Für
Ab
des Dichters, den er doch badurch H
daß er keinen gemeinsamen Titel zur Anwendung brachte,
auch einigermaßen respectiren. So liegt denn weder ein
äußerer, noch ein innerer Grund vor, die drei Stücke
Schnitzler's anders als auf ihren absoluten Werth zu
prüfen, der allerdings recht ungleichartig ist. Er steigt genau
nach der Anordnung am Theaterzettel.
„Paracelsus“ bedeutet nicht mehr als die Dramatisirung
eines hübschen Anekdoteneinfalles, der stark mit psychologischem
Einschlage versetzt ist. Die Ausführung ist in die Breite
gerathen, die Verdoppelung der vorgeführten Hypnose schmälert
die ohnedies mehr äußerliche Wirkung. Der ganze dumme Be¬
sitzerstolz des Waffenschmiedes Cyprian scheint uns des com¬
plicirten Apparates nicht werth zu sein, der aufgeboten wird, gelusive
um ihn zu brechen. Auch sein Ehegesponsens, das sich durch Porto.
Jahre hindurch begnügt, rein platonisch zu sündigen und Zahlber
im Voraus
deren schließliche Läuterung nicht weiter reicht als bis zu der
Selbsterkenntniß: „Wenn Du mich hütest, kannst Du mir## ist das
vertrauen“ vermag uns nicht theaterwarm zu machen. Ueber=seht es den
dies sind die Verse des Stückes bis auf die wirklich schönenydern.
Gedankenreihen des „Paracelsus“ über das Leben als Spiel
in Form und Inhalt etwas stark alltäglich. Sie klingen nicht
nach in uns, sie haben kaum die Musik einer guten Prosa.—
Auch die Darstellung verdarb Vieles. Einzig Frau Schratt
traf den rechten, spießbürgerlich=lieben Ton. Herr Krastel
polterte sich wieder einmal aus. Fräulein Häberle und
Herr Frank erschöpfen ihre ganze Kunst darin — hübsch
auszusehen. Was soll man schließlich zu dem „Paracelsus“
des Herrn Robert sagen, der über eine hohle Mephisto¬
Variante nicht hinauskam und nicht einmal die äußersten
Kontouren des überlegenen Humors, der in diesem Großmeister
der Boheme steckt, festhalten konnte?
„Die Gefährtin“ hinterläßt in uns sehr gemischte Ge¬
fühle. Wir können die Bewunderung über die virtuose
Technik des Stückes nicht los werden, so sehr wir uns auch
von den Vorgängen selbst und den Menschen, die sie erleben,
abgestoßen fühlen. Die Scenenführung aber, die Art, in
welcher aus jedem Effecte zwingend der nächst höhere heraus¬
wächst, wird nicht leicht in einem zweiten Stücke gleich treff¬
lich nachzuweisen sein. Wie die ohnedies stark wurmstichigen
Illusionen dieses unglaublichen Herrn Professors über seine
todte Gattin in wenigen Minuten mit stark pointirten Ab¬
sätzen abwärts führen, das ist meisterhaft gemacht. Frau
Eveline betrügt ihn mit seinem eigenen Assistenten, den sie
liebt in ihrer Art. Frau Eveline weiß, daß ihr Geliebter
sich mit einer anderen verlobt hat, ohne daran weiter Anstoß
zu nehmen. Frau Eveline wird nur durch einen vorzeitigen
Tod daran gehindert, doppelten Ehebruch zu begehen. Frei¬
lich kann nur ein so erschrecklich bornirter Edelmüthiger,
wie dieser Professor erst auf dem Umwege über die Schnitzler¬
sche Virtuosität der Beweisführung zur Erkenntniß des
Dirnenthum seiner Frau kommen. Das Stück wurde vortreff¬
lich gespielt. Sonnenthal war so herrlich einfach, daß
Niemand den Muth fand über seine traurige Rolle zu lachen,
er spielte den Professor fast in einen Menschen um. Die Bleibtren
und Herr Zeska kamen seiner Kunst glücklich nahe. Von
allen wurde die penetrante Stimmung des ganzen Stückes
wohlthätig gedämpft. So fand das Publicum starken Gefallen
an diesem starken Fall.
