II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 412

9.4. DerBruehe KakaduZukius
#is Herz eines] Spielereien der „Groteske: Der grüne Kakadu“, zum Tage
als er von des Bastille=Sturmes, an dem sich die Handlung angeblich
Abschied und begibt. Man wird die Kunde von der Kellerwirthschaft
ina, sie müßte
„Zum grünen Kakadu“ bei allen Augenzeugen und Ge¬
schichtschreibern der französischen Revolution von Chamfort
bis auf Mignet, Michelet und Taine vergebens suchen.
Diese Taverne, in der ein ehemaliger Theaterdirektor dem
blasirtesten Hochadel von Gaunern und Ganklern schlimmster
hätt' ich,
eben.
Sorte Gruselscenen, Verbrechertypen und Courtisanen¬
Stücklein ausspielen läßt, ist vielmehr nur eine schwache
rgen
ich Euch.
Nachahmung der unmodernen Spelunkenindustrie unter
der dritten Republik, in der ehemalige Kommunards und
dt
wirkliche oder vermeintliche Bagnosträflinge als Gastgeber
nicht komnn
den Bedands der Lebewelt Narrenspossen vormachten.
e ist das Ehe¬
Die widerliche Mode fand immer abgeschmacktere Nach¬
eines robusten ahmer. Passant, sois moderne! war als Lockruf auf der
Glück für sound jener Kneipenwirthschaft dieser Kategorie zu lesen.
ie hütet und Ein paar übermüthige Kunstzigenner trieben ähnlichen,
igerl Anselm nur geschmackvoller gewürzten Ulk im Chat-noir. Dort
uses gerathen gaben sie Flauberts „Tentation de Saint-Antoine“ ein
gibt ihm der andermal die napoleonische Legende, ein drittes Mal noch
Probe seiner tollere Schattenspiele zum besten. Und angesichts dieser
he=Zucht. Er
Suiten fühlte sich ein gescheiter Zuschauer — entsinn' ich
n platonischen mich recht, Jules Lemaitre — an die Schattenbilder in
rer Edelmuth
Plato's Höhle gemahnt.
den Ablaß zu
Ein ähnliches Motiv hat vermuthlich Schnitzler vor¬
is über ver¬
geschwebt, der offenkundige Spitzbuben und falsche Bieder¬
g des Waffen¬
männer dermaßen durcheinander wirbelt, daß ein Straßen¬
philosoph mit einem Anschein von Recht sagen darf: „Es
kommen Leute her, die Verbrecher spielen und andere, die
flugenblicke
es sind, ohne es zu ahnen.“ Folge: ein Komödiant
(Tabarins Urenkel, der Sohn von Leoncavallo's Bajazzo)
ersticht zum Beschluß einer lebenstreu gespielten Eifersuchts¬
scene den Herzog, der mit seiner Liebsten, einer Nymphe
der Porte Saint=Martin nur nach ihrem eigensten Begehr
hüten.
gescherzt und geherzt. Weßhalb die Berliner Polizei, die
en Sinn
schon vor Menschenaltern Brachvogels „Narciß“ mit
bin.“
ihrem Schlußappell an die rächende Revolution im Hof¬
Zeitalter der# theater spielen ließ, an Schnitzlers „Grünem Kakadu“
ragikomischen Anstoß nahm, ist rätselhaft. Selbst wenn „Der grüne
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Kakadu“ nur sinnbildlich als der gemeinsame Lebensbol
einer grundverderbten, oben und unten faulen Gesellsch
gefaßt werden sollte, kommt seine harmlose Symb
gegen die grimmige Wirklichkeit der „Weber“ nicht
Keinerlei Zensur= oder politische Bedenten, nur kriti
und historische Zweifel haben wir deßhalb ggen
Grünen Kakadu“ zu äußern. Grell und wirr, unklar;
langwierig schleppt sich die Scenenreihe fort, bis in
Triumphgeschrei der Stürmer der Bastille der nur a
wahre Wehruf der Cocotte Leocadie hineintöm: sie
niemals werth gewesen, daß ihretwegen irgend ein Mer
erdolcht werde. Mag sein, daß die Paraderolle des ne
Tabarin den „Grünen Kakadu“ eine Weile lang M
werden läßt, menschlich und künstlerisch haben wir
diese Groteske nicht viel übrig.
, nicht nur technisch, das Schauspiel: „
Gefährtin“ weitaus am besten gerathen. Wieder einn
wie in so mancher anderen Komödie und Erzähl
Schnitzlers, erweist sich der Tod als unbestechlicher Mensch
richter. Im „Sterben“, im „Vermächtniß“ in den Ski¬
Blumen“, „Die Todten schweigen“ 2c. hat der Dichter die
Lieblingsthema so viele Wandlungen abgewonnen, daß d
neue Variante dopvelt überrascht. Ein. betrogener
mann, Professor Pilgram, hat bei Lebzeiten seiner
20 Jahre jüngeren Frau Schicksal gekannt, zu ken
geglaubt. Nach dem Tode seines Weibes erfährt er
versehens, daß das Paar, dem er großmüthig verzei
wollte, nicht einer großen Leidenschaft zuliebe gesünd
sein Assistent hat mit Vorwissen der mitschuldigen F
Pilgram seine Verlobung vorbereitet, so daß die Rais
neufe des Schauspiels dem durch solche ungeahnte Nied
tracht maßlos Erstannten die Freiheit des Gemüths
durch eine heroische Kur wiederzugeben vermag#
„Jahrelang haben Sie um diese Frau gelitten
sich von einem Selbstbetrug in den anderen gestürzt, um
weiter lieben und weiter leiden zu dürfen — und jetzt wo
Sie sich noch weiter quälen, um eines Schicksals willen,
Sie sich nur einbilden, das diese Frau überhaupt nicht
leiden konnte, weil das Leben so leicht für sie war,
Menschen Ihrer Art gar nicht begreisen können.“