II, Theaterstücke 10, Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 114

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Das Vermagchinig
sehr groß. Prinz Heinrich's Reise hat on Ken
wirkt, als man im allgemeinen hier anzunehmen geneigt
Ankunft der Kosaten, H.
war. Der Prinz hat überdies persönlich auf alle, ohne
widerspräche, da jede Gesandtschaft nur erwngee.
Unterschied der Nation, einen vorzüglichen Eindruck ge¬
Soldaten zu ihrem Schutze sollte kommen lassen.
macht. So darf Deutschland eines mächtigen und weit¬
Die öffentliche Ankündigung, der Kaiser werde
gehenden Einflusses in China für lange hinaus sicher sein.“
Sonnabend zum Tempel des „langen Lebens“ pilgern
Von anderer Seite wird uns geschrieben:
und dort ein feierliches Opfer für die Erhaltung seines
Schon vor einigen Tagen konnte ich Ihnen auf
Levens darbringen, ist natürlich ohne jede Bedeutung
Grund bester Informationen melden, daß Lord Salisbury
und beweist keineswegs, daß Knang=ßü noch am Leben,
angenehmen Alltag nicht hinausstrebend, der künstige
Bräutigam dieses Mädchens, Dr. Schmidt, ein Mann,
großer dichterischer Schönheit. Alle hohen Regungen der
der als armer Student Hugo's Hofmeister gewesen u
Menschennatur werden geweckt, die edelsten Empfindungen
achtbarer Existenz sich heraufgehungert und
in Schwingung versetzt. Das Natürliche, Reinmenschliche
schmeichelt hat
— sie alle sind mit fester Hand vor
wird zum Klingen gebracht. Die Vorurtheile fallen, die
uns hingestellt. In diesen Kreis wird nun der sterbende
Gegensätze erscheinen ausgeglichen. Nur das große, un¬
endliche Mitleid durchdringt d'e Herzen, und das Ver¬
Sohn gebracht, und als ein Vermächtniß übergiebt er
löschen dieses jungen, hoffnungsfrohen Lebens entzündet
in seiner Todesstunde ihnen seinen unehelichen Sohn und
dessen Mutter Toni Weber. Er hat sie über alles geliebt,
mit einem letzten Emporflackern noch die heilige Flamme
sie war das höchste Glück seines Lebens gewesen in an
der Liebe. Aeußerst stimmungsvoll endet so der erste
Akt, der so abgeschlossen, fest gefügt und von einheitlicher
spruchsloser Liebe, in Hingebung und Treue. Das junge,
ahnungslose Mädchen, der zarte Knabe werden an das
Wirkung ist, daß er als ein Ganzes gelten könnte, nicht nur
Sterbelager gerufen, und mit seinem letzten Seuszer
als Exposition. Ein erschütterndes, einaktiges Stimmungs¬
bild, etwa unter dem Titel: „In der Todesstunde.“ An diese
empfiehlt er sie der Fürsorge seiner Angehörigen, bei
ihnen soll fortan die Heimath sein von Mutter und Kind.
Todesstunde aber knüpft das Leben und seine Ansprüche
wieder an, und das füllt die beiden folgenden Akte.
Dieser Vorgang füllt den ganzen ersten Akt. Um die
Aber nicht das starke, gesunde, quellende Leben ist es,
nächsten Mitglieder der Familie gruppiren sich noch einige
was da in der Familie Losatti wieder emporblüht. Mit
Anverwandte. Frau Emma Winter, eine Schwägerin
Hugo scheint es begraben. Man liebt sein Vermächtniß,
von Frau Losatti, und ihre Tochter Dora, die für Hugo,
das Kind, man umgiebt es mit Zärtlichkeit, man ist
der bis dahin als frei gegolten hatte, eine schwärmerische
freundlich gegen die Mutter. Tapfer kämpft man an
Neigung hegt, und ein Freund des Verunglückten, Gustav
Brander.
gegen die Anschauungen der Welt, der man zugehört hat.