Dasselbe Publicum hat sich beim „grünen Kakadu“
wieder einmal gründlich blamirt. Ein paar besonders Eifrige
haben sich ihren Unmuth vom Herzen gezischt. Die Wenigsten
jedenfalls scheinen ein Gefühl dafür gehabt zu haben, daß sie
einer Arbeit von außergewöhnlicher Bedeutung gegenüber¬
stehen. Mit einem verwegenen Humor, der wirklich etwas von
dem großen Zuge der Revolution an sich hat, führt uns
Schnitzler einen grotesken Ausschnitt des Tages, an welchem
die Bastille gestürmt wurde, vor. Stets auf der Schneide
zwischen blutigem Spaß und blutigem Ernst spielen sicht in
der Kellerwirthschaft eines gewesenen Schmierendirectors
Scenen von einer Lebendigkeit und Drastik ab, die
sowohl einzeln genommen, als in ihrer trefflich zusammen¬
gestimmten Gesammtheit uns nicht einen Augenblick
der
aus
höchsten Spannung kommen
lassen.
die Regie des fast unbändigen
Daß
Lebens,
welches in diesem Stücke an uns vorüberzieht, nicht Herr
werden konnte, darf der Autor nicht entgelten. Gelingt es,
bei den kommenden Vorstellungen die vorhandenen, fast
durchwegs zu lobenden schauspielerischen Leistungen zu einem
Ensemble zu verschmelzen, das nur einigermaßen den Reich¬
thum der Schnitzler'schen Phantasie bloßlegt, dann wird der
verdiente große Erfolg auch nicht ansbleiben. Freilich müßte,
was bestimmt nicht geschehen wird, Herr Sonnenthal
seine ausschlaggebende Rolle sofort einem jüngeren Collegen
abtreten. Denn er besitzt nicht mehr Spannkraft genug, um
das unbedingte Gefühl für den hinreißenden Schwung in uns
wach zu rufen, mit welchem uns der starke Schluß des
Stückes hinausführt auf die Gassen von Paris, in denen
dieselben perversen Aristokraten, deren verkommene Geilheit
wir soeben noch durch Blut aufgerüttelt sahen, einem frei¬
Bld.
heitstrunkenen Pöbel zum Opser fallen.
mreenen
Ab
des Dichters, den er doch badurch H
daß er keinen gemeinsamen Titel zur Anwendung brachte,
auch einigermaßen respectiren. So liegt denn weder ein
äußerer, noch ein innerer Grund vor, die drei Stücke
Schnitzler's anders als auf ihren absoluten Werth zu
prüfen, der allerdings recht ungleichartig ist. Er steigt genau
nach der Anordnung am Theaterzettel.
„Paracelsus“ bedeutet nicht mehr als die Dramatisirung
eines hübschen Anekdoteneinfalles, der stark mit psychologischem
Einschlage versetzt ist. Die Ausführung ist in die Breite
gerathen, die Verdoppelung der vorgeführten Hypnose schmälert
die ohnedies mehr äußerliche Wirkung. Der ganze dumme Be¬
sitzerstolz des Waffenschmiedes Cyprian scheint uns des com¬
plicirten Apparates nicht werth zu sein, der aufgeboten wird, gelusive
um ihn zu brechen. Auch sein Ehegesponsens, das sich durch Porto.
Jahre hindurch begnügt, rein platonisch zu sündigen und Zahlber
im Voraus
deren schließliche Läuterung nicht weiter reicht als bis zu der
Selbsterkenntniß: „Wenn Du mich hütest, kannst Du mir## ist das
vertrauen“ vermag uns nicht theaterwarm zu machen. Ueber=seht es den
dies sind die Verse des Stückes bis auf die wirklich schönenydern.
Gedankenreihen des „Paracelsus“ über das Leben als Spiel
in Form und Inhalt etwas stark alltäglich. Sie klingen nicht
nach in uns, sie haben kaum die Musik einer guten Prosa.—
Auch die Darstellung verdarb Vieles. Einzig Frau Schratt
traf den rechten, spießbürgerlich=lieben Ton. Herr Krastel
polterte sich wieder einmal aus. Fräulein Häberle und
Herr Frank erschöpfen ihre ganze Kunst darin — hübsch
auszusehen. Was soll man schließlich zu dem „Paracelsus“
des Herrn Robert sagen, der über eine hohle Mephisto¬
Variante nicht hinauskam und nicht einmal die äußersten
Kontouren des überlegenen Humors, der in diesem Großmeister
der Boheme steckt, festhalten konnte?
