II, Theaterstücke 10, Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 233

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10. Das Vernaechtnis
nich and vouem Herzen, wie Mir bekannt, Meinen] Mannbei den Wahren zu den Innungo=fsich Fernhallenwolen ds Aneianen.....
hörer schonungslos zieht. Es wird en masse ge¬] Diese mitunter staunenswerthe Zeichnung der ein=
Pa Fernchtus.
storben, zuerst der Vater, dann das Kind, dann die
zelnen Charaktere, diese köstliche Beobachtungsgabe
C Schauspiel in 3 Akten von Arthur Schnitzler.
Mutter. Der Vater auf der Chaiselongue auf
und Schilderungsfähigkeit. Alles das wird und
Ss. Das Münchener Schauspielhaus eröffnete
der Bühne, das Kind im Bettchen, die Mutter un¬
muß wirken. Es hat auch gestern das Publikum
gestern unter den günstigsten Auspicien seine neue
bestimmt wo und wie. Alles das von einem aus!
mächtig ergriffen, trotz einer, sagen wir es gleich,
Saison. Das Haus war laut Anschlag an der
di
Thränen, Liebschaft und Rücksichtslosigkeit bestehenden
durchaus nicht mustergiltigen, ja nur halbwegs
Kasse „ausverkauft“ und das Publikum zollte
Milieu umrahmt. Eine Attaque auf die Thräuen¬
guten Darstellung. Zu loben an der Aufführung
der Eröffnungsvorstellung warmen, wenn auch nicht
drüsen, wobei der Zuschauer leider die Zwiebel
war die Regie des Herrn Stollberg. Er traf den he
begeisterten Beifall.
un
mitbringen muß. Das macht die von Schnitzler
Ton des Schnitzler'schen Stückes ungemein charakter¬
Die Direktion hatte zum Beginne des Spiel¬
aufgeworfene These, ob es für eine Familie eine
istisch. Nur eine ausgesprochen wienerischere Färbung de
jahres eine Novität von Schnitzler gewählt, der
D
Pflicht gegenüber der Mutter eines unehelichen
hätte das Ganze haben müssen, auch in der Sprache
sich in München durch seine „Liebelei“, sein „Freiwild“.
Kindes eines Sohnes, der auf dem Sterbebette
un
fast aller Darsteller, ausgenommen Frl. v. Kroll
und seinen mit dem „Grünen Kakadu“ gekrönten
an
Kind und Mutter seinen Eltern als letztes Ver¬
und Herrn Lang.
Die Darstellung selbst war
Einaktercyklus einen außerordentlich wohlklingenden
mächtniß an's Herz legt, gebe, etwas unerquicklich.
wenig befriedigend. Echte, warme Herzenstöne
Namen gemacht hat. „Das Vermächtniß“ ist das
Dazu kommt die störende Unwahrscheinlichkeit
brachten nur Fräulein Bré, Herr Rübsam
schwächste Stück, das er geschrieben, allerdings nicht
des
mancher Situation. Ich habe da ganz besonders
und Herr Lang. Fräulein Lange hatte man¬
Dr.
im Eutferntesten so schwach oder literarisch unbe¬
die Szenen im Auge, die sich am Sterbebette
chen hübschen Moment, sie war aber nicht
letzt
deutend, daß es nicht die Konkurrenz mit einer Reihe
Hugo's abspielen. Das, was da vorgeht, ist mehr
an der richtigen Stelle. Die Toni Weber fordert
Mi
Novitäten, welche unsere Hofbühne in letzter Saison
als unwahrscheinlich, es ist, detaillirt angesehen,
ein ganz anderes Talent. Diese Rolle müßte Frl.
eine
ihrem immer spärlicher werdenden Publikum vor¬
sogar unmöglich. Das Stück enthält zur Steiger¬
Müller spielen. Frl. Lange sah bildschön aus, Har
zusetzen beliebte, aushielte Der Dramaturg der ung der Unerquicklichkeit eine ganz und gar ab¬
aber wie im „Cyrano“, man vermißte das Herz wei
Hofbühne erklärte es als dummes Stück, also für
stoßende Figur, das ist die Person des Dr. Schmidt.
