II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 173

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Kakadu
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9.3. Der
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„von wem sie es hat.“ Das gewagte Wort Ossip Dymows,
#(Theater und Kunst.
das er seiner Njura in den Mund legt, nämlich, daß der
Breslauer Sommertheater. ##
Tod etwas „Komisches“ an sich habe, erfuhr yier eine von
dem Autor zweifellos nicht beabsichtigte Beleuchtung, die
Montag, den 26. August: „Der grüne Kakadu.“
„Niu“.
es durch den tatsächlich fast komischen Effekt der im Grunde
doch von rührender Tragik erfüllten letzten Szene erhielt.
Es war ein in mehrfacher Beziehung interessanter
Dem Ganzen fehlt aber der höhere künstlerische Zweck, die
Theaterabend; interessant durch das Gastspiel Alessandro
das Typische im Einzelfall hervorhebende poetisch=ethische
Moissis, des in den Anfängen seiner deutschen Bühnen¬

Tendenz, und insofern hatte das Publikum mit se
laufbahn vielumsirittenen, von Reinhardt sozusagen gegen
lehnenden Stellungnahme doch recht, während
den größeren Teil der Berliner Kritik durchgesetzten ita¬
*
rektor Ziegel nicht recht daran tat, zum Schlu
lienischen Künstlers, und interessant dadurch, daß man be¬
nischer Weise für die „verständnisvolle Aufnahme
obachten konnte, wie das sonst so aufnahmefähige und
dervollen Dichtung" zu danken. Er hatte persönlic
aufnahme willige Breslauer Theaterpublikum in Oppo¬
weniger Anlaß dazu, als ihm ja für seine vorz
sitionsstimmung gegen ein Stück geraten kann. Diesecharakteristise
ellung des Gatten Njuras #e
Opposition entstand beileibe nicht etwa bei Axthur
Imitz¬
den war. Herr Moissi gestal
Beifall zutei
lers prächtigem Einakter „Der grüne Katädu“, im Gegen¬
den kühl über
Dichter zu einer feinen psycholo¬
kell, das in brillanter Manier auf dem blutroten Hinter¬
Frau Mirjam Horwitz gab in der
gischen Studie,
grunde der französischen Revolution entworfene drama¬
tische Bild übte trotz einiger Mängel der Gesamtbar=einer mehr von ihren Trieben als vom Intellekt beherrsch
ten Schwester der Nora ähnlichen Njura ebenfalls ihr.
stellung die ihm innewohnende starke Wirkung wenn nichtgestes.
K. M.
voll, so doch hinreichend aus, zumal Moissi die dankbare
Rolle des Schauspielers Henri, dessen so täuschend gespielte
Eifersuchtsraserei sich zum Schluß in blutige Wahrheit ver¬
wandelt, mit glühendem Leben erfüllte. Einen mehr oder
minder schwachen Schimmer davon reflektierte auch das
Spiel der zahlreichen Mitwirkenden, von denen allein Herr
Hintze als Gastwirt und „Auch“ = Theaterdirektor
Prospére durch seine mangelhafte Textbeherrschung un¬
liebsam auffiel. Die Mißstimmung eines großen Teils
des Publikums machte sich vielmehr bei der Novität des
Abends, der Alltagstragödie „Nju“ von Ossip Dymow
geltend, die mit ihren 8 (in Buchstaben: acht) Bildern die
Geduld des Publikums auf eine viel zu harte Probe
stellte. Das Stück enthält dichterische Qualitäten und sein
Verfasser zeigt sich oft als feiner Psycholog, gewiß, aber!
es war ein Fehler, diesen in so umständlicher und — trotz
einiger Knalleffekte — undramatischer Weise „dramati¬
sierten“ Novellenstoff nach der packenden Schnitzlerschen
Groteske vorzuführen. Acht Bilder, das sind nun mal so
viel wie acht Akte, und das war zuviel. Die Bühnenuhr,
welche in dem übrigens ganz stimmungsvollen Schlußbilde.
wo ein altes Elternpaar das hinterlassene Tagebuch seiner
aus dem Leben geschiedenen Tochter vorliest, zwölf Uhr
schlägt, hatte so unrecht nicht, denn es fehlte nur noch eine
Viertelstunde bisMitternacht. „Niu“ (der Dimitkutiv des
weiblichen NamensNjura)handelt von den verhängnisvollen
Folgen einer Ballbekanntschaft. Frau Niura verläßt um
eines im Grunde nur mit ihrer Seele spielenden Dichters
willen ihren braven Mann, ohne bei dem poetisieren
Frauenherzenverbraucher das erträumte volle Glück
zu
finden, und scheidet schließlich mit überraschender Plötzlich¬
keit aus dem Leben, weil sie — wie man nachträglich er
fährt — ein „neues Leben“ in sich fühlte, ohne zu wisser