Der
uene
Kakadu
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9. 3 eee
Seite 6.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nr. 136.
Kirche gefunden, wie in den Tagen der alten Romantik,
es nur benutzt, um eine in ihm enthaltene Idee sinnlich
und so endet eine Bewegung, die vor noch nicht langer
anschaulich herauszuarbeiten, das können ihm unsre
Zeit mit dem Schlachtruf: „Zurück zur Natur!“ eingesetzt
naturalistischen Kritiker nicht verzeihen, und erscheint ihnen
hat, in diesen Tagen bei dem Friedenswort: „Zurück zur
geradezu als ein Verrath am „reinen“ Künstlerthum.
Kirche!“
Und doch glaube ich, daß Sudermann sich in ästhetischer
Das Wesen der modernen Seele beruht in einer ge¬
Hinsicht auf einem richtigeren Weg befindet, als alle
wissen Gebrochenheit oder Zwiespältigkeit, einer Dis¬
Rabulisten und abstrakt idealistischen Traumkünstler und
harmonie zwischen Innenleben und Außenwelt einem
Romantiker, sowie ich auch nur diejenige philosophische
Mißverhältniß zwischen Sehnsuchtsfülle und Erfüllungs¬
Richtung für die wahre halten kann, die Idee und Wirk¬
möglichkeit, Wollen und Können. Sehr klar findet Lorenz
lichkeit nicht abstrakt voneinander losreißt und über der
dies zum Ausdruck gebracht in Fulda's „Herostrat“
Betrachtung der einen die Existenz der anderen leugnet,
dessen Inhalt er in feinsinnigster Weise analysirt. Daß
sondern die beide in konkreter Weise in eins zu fassen
aber nicht nur die Seelen unsrer Tage durch den Zwie¬
sucht und die Wirklichkeit als die Erscheinung und Reali¬
spalt des Lebens gefährdet werden, sucht Lorenz an
sirung der Idee begreift. Aesthetisch entspricht diesem Stand¬
Hebbels „Herodes und Marianne“ nachzuweisen, den er
punkt der konkrete Idealismus, wie Hartmann ihn ge¬
als den „klassischen Dichter einer am Bruch unheilvoll
nannt hat, und gerade diesem scheint mir Sudermann
leidenden Uebergangszeit“ bezeichnet. Es folgt nun ein
unter allen anderen Dramatikern am nächsten zu kommen.
Aufsatz über die beiden Lyriker Lilieneron und Dehmel.
Gegen die Mängel Sudermanns ist auch Lorenz nicht
Was Lorenz über den Ersteren vorbringt, gehört wohl
blind. Er findet, daß dieser Dichter es sich oft zu leicht ge¬
zu dem Feinsten und Besten, was über diesen „ganz famosen
macht habe, z. B. in der „Schmetterlingsschlacht“, im „Gluck
Dichter“ gesagt worden ist. Der Absicht, etwas über die
im Winkel“. Solche gewissermaßen spielend geschaffene Werke
spezifisch n#bliche Art der künstlerischen Begabung zu er¬
machen naturgemäß auch den Eindruck des Spiels, sie er¬
fahren ur
scheinen „virtuos“ und scheinen dem Einwurf der Gegner,
Leben
##nschen auffassen, dient der Aufsatz über
den diese in dem Worte „Mache“ zusammenfassen, recht zu
„Frauenwect. von Maria Janitschek, Gabriele
geben. Erst an dem gewaltigen Stoff der Johannes=Tra¬
Reuter, Helene Böhlau, Sophie Höchstetter,
gödie hat sich das riesige Können des Dichters voll ent¬
Hans v. Kahlenberg. Das Beste aber hat sich Lorenz
faltet. Die Vorwürfe, die man gegen dieses Drama, seinen
bis an den Schluß seines Buches aufgespart; es sind die
Helden, die Figur der Salome u. s. w. erhoben hat, weist
drei Aufsätze über Sudermanns „Johannes“, „Die
Lorenz sehr geschickt zurück. Er sieht im „Johannes“ mit
drei Reiherfedern“ und über „Theodor Fontane“
Recht ein wahrhaft historisches Drama, das bei aller vor¬
Bekanntlich gehen die Urtheile über Sudermann sehr
trefflichen Wahrung des Zeitkolorits doch eine Stimmung
weit auseinander. Es gibt Leute, die ihm die Literatur¬
und ein Wollen offenbart, die auch uns nicht fremd sind.
