II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 378

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9.4. ber pruche kakaon zyklus
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Ausschnitt
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OBSERVER“
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Ausschnitt aus:
„Deutsches Volksblatt“
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vom
—Hofburgtheater. Wir haben es herrlich weit gebracht
„in unserem Wien, das muß man sagen. Die erste Bühne der
Stadt, die einst mit Recht von sich sagen durfte, daß sie über¬
haupt die beste deutsche Bühne sei, ist zu einer Ablagerungs¬
stätte der dramatischen Erzeugnisse des dichtenden Judenthums
geworden. Seitdem der gewesene Kritiker der „Vossischen
Zeitung" ihr Leiter geworden ist, sind, mit ganz vereinzelten
Ausnahmen, überhaupt nur mehr Werke jüdischer Autoren zur
Aufführung gebracht worden. Das ist ein so krasses, schreiendes
Mißverhältnis, daß es, sollte man glauben, auch von Dem¬
jenigen peinlich empfunden wird, der nicht Antisemit
aus politischen oder anderen Gründen ist,
sondern
der sich nur ein gewisses Gerechtigkeitsgefühl bewahrt
hat. Gestern sind mit einemmale drei Schöpfungen Arthur
Schnitzler's in Scene gegangen, so daß derselbe nun am
Spielplan des Burgtheaters mit fünf Stücken vertreten ist,
von welchen vier in dieser Saison unter der Aegide Director
Schlenther's das Licht der Rampe erblickten. Wir sind
unparteiisch genug, zuzugeben, daß unter der stirnlocken¬
geschmückten Gilde der Wiener „Modernen“ Schnitzler noch
relativ der Begabteste ist, das rechtfertigt aber noch immer
nicht im Geringsten, daß er im Repertoire eines Theaters, das
noch dazu das Hofburgtheater ist,
in solcher
Weise Berücksichtigung findet. Nach dieser Recrimination,
zu deren Erhebung wir uns verpflichtet erachteten,
damit die stets fortschreitende Verjudung
unserer
Bühnenliteratur sich wenigstens nicht ohne Protest vollziehe,
wollen wir uns in aller Kürze den drei Novitäten des
gestrigen Abendes zuwenden. Einer der ersten Grundsätze der
fur 50 Zei Modernen ist es bekanntlich, trotz des Realismus, den sie
100
angeblich vertreten, daß sie dem Natürlichen und Wahrschein¬
200
lichen in einem weiten Bogen aus dem Wege gehen und der sis
500
leidigen Originalität zuliebe um jeden Preis anders sein
1000
wollen, als die Anderen, wenn es auch oft genug auf Kostenda¬
G
Im
Abonnement der Vernunft und Logik geschieht. Diesem Princip ist Schnitzler.sden
Abonnenten auch in seinen drei Einactern „Paracelsus“, „Die Gefährtin“
und „Der grüne Kakadu“ nicht untreu geworden, im Gegen¬
theil, Geschraubtheit, Gesuchtheit und Geistreichelei sind hier im
potencirtesten Maße vorhanden. Dem Verfasser haben offenbar
die drei Einacter Sudermann's, die durch ein allerdings
sehr schwaches, loses Band einer gemeinsamen Idee und durch
den Collectivtitel „Norituri“ miteinander im Zusammenhang
gebracht sind, als Vorbild gedient, das Gemeinsame seiner
Stücke scheint ihm aber selbst so wenig zum Bewußtsein ge¬
kommen zu sein, daß er von der ursprünglichen Absicht, dem
Beispiel Sudermann's vollständig zu folgen, abgegangen ist.
Wenn wir den Verfasser richtig verstanden haben —
wir gestehen die Möglichkeit eines Irrthums ruhig
ein
wollte er zeigen, wie schwer oft die Grenzen
zwischen Wahrheit und Komödie im menschlichen Leben
zu unterscheiden sind, und wie sehr manchmal Wirklich¬
keit und Phantasie ineinander verschwimmen. Schnitzler hat,
sowie Sudermann, räumlich und zeitlich weit auseinander¬
liegende Stoffe gewählt, um uns in überaus gekünstelter
Weise seine Absicht mitzutheilen. Im ersten der drei Einacter
hat er den Geist des seligen Theophrastus Paracelsus, des be¬
rühmten Wunderarztes des XVI. Jahrhunderts, beschworen, der
die Frau eines Baseler Waffenschmiedes, die er als Student,
geliebt hatte und deren Gatten er nun einen bösen Streich
spielen will, in eine Art hypnotischen Schlafes versenkt. Er
suggerirt ihr, daß sie mit einem im Hause ver¬
kehrenden Junker ein Schäferstündchen hatte, und
sie glaubt daran auch nach ihrem Erwachen. Der bestürzte
Gatte bittet nun den Paracelsus, sein Weib aus ihrem irrigen
Glauben zu reißen. Sie versinkt neuerlich in Schlaf und erhält
von Paracelsus den Auftrag, nach ihrem neuerlichen Erwachen
die Wahrheit und nur die Wahrheit zu sprechen. Was ge¬