II, Theaterstücke 10, Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 41

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10. Das Vernaechtnig
Kolportagespekulation auf die noch immer aktuelle Ent= thums in Kunst und Literatur naturnothwendig eine Um¬
Burgtheater. 2270

wälzung des nationalen Kunsturtheiles und eine suggestive
lassung Bismarck's und Gerhart Hauptmann mit
stes Wort zur Erstaufführung von „Herostrat“,
Entnationalisirung unseres Kunstgefühles Hand in Hand
seiner preisgekrönten Kutschertragödie. Daß Hauptmann
die in vier Aufzügen von Ludwig Fulda.)
gehen müssen, ganz abgesehen von der planmäßigen
nicht der interessanten Nation angehört und sein Stück
er deutscher Dichterwald wird bald so aussehen,
Fälschung unseres Kunstgeschmackes durch die Presse. Allein,
dennoch im Burgtheater aufgeführt wurde, erklärt sich
Marst: nackt und kahl, zerrissen und zerklüftet,
„was liegt im Grunde genommen so viel an der
aus dem Zufall seiner freundschaftlichen Beziehungen zu
turmgepeitschten Meere gleich, das plötzlich er¬
Fälschung der Kunsturtheile oder des Musikgeschmackes?“
seinem literarischen Proselytenmacher, der sich aus der
Alle Versuche, durch Aufforstung wieder gut zu
möchte ich hier mit Richard Wagner ausrufen. „Ist
Redaktion der „Vossischen“ zum Direktor der noch immer
was da durch verbrecherische Abholzung an
dies nicht eine wahre Lumperei gegen Alles, was sonst
sogenannten „ersten deutschen Bühne“ emporkritifirt
Gütern der Nation verschachert und verschleudert
noch bei uns gefälscht wird, als Waaren, Wissenschaften,
hatte. Aber damit das wahre Streben der gegenwärtigen
st, werden dann eben so vergebliche sein, wie
Lebensmittel, öffentliche Meinungen, staatliche Kultur¬
Direktion durch diesen Zufall nicht etwa eine falsche
dem Karst, wo die von Menschenhand mühselig
tendenzen, religiöse Dogmen, Kleesamen und was sonst
Deutung erfahre, hat sie sich beeilt, zwei Wochen später
ten Kartoffel- und Getreideoasen immer wieder
noch?“. Auch will ich dem Juden keineswegs das
Ludwig Fulda's „Herostrat“ herauszubringen, und
rme hinweggefegt werden. Wenn wir von der Wirk¬
Recht abstreiten, sich um die deutsche Kunst zu mühen,
wieder eine Woche später — kommenden Sonntag-
ser noch immer sogenannten „erstendeutschen Bühne“
so selsenfest ich auch überzeugt bin, daß der Unterschied
finden wir die Erstaufführung eines Lustspieles von
die poetische Hervorbringung der deutschen Nation
nationaler Anschauung und nationaler Empfindung selbst
Sigmund Schlesinger angesetzt. Nach ihm erscheint
dürften, dann müßte uns geradezu ein eisigen
im Falle der denkbar größten Anpassungsfähigkeit sich
dann Georg Hirschfeld mit seiner schon in Berlin
sschauer erfassen über die frevlerische Vernach¬
immer als ein unüberwindliches Hinderniß wird ein¬
durchgefallenen „Agnes Jordan“ auf dem Plaue, und
und Verluderung unseres dramatischen Besitz¬
stellen, ein Werk zu schaffen, das sich mit unserer An¬
nach Hirschfeld — zum zweitenmale in diesem Spiel¬
Es ist ein Jammer, passiv zusehen zu müssen,
schauung, mit unserer Empfindung deckt. Man mag
jahre! — Arthur Schnitzler mit drei neuen Ein¬
am Burgtheater alles Große und Eigenartige
sagen, was man will; man mag theoretisch noch so haar¬
aktern. Ziehen wir den Strich unter das heurige
n und abbröckeln läßt und dafür den Ramsch
scharf beweisen, daß allen Menschen aller Zungen ein
Repertoire der noch immer sogenannten „ersten deut¬
n- und ruhmsüchtiger Spekulanten eintauscht.
Gemeinschaftlich-Menschliches innewohne und die Kunst,
schen Bühne“, so finden wir nach Abzug der Meyer'schen
Dr. Paul Schlenther Direktor des Burg¬
die dieses Gemeinsam=Menschliche darzustellen hat, deshalb
Komödie, die nur ein einzigesmal gegeben werden
ist, hat auf der noch immer sogenannten „ersten
international sein müsse; indeß die Erfahrung lehrt, daß
konnte, als Endergebniß: auf Seite der jüdischen
chen Bühne“ überhaupt nur mehr das Juden¬
die Größe, die Stileinheit eines jeden Kunstwerkes aus¬
Autoren, die von Direktor Schlenther zur Be¬
der Literatur das Wort.
nahmslos von der Echtheit und Reinheit des National¬
reicherung des dramatischen Besitzstandes des Burg¬
men beweisen.
geistes bedingt ist, aus dem es geboren wurde. Schreiben
theaters herangezogen wurden, die symbolisch-ominöse
mann Faber (recte: Goldschmidt)
und dichten aber unsere Literaturjuden offen und ehrlich
Zahl sieben (im egyptischen Traumbuch bekanntlich:
as Spieljahr eröffnet; ihm folgte Ludwig
als Juden für Juden?
Der ewige Jude!) und auf Seite der deutschen Autoren,
a als Uebersetzer des „Cyrano von Bergerac“
die man denn doch nicht gut übergehen konnte, die be¬
Mit Nichten.
fiel Meyer=Förster, ausnahmsweise ein
scheidene Zahl: eins.
Deshalb auch sind ihre Werke fast ausnahmslos
r, mit einem unmöglich=naturalistischen Schwank
Zahlen beweisen.
anempfundene Zwitterdinge: nicht Fisch, nicht Fleisch;
nd Arthur Schnitzler hatte es nach dieser
nicht jüdisch, nicht deutsch. An Größe der Gesinnung, an
Es fällt mir nicht ein, etwa auf Grund dieser
heutscher Durchfallsgründlichkeit leicht, mit seinem
Wahrheit der Empfindung und an Kraft der Anschauung
Zahlen antisemitische Propaganda zu betreiben, so nahe¬
ös-anempfundenen Halbwelts=,Vermächtniß“ einen
fehlt es überall. Nicht künstlerische Ueberzeugung, nicht
liegend, berechtigt und nothwendig dies auch schon des¬
folg zu erzielen. Seinen Spuren folgten er¬
inneres Müssen bestimmt ihr Schaffen, sie gehorchen
Felix Philippi mit einer schlauen halb erscheinen mag, weil mit der Vorherrschaft des Juden¬