fähigkeit überhaupt abstreiten und ihn bestenfalls als
Noch bedeutender vielleicht erscheint ihm jedoch Sudermann
einen erfolgreichen Theaterschriftsteller gelten oder viel¬
in den „Drei Reiherfedern“. Die Analyse und Deutung
dieses Werkes, das bisher weder beim Publikum, noch bei
mehr nicht gelten lassen möchten. In gewissen Kreisen ist
es geradezu Mode geworden, diesen Dichter als einen
der Kritik die Würdigung und das Verständniß gefunden,
die ihm zukommen, bilden den Glanzpunkt des Lorenz'schen
bloßen „Macher“ zu behandeln. Ich habe diese Art der
Kritik nie begreifen können. Bei Lorenz ist nun eine Be¬
Buches. Sehr richtig bemerkt er, daß Abendpublikum und
urtheilung Sudermanns zu finden, die diesem gegenüber
Nachtkritik nicht geeignet sind, entscheidend und endgültig
über dieses Drama abzuurtheilen, und nur sie haben sich
eine ganz andere Stellung einnimmt als die Mehrzahl
bis jetzt darüber vernehmen lassen. Ich selbst habe die
der „maßgebenden" Kritiker. Sudermann fällt, wie Lorenz
„Drei Reiherfedern“ seinerzeit mit großer Freude als eine
mit Recht vemerkt, aus der Entwicklungsreihe der modernen
Literatur heraus die sich von Hauptmann bis Maeterlinck
wahrhaft schöne und tiefsinnige Ideendichtung begrüßt und
meine Studenten nachdrücklichst auf dieselbe hingewiesen,
und Hoffmannsthal hinzieht. Er ist eine für sich stehende,
und ich halte sie auch heute noch trotz aller verwerflichen
selbstandige und selbstherrliche Persönlichkeit von Kraft
Urtheile, die mir inzwischen darüber zu Gesicht gekommen
und Eigenart“ Sudermann ist kein Naturalist. „Er
sind, für das gehaltreichste und bedeutendste Werk der
spiegelt nicht Gestalten wieder, sondern er schafft selbst
welche. Er schafft sie aus dem Innern heraus“ Er ist
lich eine Meinung darüber anzumaßen, ob das Werk von
in seinem Verhältniß zur Außenwelt männlich, während
der Bühne herab hält, was es beim Lesen verspricht. Es
Hauptmann weiblich ist. Er hat nicht wie dieser bloß
war mir daher eine große Genugthuung, mich hierüber mit
Sinn für das Individuelle, sondern auch für das Typische.
Lorenz völlig einverstanden zu finden. Wie thöricht und
„Das Ruhige, Effektlose, Undramatische, das Fehlen der
vorurtheilsvoll es ist, die „Drei Reiherfedern“ „das zu¬
Handlung und des handelnden, führenden Helden, die
sammenhangloseste und verworrenste Bühnenwerk der letzten
Art, einen Charakter plastisch herauszuarbeiten unter Ver¬
Jahre“ zu nennen, wie dies einer unsrer „Maßgebenden“
— das alles, was früher als
zicht auf lebhafte Aktionen
gethan hat, daran wird Niemand mehr zweifeln, der Lorenz'
Mangel eines Dramatikers getadelt wäre, wurde in der
glänzende Wiedergabe ihres Inhalts gelesen hat. Ganz
Periode des Naturalismus als erstes und vornehmes,
verkehrt ist es auch, das Stück ausschließlich als „Märchen¬
rein künstlerisches Streben empfunden“. Darin dürfte
drama“ zu betrachten und es so darzustellen, als ob Suder¬
in der That der Hauptgrund liegen, weßhalb unsre „Ma߬
mann die Lorberen der „Versunkenen Glocke“ nicht hätten
gebenden“ Sudermann nicht gerecht werden, nicht gerecht
schlafen lassen. Mit dem gleichen Recht könnte man auch
werden wollen. Es ist ihre einseitige ästhetische Theorie,
„Hamlet“, „Lear“ und „Faust“ als Märchendramen be¬
die ihnen das Verständniß für Sudermann unterbindet.
zeichnen. Es handelt sich hier nicht um eine bloß spiele¬
Sie blicken noch immer ausschließlich durch die Brille des
rische Aneinanderreihung phantastischer Situationen und
Naturalismus und sind blind, wo diese Brille nicht zureicht.
