II, Theaterstücke 10, Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 269

box 16/4
10. Das Vermnechtnig
Telephon 12801.
Welgl’s Unternehmen für Zeitungs-Aussohnitte
Sce Ausschultt
„JBSEHYEN Nr. 7
Shärdl-ponc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concondiaplarz 4.
Vertretungen in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Bom.
Stockholm, Kristiania, St. Petersburg.
Ausschnitt aus: Agramer Zeitung
vom: 7%7 74%5.
Kunst und Literakur.
Landestheater.
Arthur Schnitzler ist unserem Publieum seit
der Bekanntschaft mit seinem Drama „Liebelei“
und dem reizenden Einacter „Das Abschieds¬
souper“ (aus dem Anatol=Cyclus) sehr sympa¬
thisch geworden. Das scheint die Theaterleitung
bewogen zu haben, abermals ein Stück von ihm
zu bringen. Die Wahl fiel auf „Das Vermächt¬
niß", das vorgestern zum erstenmale in Seene
ging. Der Erfolg war kein allzugroßer. Der
Grund hiezu liegt wohl vornehmlich in dem
Stücke selbst. Schnitzler wollte die philisterhafte
Wohlanständigkeit geißeln, die sich im Glanze
Für ihrer Tugend sonnt, welche darin besteht, seine 15.—,
inclusive
28.—
Sünden forgfältig zu verbergen und keinen Eclat
Porto.
zu machen. Wenn der Neffe mit der jung ver¬ 50.—
Zahlbar
witweten Tante eine Liebelei hat, so ist dagegen 110.
nichts einzuwenden, wenn aber der sterbende 200. — im Vorans.
Abon Sohn den Wunsch äußert, seine Geliebte und ausschnitte ist das
Abonderen Kind in das Haus seiner Eltern aufge¬ auch steht es den
nommen zu sehen, als ob sie seine Familie ge¬? zu ändern.
wesen wären, dagegen sträubt sich Herkommen
zug enthaltend die
Inhafund selbstgenügsamer Anstand. Der Conflict erener Morgen¬
blä gibt sich von selbst. Toni Weber mit ihrem Wiener Zeitung")
wodu Söhnchen wird als Vermächtniß des todtenind wirthschaftliche
LebeiSohnes wohl in die Familie des Professors aufen wird. Diese Mit¬
tbeiligenommen, aber die Gesellschaft zieht sich von
dieser zurück und in ihr selbst entwickeln sich
Gegensätze, die dazu führen, daß nach dem.
Tode des kleinen Enkels dessen Mutter die
Thüre gewiesen wird. Es wäre dies ein sehr
ergiebiges Thema, wenn Schnitzler es eindring¬
licher behandelt hätte. So zerfließt die Schärfe
des Conflicts in einer echt wienerischen Weich¬
heit und Lässigkeit, wofür der eine oder der an¬
dere gelungene Typus, darunter vor Allem der
Professor selbst, nicht entschädigen können.
Die Aufführung vermochte trotz achtbarer
Leistungen im Ganzen doch dem Stücke nicht
sonderlich aufzuhelfen. Man kann gegen Nie¬
manden einen Tadel aussprechen, aber es fehlte
das eigentliche Animo. Das mag wohl die
Folge des schwachen Besuches gewesen sein, den
die Vorstellung aufzuweisen hatte. Sehr brav
waren Herr und Frau Savic (ersterer hatte
auch die Regie in höchst verdienstlicher Weise
geführt), sowie Herr Barbarié. Frau Zvo¬
narjeva und Herr Vorstnik verliehen ihren
antipathischen Rollen möglichstes Interesse.
Das Ensemble vervollständigten die Damen
Mihisis, Bandobrauska und Hrzié, so¬
wie die Herren Raskovic und Stefanac
Sehr drollig und nett war Frl. Zupanéic ir
ihrer Knabenrolle. Die Mitwirkenden wurder
nach jedem Actschlusse gerufen.
Telephon 12.801.
„UDOERTER
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeltungs-Ausschultte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Gent, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolls,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
Quellenangabe ohne Gewähr.
Ausschnitt aus: #urger Heral#
vom; 30MM= 906
Cheater, Musik und Kunft.
M. W. M. „Dkhmatischer Verein“ Wieder
einmal ein genußb#tken Abend, der des 15. November,
und zwar einer ausdem an der Ursache des Genusses,
der Leseaufführtng des Dreiakters von Arthur
Schnitzler „Das Vetmachtnis“ auch nicht das geringste
#mängeln gwesen wäre. Das Stück selbst hat
seine schwachen Seiten; es steht nicht auf der Höhe
der Besten, was seh bekannte Dichter hat geben können.
