II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 334

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9.3. D(
ruene Kakadu
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Telephon 12801.
Alex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
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Nr. 18
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Ausschnitt aus:
Thtets ndaten hate
16r53 4 (W 7 10 —
Hüe Kunet, Mliesenschaft und Leben.
Die Calmi-Bobéme.
Die feinste Arbeit, die ich von Schnitzler kenne
(ich muß allerdings bemerken, daß ich nicht alle
kenne), ist der „Grüne Kakadu“. Es steckt ein
historischer—Gedanke in dem Drama, der immer
wieder fesselt. Die verlotterte Gesellschaft des
ancien régime, die des eleganten Amüsements über¬
drüssig ist, geht in eine zweideutige Spelunke und
sieht dem Treiben von Verbrechern und allerlei ver= asive

Für
lumpten Existenzen zu. In psychologischer Beziehung rto.
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giebt es am Ende kaum interessantere Zeiten, als solche ilbar
500
Perioden des Niedergangs, in denen sich die Extreme nahe dra
„ 1000
kommen — wie hier die Hefe der Gesellschaft und die Um ist
gebung des Hofes. Wenn derartige Zeichen auftauchen, #es
Abonne
Abonne steht das politische Barometer auf Sturm. Wenn die
wundernswert gerade den satten Menschen,
Aristokratie so anfault, wenn sie sich schließlich nicht
die das Leiden der wirklichen Bohémiens
nur räumlich, sondern auch in der verantwortungs¬
dem
auf
Gewissen haben, einen angenehmen
Inhalts losen Lebenshaltung dem Lumpenproletariat nähert,
verschaffen, indem man ihnen etwas
Kitzel zu
blätt dann ist der Untergang nahe. Derartige Maskeraden
„Bohöme“ vormimt, um sich dann nachher
wodure enden immer mit einer historischen Demaskierung
von den geschniegelten Herren kritisieren zu lassen,
Leben
die Aristokratie verliert nicht nur ihr Masken¬
die sich heute mit dieser und morgen mit jener Kor¬
theilun
kostüm, sondern auch das Kostüm ihres gesellschaft¬
ruption vertragen. Indes: ich räume ein, daß mein
lichen Ranges, auch ihr historisches Kostüm wird ihr
Geschmack in diesem Punkt etwas altmodisch sein
vom Leibe gerissen. Und nicht immer von zärtlichen
mag, und so mögen sich die Beteiligten auch in Zu¬
Händen.
kunft über diese Frage selbst einigen. Den Geschmack
Wir erleben nun hier in Berlin augenblicklich
haben sie ja doch ohne Zweifel.
eine ähnliche Maskerade. Auf lichterfüllten Bällen,
Gewiß hat die Bohôme ihre verwegene und lustige
wo kostbare Gesellschaftskleider zur Schau gestellt
Seite, aber wer ihre Tragik nicht empfunden hat,
werden, produziert sich die Bohème. In grotesken
hat ihr doch nie angehört, wenn er auch zehnmal
Kostümen laufen sie herum und die Ballgäste lassen
ungebundener gelebt hat, als seinen Tanten an¬
sich von ihnen zum Besuch eines Cabarets mit der
genehm schien. In geschlossenem Künstlerkreis oder
angenehmen Wendung einladen: „Komm nur herein,
in kleinen Kneipen, zu denen nur Eingeweihte Zu¬
Du Schurke!“ — genau wie im „Grünen Kakadu“
tritt haben, mag immerhin das Treiben der Bohôme
wo es den Mitgliedern der Aristokratie auch großen
sich enifalten; auf Allerweltsbällen indes
Spaß bereitet, von dem Wirt „Schurke“, „Spitz¬
aber, wie gesagt, lassen wir die Komödianten und
bube“ u. s. w. geschimpft zu werden. Du lieber
ihr Publikum sich ungehindert lieben.
Bezeichnend für Berlin bleibt die Sache aller¬
Himmel, man ist eben übersatt. Man hat nach¬
gerade alles „gehabt“, was man so für Geld haben
dings. In unserem Kunstleben macht sich der
kann. Die Leckerbissen sind schal geworden, seit sie
Talmi=Erfolg frech und blendend breit, nun haben
zur Alltagskost geworden sind; die Nerven sind
wir auch noch die Talmi=Erfolglosigkeit, die
stumpf geworden und bleiben träge den normalen
Talmi =Bohöme, oft genug gemimt von Talmi¬
Reizen gegenüber
„Komm herein, Du
Künstlern, damit die Verlogenheit sich ganz
Schurke“ ist endlich einmal etwas anderes. Der
vollende. Das System hat sich damit zu einer
Teufel hole die süßen Schmeicheleien; was man sich
Feinheit entwickelt, die man in ihrer be¬
gegenseitig Angenehmes sagen kann, hat man sich
sonderen Art bewundern kann. Es wäre grau¬
bereits hundertmal gesagt; ewig geistreiche Be¬
kam, wenn man hier bittere Betrachtungen anstellen
merkungen, Bonmots oder seien es auch nur Kalauer
und so die Harmonie der schönen Feste stören wollte.
produzieren zu müssen, wird auf die Dauer auch
Ich wenigstens bin zu weich dazu.
langweilig. Man kennt das ja alles auswendig,
Erich Schlaikjer.
auch die „geistreichen Anmerkungen“, ja gerade

die, — „Geist“ ist ja nachgerade etwas geworden,
das einen leidlich begabten Menschen am Ekel ersticken
läßt. Da sind „Hund“, „Spitzbube“ oder „Verbrecher“
doch endlich einmal Worte von neuem Klang. Vielleicht hat
so ein befrackter Gast auch früher einmal das Wort
Schusla“
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