Bilder, sondern um eine Versinnlichung und Symbolisirung
Jene Kritiker lassen sich den Traumidealismus „Hannele's“
innerster persönlichster Erlebnisse die zugleich ein Stück
die Märchenpoesie der „Versunkenen Glocke“, die Ver¬
der Zeitseele selbst zur Darstellung bringen. Prinz Witte
flüchtigung des Seins im Schein und Spiel, ja selbst
bedeutet nach Lorenz einen vorgeschritteneren Typus der
Macterlincks trübe Mystik und abstrakt idealistische Phan¬
wieder erwachten Seele. Die Kinderseele Maeterlincks und
tastik gefallen, da die Vorstellungswirklichkeit ja auch eine
Hoffmannsthals ist weiter herangewachsen zur Kraft und
Wirklichkeit ist und die psychologischen Gesetze, nach denen
zur Sehnsucht des Jünglings. „Wenn die Zeit der Kind¬
sich der Traum oder das Märchen abspielt, ja gleichfalls
heit und der Spiele vorüber ist regt sich im Jüngling der
Naturgesetze sind, so wie sich unsre Naturforscher den sub¬
Drang zum Leben. Mit dem Lebensdrang steht der Lebens¬
jektiven Idealismus Kants gefallen lassen, da sie damit ja
widerstand auf, und mit dem Lebenswiderstand steigt des
scheinbar gleichfalls auf dem Boden der Erfahrung bleiben.
Lebens Rätsel empor. Was ist das Leben? Wo ist sein
Aber daß Sudermann das Leben als ein reales auffaßt
Glück? Wie verhalten sich Sehnsucht und Erfüllung? Das
und es trotzdem nicht einfach passiv wiederspiegelt, sondern
ist das Problem vor das die romantische Jünglingsseele
des Prinzen Witte gestellt ist, das sie nicht lösen kann und
dem sie darum zugrunde geht.“ Lorenz nennt das
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(Lerk „eine romantische Tragödie". Vielleicht könnte man
es noch zutreffender die „Tragödie der Romantik“ nennen.
Es bringt die Seele der letzteren mit ihrer abstrakten Sehn¬
sucht, ihrem Gefühlsüberschwang und ihrer Willensschwäche
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Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Nr. 136.
Kirche gefunden, wie in den Tagen der alten Romantik,
es nur benutzt, um eine in ihm enthaltene Idee sinnlich
und so endet eine Bewegung, die vor noch nicht langer
anschaulich herauszuarbeiten, das können ihm unsre
Zeit mit dem Schlachtruf: „Zurück zur Natur!“ eingesetzt
naturalistischen Kritiker nicht verzeihen, und erscheint ihnen
hat, in diesen Tagen bei dem Friedenswort: „Zurück zur
geradezu als ein Verrath am „reinen“ Künstlerthum.
Kirche!“
Und doch glaube ich, daß Sudermann sich in ästhetischer
Das Wesen der modernen Seele beruht in einer ge¬
Hinsicht auf einem richtigeren Weg befindet, als alle
wissen Gebrochenheit oder Zwiespältigkeit, einer Dis¬
Rabulisten und abstrakt idealistischen Traumkünstler und
harmonie zwischen Innenleben und Außenwelt einem
Romantiker, sowie ich auch nur diejenige philosophische
Mißverhältniß zwischen Sehnsuchtsfülle und Erfüllungs¬
Richtung für die wahre halten kann, die Idee und Wirk¬
möglichkeit, Wollen und Können. Sehr klar findet Lorenz
lichkeit nicht abstrakt voneinander losreißt und über der
dies zum Ausdruck gebracht in Fulda's „Herostrat“
Betrachtung der einen die Existenz der anderen leugnet,
dessen Inhalt er in feinsinnigster Weise analysirt. Daß
sondern die beide in konkreter Weise in eins zu fassen
aber nicht nur die Seelen unsrer Tage durch den Zwie¬
sucht und die Wirklichkeit als die Erscheinung und Reali¬
spalt des Lebens gefährdet werden, sucht Lorenz an
sirung der Idee begreift. Aesthetisch entspricht diesem Stand¬
Hebbels „Herodes und Marianne“ nachzuweisen, den er
punkt der konkrete Idealismus, wie Hartmann ihn ge¬
als den „klassischen Dichter einer am Bruch unheilvoll
nannt hat, und gerade diesem scheint mir Sudermann
leidenden Uebergangszeit“ bezeichnet. Es folgt nun ein
unter allen anderen Dramatikern am nächsten zu kommen.