Anschauungen, von denen sie selbst sich niemals frei¬
Wie dieses plötzlich eingetretene Ereigniß auf diese
gemacht hätten ohne die Katastrophe. Aber das Kind ist
ganz verschieden gearteten Personen einwirkt, ist wunder¬
kränklich. Es kann nicht Wurzel fassen in der fremden
bar fein beobachtet und mit kräftigen Strichen wieder¬
Erde. Es siecht dahin, und mit ihm siechen die Gefühle
gegeben. Jeder einzelne zeigt seine innerste Natur bis in
in den Herzen seiner neuen Verwandten. Die ganze
die letzte Nuance. Die Rathlosigkeit und Verwirrung des
Atmosphäre des Hauses hat etwas Kränkliches, Un¬
Vaters, dessen naiver Egoismus und selbstgefällige Schön¬
natürliches. Physisch und psychisch. Und der kleine Hans
rednerei ihm über den schweren Moment hinweghilft, die
stirbt am Schlusse des zweiten Aktes. Toni Weber hat
in allen Schmerzen correcte Haltung der Mutter, die
nun alles verloren. Die Familie stößt sie von sich nach
Herzensangst der Schwester, das Mitleid und die Antheil¬
dem Tode des Kindes. Nicht hart und böse, denn sie
nahme der Verwandten und Freunde sind mit intimster
wollen für sie sorgen und glauben damit ihre Pflicht
Kenntniß menschlicher Wesenheit vorgeführt und mit
zu erfüllen. Ihre Freunde wollen sie bleiben, jeder¬
innigstem Durchdringen der Gefühle, die in diesem
zeit kann sie zu ihnen kommen, nur nicht mit
verzweiflungsvollen Augenblicke im Herzen des jungen
ihnen leben, das ist unmöglich. Nicht hart und böse, aber
Weibes aufleben. Diese „süßen Mädel“ sind ein
grausam und klein, klein bis zur Gemeinheit. Wo soll
Typus, den Schnitzler mit echt poetischem Sinn
das arme Geschöpf hin, das den Geliebten verloren und
in die moderne Literatur eingeführt hat. Sie
das Kind? „Solche Mädchen finden sich zurück und zu¬
stammen zwar alle in directer Linie vom „Gretchen“.
recht“, meint im Familienrath Dr. Schmidt, der Bräutigam
aber sie tragen die Merkmale unserer Zeit und verstehen
der Tochter, und erklärt sich bereit, ihr die Sache „schonend“
und lieben die Männer einer Generation, die das Faustische
beizubringen. Der Dichter aber meint, daß diese „süßen
mehr ausgelöscht hat, als man es von deutscher Art je
Mädel“ sich nicht zurückfinden und in den Tod gehen.
erwartet hätte.
Nür weil die indeme Ain
wendige Verzögerungen grä
Deutschthum ist auf portug
reich der sehr nüchternen
wahrhaftig nichts gethan.
Das thut auch Toni Weber
an den Ereignissen zum We
alte Jungser werden, denn
letzten Willen nicht erfüllt
nur das Kindzsein Vermäch
sie zusammen. Und jetzt
„jetzt tritt sie vielleicht
wachen Träumen, und dar
Vorstellungen entreißend,
wollten wir ihr erweisen
müssen.“ Das
zurückkehrt, dies Erkenntni
müssen gut sein“ — ergreis
aus. Stürmischer Beifall
wiederholt und vielmals an
Die Darstellung war ausge
sich Emannel Reicher als Pr
liberalisirenden, wackeren El
gesehen haben müssen, deum
allen schöngeistigen Krei
diese echt wienerische
Details nachempfand, ist
Das Königliche Schau
Zeit die alte Garde nicht aus
die Lorbeeren der Moderne
Es hält seine Pforten offen
wärts nicht mehr ziehen wol
Sie hat Herrn Thomas in
Gelegenheit gegeben, in
Genre sich hervorzuthun.
zum langweiligen, aber in
Lustspiel „Auf der Sonnen
starke Neigung zum Verbot
langweilig. So nahm es
tüchtigen Darstellung, um
sträfte der Bühne bemüht