II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 160

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Kakadu
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9. 3. Der
Der gruehe Kanaud
Iution scheuchen die Volksmassen wie Mückenschwärme gutmütiger, lustiger, lebensfroher Junge, der mo¬
Ungarisches Theater.
„A zöld kakada“ („Der grüne Kakadn“). Gro“ auf, schon versammelt man sich vor der Bastille, mentan an einem heftigen und ganz gemeinen
#übersetzt schon wird da und dort einer geköpft, Häuser werden Schnupfen laboriert und gar nichts, aber eben gar
teske in einem Aufzüg volt Aut
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geplündert, in Brand. gesteckt und in die Schänke des nichts von dem Heldenblute seiner Ahnen in den
von Josef Prem. — „ne###ie gute
alte Zeit“). Komödie in drei Aufzügen von Charles Prospère stürmen die Mitglieder der Truppe und Adern behalten zu haben scheint. Er liebt sein schönes
Marlowe. Unzarisch von Ernst Salgö.
bringen die neuesten Nachrichten von Brand und Bäschen, das ihn aber verschmäht, weil sie von einem
Es ist dies die zweite Schnitzler=Premiere, die von Mord und eine kleine aristokratische Gesellschaft Helden „der guten alten Zeit“ träumt, nicht aber
in der diesjährigen Saison auf unseren Bühnen in sergötzt sich ahnungslos an der Tüchtigkeit dieser von einem tanzenden, pfeisenden, allerhand Allo#ra
Szene geht. „Der grüne Kakadn“, dessen General= Schauspieler. Die Frau Marquise, die die Neugierde treibenden modernen Jüngling. Auch die übrigen
probe gestern im Ungarischen Theater stattfand, auch hieher gelockt hat, findet alles reizend: die joh= Anwesenden reiben ihm diese „gute alte Zeit“ und
dürfte im Beifallsregister eine weit höhere Note er= lende Volksmenge, die Raubmördererlebnisse und sein unwürdig junges Benehmen, das so wenig den
halten, als die vor einigen Wochen im National=selbst als Henri, der Held der Truppe, den Gelieb= Ritter ohne Furcht und Tadel zeigt, immerwährend
theater aufgeführte „Liebelei“. Für alle, die die#ten seiner Frau, den Prinzen Cardiguan, vor ihren junter die Nase. Da träumt er einen Traum: Der
Dinge blos gerne auf der glatten Oberfläche be= Angen ersticht, hat sie nicht einen einzigen warmen neue Trakt des Schlosses, fällt und er, jung und ein
trachten, wird das Dramg nichts anderes, als ein Herzenston. „Ach,“ rust sie aus, „man sieht nichtKind der Jetztzeit, sieht sich als Burgherr auf seiner
warmes und wahres Bild aus der blutigen Revo= alle Tage einen Herzog erstechen.“ Die Gestalt die= Burg, umgeben von seinem Gesinde im Jahre 1101.
lutionsperiode Frankreichs bedeuten, mit kühner Fe=sses Henri ist eine Kabinettfigur und nicht minder Und nun erstehen alle Unbequemlichkeiten und Gr.uel
der „guten alten Zeit". Wir sehen alle, die uns
der geschrieben, mit festem Denken aneinanderge=interessant ist die des Mörders Grain. Schade, daß
schon aus dem ersten Akte bekannten jungen Damen
die Darsteller ihre Rollen nicht in dem Maße durch¬
fügt. Doch die tiefsten Tiefen des Lebens erblicken
und Herren in die Zeit des Jahres 1101 zurückver¬
fühlt und im Sinne des Autors begriffen haben,
darin nur jene, welche nicht blos sehen, sondern auch
wandelt. Die Herzogin als Oberin eines Klo¬
wie wir dies im Ungarischen Theater gewöhnt sind.
schauen können. In einem einzigen pastös gemal¬
sters, die lebensfreudigen jungen Mädchen in Non¬
Herr Esortos war nicht ganz der Henri, den wir
ten bunten Bilde zeigt uns Schnitzler den elenden
Ulk des Lebens, in dem Wahrheit und Komödie sos in ihm gerne gesehen hätten, und Herr Rätkay —nenkutten, der reiche Bankier Isaak als im Kerker
unzertrennlich und unverkennbar verqnickt sind. obzwar seine Maste gelungen war — traf auch nicht schmachtender, zum Tode verdammter Jude; seine
In der Weinspelunke des Bürgers Prospére immer den überaus schwierigen Ton. Das Zusam= schöne, gefeierte Tochter verpönt, verachtet, und
menspiel war etwas lose, doch dürfte sich das bei derlei Dinge mehr, wie sie die „gute alte Zeit“ auf¬
kommt eine Schauspielertruppe zusammen, die mit
zuweisen hatte. Im dritten Akt löst sich dann end¬
der Premiere bessern. Es wäre im Interesse des
ihren improvisierten Vorträgen die Aufmerksamkeit
lich alles in einem Liebeskuß und man lernt, sich an
und das Interesse der aristokratischen Herre welt er=ganzen und großen Erfolges zu wünschen.
Nach der düsteren Färbung des Schnitzler'schen der Jetztzeit zu erfreuen, die, wie schlecht sie
regt, die sich gerne in der Schänke durch Zoten,
auch sein mag, doch weit mehr Erfreuliches bietet,
Dramas folgte der helle Luftton eines englischen
Mädchen und ver#tische Vorträge die Zeit ver¬
wie jene, von welcher „der Dichter sang“.
Lustspiels: „Die gute alte Zeit“. Wir finden uns
treiben läßt. Die Schauspieler spielen mit grinsen¬
der Miene, was ihnen blutiger Ernst ist, was sie plötzlich in einem der großen Feudalschlösser Eng¬
Das flotte Stück sichert der Regie viele lachende
bewegt, erfüllt und hinter des lachenden Maske
lands, wo sich ein kleiner Familienkreis nebst einigen Abende und wird sich trotz Tiefenmangel und technie
leuert das Elend und der bittere Groll gegen die Aus= anwesenden Gästen um den letzten Sprossen der schen Fehlern ein fröhliches Publikum erwerben.
erwählten des Lebens. Die ersten Klänge der Revo= langen Ahnenreihe bemüht. Dieser Sprosse ist ein