbst ein Blatt wie
das „Neue Wiener Tagblatt“ zu dem am 1. December
aufgeführten Schauspiel von Arthur Schnitzler:
„Das Vermächtniß“ sagt: „Hinter dem aus
der Luft gegriffenen Problem dieses Stückes (Ver¬
mächtnis der verführten Geliebten und ihres un¬
ehelichen Kindes an die Eltern und Geschwister des
Verführers in der Todesstunde) lauscht ein tieferes
hervor, wie das Gesicht einer Larve: k
s Pro¬
blem der freien Liebe, welche der Ehe
den Krieg erklärt, aber es will sich nicht demaskiren“
so liegt in diesem Urtheil des Judenblattes
eine so vernichtende Kritik, daß wir kein
anderes Wort glauben hinzufügen zu sollen, als die
Frage: Ist es der Hofbühne würdig, ist es ihr
gestattet, auch ihrerseits mit beizutragen zur Ver¬
breitung der
socialdemokratischen
Moral?
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