und den Verstand. Man applaudirte ihr als sie einz
jeden Vernünitigen eine der denkbar günstigsten Em¬
Wo in aller Welt läßt sich eine Familie, deren
Mit
Abschied nahm, wohl nur, weil sie im Augenver¬
pfehlungen. Wir sind hier wieder veranlaßt, zu
Haf¬
drei weibliche Glieder so davon überzeugt sind,
drehen anatomisch Verwunderliches leistete. Frl.
bedauern, daß man dieses Dichterwerk, denn ein
eine
daß man der Mutter des Kindes ihres lieben
v. Kroll ist eine gute Schauspielerin mit einem
selb¬
Dichter, einguter, ganzer Dichter spricht aus dem
Bruders und Neffen ein Heim zu bieten habe, solche
weniger hübschen Sprachfehler. Frl. Zunzer!
begee
Werke zu uns, nicht an der Hofbühne zur Dar¬
Taktlosigkeiten gefallen, wie sie der Verlobte Frau¬
sprach sehr hübsch, spielte keck wie ein Bub — aber
jähr
stellung brachte, zumal gerade sie in der Lage ge¬
ziskas, Dr. Schmidt, vorbringt!
mit der Figur im Sacco — das geht nicht. Herr
In
wesen wäre. durch eine glänzende Besetzung die
Schnitzler, der sein „Vermächtniß“ nach Wien ver¬
Schwartze hatte eine ungemein undankbare
ökon
zweifellosen Schwächen des Stückes künstlerisch aus¬
legt hat, hat sich in diesem Stücke trotz aller
Aufgabe. Den Doktor kann nur ein erster Künstler
preit
zugleichen. Wie hätte das Stück mit Frau Ramlo
Schwächen als echter Dichter erwiesen. Die Er¬
die
spielen. Das ist Herr Schwartze nicht. Ein Routinier
als Emma Winter, mit Häusser als Professor
findung ist eine echt dichterische, das Auschneiden einer
ist noch kein Künstler. Herr Lind vergriff seine
Losatti, Frl. Swoboda als Toni Weber und
unsere Gesellschaft auf's Junigste berührenden und
Rolle fast völlig. Unfreiwillig komisch zu wirken
Lützenkirchen als Doktor Schmidt gewirkt!
sie charakterisirenden Frage, die Durchführung der
ist gefährlich. Man lachte auch gestern bei den
Es hat nicht sollen sein — im Hause des Majors
Handlung, die Detailmalerei verrathen die starke
ernstesten Worten dieses Professors. Am schlimmsten
und Schlafwagenkontroleurs!
Begabung und das ausgesprochene Talent des
war's um die beiden Mütterrollen bestellt. Weder
Schnitzler hat in seinem „Vermächtniß“ einen
Autors. Dazu kommt für den relativ jungen
Frau de Scheirder noch weniger Frau Fischer
Irrweg betreten. Wir finden ihn, modern auf= Bühnenschriftsteller eine ungewöhnliche Vertrautheit! genügten bescheidensten Ansprüchen. Man vermißte
geputzt, zu unserem Erstaunen auf dem Pfade der mit dem, was bühnenwirksam ist. Ich kann mich Betty L'Arronge und hatte sie für zwei Rollen ge¬
seligen Birch=Pfeiffer. Das Stück trieft vor des Ausdruckes nicht enthalten, Schnitzler ist im braucht. Ein Wort der Anerkennung gebührt Herrn
Rührung, ein dießbezüglicher Tric löst den anderen] „Vermächtniß“, wie in keinem seiner anderen Stücke, Heller. Eine schwache Vorstellung, die dem
.Verzeihen, vergessen, vergeben, lieb haben, das ein Virtnos der Mache. Diese Aktschlüsse mit all'! Rufe des Schauspielhauses schaden kann, wenn sie
sind die Register, welche Schnitzler für seine Zu¬ dem zu Ahnenden, Ungesagten und doch Gesagten! sich wiederholt.
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Teerte