„Die Gefährtin“ hinterläßt in uns sehr gemischte Ge¬
fühle. Wir können die Bewunderung über die virtuose
Technik des Stückes nicht los werden, so sehr wir uns auch
von den Vorgängen selbst und den Menschen, die sie erleben,
abgestoßen fühlen. Die Scenenführung aber, die Art, in
welcher aus jedem Effecte zwingend der nächst höhere heraus¬
wächst, wird nicht leicht in einem zweiten Stücke gleich treff¬
lich nachzuweisen sein. Wie die ohnedies stark wurmstichigen
Illusionen dieses unglaublichen Herrn Professors über seine
todte Gattin in wenigen Minuten mit stark pointirten Ab¬
sätzen abwärts führen, das ist meisterhaft gemacht. Frau
Eveline betrügt ihn mit seinem eigenen Assistenten, den sie
liebt in ihrer Art. Frau Eveline weiß, daß ihr Geliebter
sich mit einer anderen verlobt hat, ohne daran weiter Anstoß
zu nehmen. Frau Eveline wird nur durch einen vorzeitigen
Tod daran gehindert, doppelten Ehebruch zu begehen. Frei¬
lich kann nur ein so erschrecklich bornirter Edelmüthiger,
wie dieser Professor erst auf dem Umwege über die Schnitzler¬
sche Virtuosität der Beweisführung zur Erkenntniß des
Dirnenthum seiner Frau kommen. Das Stück wurde vortreff¬
lich gespielt. Sonnenthal war so herrlich einfach, daß
Niemand den Muth fand über seine traurige Rolle zu lachen,
er spielte den Professor fast in einen Menschen um. Die Bleibtren
und Herr Zeska kamen seiner Kunst glücklich nahe. Von
allen wurde die penetrante Stimmung des ganzen Stückes
wohlthätig gedämpft. So fand das Publicum starken Gefallen
an diesem starken Fall.
Dasselbe Publicum hat sich beim „grünen Kakadu“
wieder einmal gründlich blamirt. Ein paar besonders Eifrige
haben sich ihren Unmuth vom Herzen gezischt. Die Wenigsten
jedenfalls scheinen ein Gefühl dafür gehabt zu haben, daß sie
einer Arbeit von außergewöhnlicher Bedeutung gegenüber¬
stehen. Mit einem verwegenen Humor, der wirklich etwas von
dem großen Zuge der Revolution an sich hat, führt uns
Schnitzler einen grotesken Ausschnitt des Tages, an welchem
die Bastille gestürmt wurde, vor. Stets auf der Schneide
zwischen blutigem Spaß und blutigem Ernst spielen sicht in
der Kellerwirthschaft eines gewesenen Schmierendirectors
Scenen von einer Lebendigkeit und Drastik ab, die
sowohl einzeln genommen, als in ihrer trefflich zusammen¬
gestimmten Gesammtheit uns nicht einen Augenblick
der
aus
höchsten Spannung kommen
lassen.
die Regie des fast unbändigen
Daß
Lebens,
welches in diesem Stücke an uns vorüberzieht, nicht Herr
werden konnte, darf der Autor nicht entgelten. Gelingt es,
bei den kommenden Vorstellungen die vorhandenen, fast
durchwegs zu lobenden schauspielerischen Leistungen zu einem
Ensemble zu verschmelzen, das nur einigermaßen den Reich¬
thum der Schnitzler'schen Phantasie bloßlegt, dann wird der
verdiente große Erfolg auch nicht ansbleiben. Freilich müßte,
was bestimmt nicht geschehen wird, Herr Sonnenthal
seine ausschlaggebende Rolle sofort einem jüngeren Collegen
abtreten. Denn er besitzt nicht mehr Spannkraft genug, um
das unbedingte Gefühl für den hinreißenden Schwung in uns
wach zu rufen, mit welchem uns der starke Schluß des
Stückes hinausführt auf die Gassen von Paris, in denen
dieselben perversen Aristokraten, deren verkommene Geilheit
wir soeben noch durch Blut aufgerüttelt sahen, einem frei¬
Bld.
heitstrunkenen Pöbel zum Opser fallen.
mreenen