Aufsatz über die beiden Lyriker Lilieneron und Dehmel.
Gegen die Mängel Sudermanns ist auch Lorenz nicht
Was Lorenz über den Ersteren vorbringt, gehört wohl
blind. Er findet, daß dieser Dichter es sich oft zu leicht ge¬
zu dem Feinsten und Besten, was über diesen „ganz famosen
macht habe, z. B. in der „Schmetterlingsschlacht“, im „Gluck
Dichter“ gesagt worden ist. Der Absicht, etwas über die
im Winkel“. Solche gewissermaßen spielend geschaffene Werke
spezifisch n#bliche Art der künstlerischen Begabung zu er¬
machen naturgemäß auch den Eindruck des Spiels, sie er¬
fahren ur
scheinen „virtuos“ und scheinen dem Einwurf der Gegner,
Leben
##nschen auffassen, dient der Aufsatz über
den diese in dem Worte „Mache“ zusammenfassen, recht zu
„Frauenwect. von Maria Janitschek, Gabriele
geben. Erst an dem gewaltigen Stoff der Johannes=Tra¬
Reuter, Helene Böhlau, Sophie Höchstetter,
gödie hat sich das riesige Können des Dichters voll ent¬
Hans v. Kahlenberg. Das Beste aber hat sich Lorenz
faltet. Die Vorwürfe, die man gegen dieses Drama, seinen
bis an den Schluß seines Buches aufgespart; es sind die
Helden, die Figur der Salome u. s. w. erhoben hat, weist
drei Aufsätze über Sudermanns „Johannes“, „Die
Lorenz sehr geschickt zurück. Er sieht im „Johannes“ mit
drei Reiherfedern“ und über „Theodor Fontane“
Recht ein wahrhaft historisches Drama, das bei aller vor¬
Bekanntlich gehen die Urtheile über Sudermann sehr
trefflichen Wahrung des Zeitkolorits doch eine Stimmung
weit auseinander. Es gibt Leute, die ihm die Literatur¬
und ein Wollen offenbart, die auch uns nicht fremd sind.
fähigkeit überhaupt abstreiten und ihn bestenfalls als
Noch bedeutender vielleicht erscheint ihm jedoch Sudermann
einen erfolgreichen Theaterschriftsteller gelten oder viel¬
in den „Drei Reiherfedern“. Die Analyse und Deutung
dieses Werkes, das bisher weder beim Publikum, noch bei
mehr nicht gelten lassen möchten. In gewissen Kreisen ist
es geradezu Mode geworden, diesen Dichter als einen
der Kritik die Würdigung und das Verständniß gefunden,
die ihm zukommen, bilden den Glanzpunkt des Lorenz'schen
bloßen „Macher“ zu behandeln. Ich habe diese Art der
Kritik nie begreifen können. Bei Lorenz ist nun eine Be¬
Buches. Sehr richtig bemerkt er, daß Abendpublikum und
urtheilung Sudermanns zu finden, die diesem gegenüber
Nachtkritik nicht geeignet sind, entscheidend und endgültig
über dieses Drama abzuurtheilen, und nur sie haben sich
eine ganz andere Stellung einnimmt als die Mehrzahl
bis jetzt darüber vernehmen lassen. Ich selbst habe die
der „maßgebenden" Kritiker. Sudermann fällt, wie Lorenz
„Drei Reiherfedern“ seinerzeit mit großer Freude als eine
mit Recht vemerkt, aus der Entwicklungsreihe der modernen
Literatur heraus die sich von Hauptmann bis Maeterlinck
wahrhaft schöne und tiefsinnige Ideendichtung begrüßt und
meine Studenten nachdrücklichst auf dieselbe hingewiesen,
und Hoffmannsthal hinzieht. Er ist eine für sich stehende,
und ich halte sie auch heute noch trotz aller verwerflichen
selbstandige und selbstherrliche Persönlichkeit von Kraft
Urtheile, die mir inzwischen darüber zu Gesicht gekommen
und Eigenart“ Sudermann ist kein Naturalist. „Er
sind, für das gehaltreichste und bedeutendste Werk der
spiegelt nicht Gestalten wieder, sondern er schafft selbst
welche. Er schafft sie aus dem Innern heraus“ Er ist
lich eine Meinung darüber anzumaßen, ob das Werk von
in seinem Verhältniß zur Außenwelt männlich, während
der Bühne herab hält, was es beim Lesen verspricht. Es
Hauptmann weiblich ist. Er hat nicht wie dieser bloß
war mir daher eine große Genugthuung, mich hierüber mit
Sinn für das Individuelle, sondern auch für das Typische.