Es hapert au den kieferen Tönen einiger Charaktere
und einigenszu bequemen technischen Griffen, stellen¬
weise auch an stockender Handlung. Letzteres wie er¬
steres mögen Erscheinungen unseres modernen Lebens
sein: oberflächliche Charaktere und Oeden im Dasein;
immerhin passen sie nun einmal nicht in ein Drama
das durch andere Mittel sein modernes Koloriet be¬
zeugen kann. Doch das Ueberwiegen des sprudelnden,
geistreichen und tiefsinnigen Dialogs, die tiefe aus
dem Alltagsleben gegriffene erschütternde Tragik und
die naturwahre Zeichnung lassen alle Mängel ver¬
gessen zumal wenn so gespielt wird, wie gespielt wor¬
den ist. Das Stück behandelt die alte, immer neu¬
bleibende Geschichte vom Verhältnis der Familie zur
Geliebten des Sohnes. Dr. jur. Hugo Losatti lebt ohne
Wissen seiner Eltern in freier Ehe mit Toni Weber
ein glückliches, durch keinen internen Mißklang ge¬
störtes Dasein. Er verunglückt tötlich auf einem Ritte
und stirbt in der Wohnung seiner Eltern, des Pro¬
fessors Losatti und dessen Gattin Betty. Vor dem
Tode spricht er seinen Wunsch aus, seine herzensgute,
aber unselbständige Geliebte und sein Kind in die
Familie seiner Eltern aufgenommen zu sehen. Der
Wunsch des Toten wird, wenn auch schweren Herzens,
erfüllt. Doch nur der unschuldige Enkel des Professo¬
renpaares läßt die Familie der öffentlichen Meinung
Trotz bieten. Mit dem Tode des Enkels, der direkten
Erinnerung an den Verstorbenen, steht dessen Mutter
als lästiger und unerwünschter Eindringling in die
Familie da; diese vermag ihrem Vorurteil und dem
Drucke der öffentlichen Meinung nicht Stand zu
halten und treibt die „Schuldige“ gegen das Ver¬
mächtnis aus dem Hause und in den Tod. Drei Men¬
schenleben gehen vor unseren Augen zugrunde. Wes¬
halb wohl der Dichter sein Stück nur Schauspiel
und nicht Trauerspiel genannt hat? Weil der Tod
Hugos, seines kleinen Sohnes und der „Geliebten“.
nicht durch deren eigene Schuld herbeigeführt wird,
weil der Dichter keine Schicksalstragödie schreiben
wollte, obwohl die Charaktertragödie vom fatalisti¬
schen Standpunkte doch immer Schicksalstragödie
bleibt, zumal bei diesem Stück wo die Schuld am
Milieu, an der Gesellschaft liegt? — Die beiden wenig
lebenswahr gezeichneten Charaktere sind die des
Dr. Ferdinand Schmidt und der Schwägerin Emma
Winter. Beide sind Verkörperungen der sich im Stücke
befehdenden Tendenzen. In Schmidts Charakterisie¬
rung fehlt das Warum seines Verhaltens. Ist er
ein Streber, so decke sich sein Verhalten allerdings
mit dem eines teils der „vorurteilsvollen“ Gesell¬
schaft, doch seine Beweggründe wären den natürlichen,
auf Tradition, aber auch Eifersucht beruhenden Vor¬
urteilen der enttäuschten, von der Gesellschaft zu
Hugos Braut ausersehenen Agnes gegenüber schärfer
zu präzisieren; hat er, der aus denselben „niederen
Schichten“ wie Toni Weber hervorgegangen ist, den
Glauben an die Töchter dieser Schichten verloren, so
wäre eine Begründung dieser Anschauung erwünscht
gewesen. So steht Dr. Schmidt als eigensinniger bru¬
taler Verfechter der Konvention da, ein unmotiviert
häßlicher Charakter, wie wir sie in der pfeudoklassi¬
schen Literatur schon zu genüge gehabt haben. Und
doch hätte der Dichter aus ihm, als einem der Ver¬
treter der Vorurteile der „niederen Schichten“ neben
denen der „besseren Gesellschaft“, die wir im Stücke
kennen lernen, mit ein paar Worten außerordentlich
viel machen können. Die Motive des Verhaltens der
liberalen Witwe Winter, der tapferen Verfechterin
der
tergn