II, Theaterstücke 10, Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 321

box 16/5
10. Das Vernaechtnis
vom:
bat Sonn- u Hontags-Gourier.
(Theater in der Josefstadt.) Man muß dem Direktor Jarno
dankbar dafür sein, daß er den fünfzigsten Geburtstag Artur
Schnitzlers nicht vorbeigehen ließ, ohne sich des Dichters zu er¬
Aufführung des Schauspieles „Vermächtnis“ war
innern.
eine würdige Feier für den Dichter. Getragen von der elemen¬
taren Kunst der Niese, der köstlich empfundenen Gestaltungs¬
gab Lessens, von Marans individuellem Spiel übte die
Vorstellung einen gewaltigen Eindruck auf die Zuhörer, die ihre
Dankbarkeit durch laute Ovationen zum Ausdruck brachten.,
Außer den Genannten waren auch die Damen Joseffy, Koy
vacs und Kaiser, wie die Herren Weißmüller und Meyey¬
hofer um die Darstellung erfolgreich bemüht.
usellenangebe ehse #
Ausschnitt aus Der Morgen Wien
vom:
Theater in der Josefstadt.
Das „SchuitlenJubiläum hof dem Josefstädter Theater
Gelegenheit, wieder mit etwas Literarischem zu kommen und
so wurde das Jugendwerk des Dichters „Das Vermächtnis“
zur Aufführung gebracht. Die Absicht war löblich, nicht aber
die Vorstellung. Es ist schwer zu sagen, was fehlte, sicher aber
ist, daß die Stimmung, die von dem Stück ausgehen soll,
fehlte und daß der tiefere Sinn des Schnitzlerschen Stückes
nicht zum Ausdruck gebracht wurde. Frau Niese, gewiß eine
große Künstlerin, sollte sich nicht an Aufgaben wagen, deren
Lösung an ihrer natürlichen Veranlagung scheitern muß.
Mancher Ton und manche Gebärde, die eine zarte Figur zu
einer rührenden Gestalt formt, kann eine Erscheinung, deren
humorvolle Patschierlichkeit ansonsten sympathisch berührt, ge¬
radezu lächerlich machen. Auch Herr Maran war nicht am
rechten Platz, denn man merkte es ihm förmlich an, wie er
aus dem Professor mit den sogenannten liberalen Grundsätzen
unbedingt einen jener gehörnten Ehemänner machen wollte,
die zu seinen drolligen Figuren gehören. Besser besetzt waren
die kleineren Rollen. Vor allem Frau Schleinitz und die
Damen Joseffy, Kovacs und Kaiser. Vollendet
war nur die Leistung des Herrn Lessen, der den Egoisten
Dr. Schmidt ausgezeichnet verkörperte.
m. S.


Assachnitt aus Wiener Montags Journal, Wien
vom: 20.ML19I2
(Theater in der Josefstadt. Das Jubiläum Artur
Schnit#onnte nicht würdiger gefeiert werden, als
daß man sein „Vermächtnis“ ins Repertoire aufnahm.
Das von starken dramatischen Leidenschaften getragene Stück
klingt bei Berücksichtigung seines Jahrganges wie eine Offen¬
barung an die Autoren, in diese geelische Konpliktswelt einzu¬
greuen und daraus Akzente menschlicher Tragik zu holen.
Das ist auch vielfach geschehen. Die Handtung des Stückes haben
wir unter anderen Namen in mehrfachen Variationen wieder¬
hen, aber Schnitlers seine Gestaltungsgabe und die Wucht
er p#hcheiogischen Momente sind unberührt geblieben und
aben bei der Wiederaufführung am Mittwoch premierenartig ge¬
wirkt. Dank der exzellenten Darstellung der Frau Niese, die
die Hauptsigur mit ihrer zarten Gemütstiefe ausstattete un
den Kern des Charakters mit solch wundervoller Plastik heraus
schätte. Auch Maran als Losatti war von natürlicher Wahrhei
einmal keine Possenfigur im Drama. Frau Joseffy und Herrr
Weißmüller gebührt das Lob, zu dieser Jubiläumsaussüh
rung ihr Bestes gegeben zu haben. Das Publikum applaudierte
dem jubilierenden Dichter und seinz guten Interpreien auf
waeder Herzlichkeit.