Lorenz völlig einverstanden zu finden. Wie thöricht und
„Das Ruhige, Effektlose, Undramatische, das Fehlen der
vorurtheilsvoll es ist, die „Drei Reiherfedern“ „das zu¬
Handlung und des handelnden, führenden Helden, die
sammenhangloseste und verworrenste Bühnenwerk der letzten
Art, einen Charakter plastisch herauszuarbeiten unter Ver¬
Jahre“ zu nennen, wie dies einer unsrer „Maßgebenden“
— das alles, was früher als
zicht auf lebhafte Aktionen
gethan hat, daran wird Niemand mehr zweifeln, der Lorenz'
Mangel eines Dramatikers getadelt wäre, wurde in der
glänzende Wiedergabe ihres Inhalts gelesen hat. Ganz
Periode des Naturalismus als erstes und vornehmes,
verkehrt ist es auch, das Stück ausschließlich als „Märchen¬
rein künstlerisches Streben empfunden“. Darin dürfte
drama“ zu betrachten und es so darzustellen, als ob Suder¬
in der That der Hauptgrund liegen, weßhalb unsre „Ma߬
mann die Lorberen der „Versunkenen Glocke“ nicht hätten
gebenden“ Sudermann nicht gerecht werden, nicht gerecht
schlafen lassen. Mit dem gleichen Recht könnte man auch
werden wollen. Es ist ihre einseitige ästhetische Theorie,
„Hamlet“, „Lear“ und „Faust“ als Märchendramen be¬
die ihnen das Verständniß für Sudermann unterbindet.
zeichnen. Es handelt sich hier nicht um eine bloß spiele¬
Sie blicken noch immer ausschließlich durch die Brille des
rische Aneinanderreihung phantastischer Situationen und
Naturalismus und sind blind, wo diese Brille nicht zureicht.
Bilder, sondern um eine Versinnlichung und Symbolisirung
Jene Kritiker lassen sich den Traumidealismus „Hannele's“
innerster persönlichster Erlebnisse die zugleich ein Stück
die Märchenpoesie der „Versunkenen Glocke“, die Ver¬
der Zeitseele selbst zur Darstellung bringen. Prinz Witte
flüchtigung des Seins im Schein und Spiel, ja selbst
bedeutet nach Lorenz einen vorgeschritteneren Typus der
Macterlincks trübe Mystik und abstrakt idealistische Phan¬
wieder erwachten Seele. Die Kinderseele Maeterlincks und
tastik gefallen, da die Vorstellungswirklichkeit ja auch eine
Hoffmannsthals ist weiter herangewachsen zur Kraft und
Wirklichkeit ist und die psychologischen Gesetze, nach denen
zur Sehnsucht des Jünglings. „Wenn die Zeit der Kind¬
sich der Traum oder das Märchen abspielt, ja gleichfalls
heit und der Spiele vorüber ist regt sich im Jüngling der
Naturgesetze sind, so wie sich unsre Naturforscher den sub¬
Drang zum Leben. Mit dem Lebensdrang steht der Lebens¬
jektiven Idealismus Kants gefallen lassen, da sie damit ja
widerstand auf, und mit dem Lebenswiderstand steigt des
scheinbar gleichfalls auf dem Boden der Erfahrung bleiben.
Lebens Rätsel empor. Was ist das Leben? Wo ist sein
Aber daß Sudermann das Leben als ein reales auffaßt
Glück? Wie verhalten sich Sehnsucht und Erfüllung? Das
und es trotzdem nicht einfach passiv wiederspiegelt, sondern
ist das Problem vor das die romantische Jünglingsseele
des Prinzen Witte gestellt ist, das sie nicht lösen kann und
dem sie darum zugrunde geht.“ Lorenz nennt das
15 #. 104
(Lerk „eine romantische Tragödie". Vielleicht könnte man
es noch zutreffender die „Tragödie der Romantik“ nennen.
Es bringt die Seele der letzteren mit ihrer abstrakten Sehn¬
sucht, ihrem Gefühlsüberschwang und ihrer Willensschwäche