Arbeiterschaft.
Gewährung ihres anerkannten guten Rechtes einen jämmer¬
lichen Brocken zu unterschieben, der übrigens mit voller Ab¬
Wahlrecht.
sicht in einer Form dargeboten wird, welche die praktische
nittags eine Ver¬
Verwirklichung auch dieser elenden Wahlreform unmöglich
aft statt, welche
macht. Die socialdemokratische Arbeiterschaft Niederösterreichs
on gegen die
brandmarkt dieses Vorgehen der christlichsocialen Beherrscher
Herabsetzung
des Landes als einen faulen Schwindel, der nichts
Wahlreform¬
Anderes offenbart als, den brutalen Egoismus und
idesausschusses ge¬
ihre feige Heuchelei.
inn der Zuzug der
Auch diese Resolution wurde einstimmig ange¬
ereits eine halbe
nommen, worauf der Vorsitzende Grosse die Ver¬
ren alle Theile des
sammlung mit der Mahnung schloß, in ruhiger
5000köpfigen
und würdiger Weise den Heimweg anzutreten. Unter
zen besetzt. Mehrere
Hochrufen auf die Sozialdemokratie und Absingung von
hr finden konnten,
Arbeiterliedern entfernten sich die Anwesenden. Die Polizei
es, verhielten sich
hatte die Zugänge zur Ringstraße abgesperrt und veranlaßt,
ihlreich aufgebotene
daß die Abziehenden über die Lastenstraße den Weg zu den
iten hatte. Namens
äußeren Bezirken nehmen. Den Anordnungen der Polizei
etschneider die
wurde auch widerstandslos folge geleistet. Vor dem Justiz¬
in welcher er be¬
palais wollte ein Arbeiterzug unter demonstrativen Rufen
it sei, eine Massen¬
die Kette von Wachleuten durchbrechen und vor das Rath¬
zustellen gegen das
haus ziehen. Auf Zureden Schumeier's, der sich in
faber, welche die
dieser Gruppe befand, stand die Menge von ihrem Vorhaben
hulpflicht ver¬
ab und trat durch die Lerchenfelderstraße den Heimweg an.
Vor dem Hause des Landesausschusses und Reichsraths¬
er die Schulfrage.
abgeordneten Dr. Geßmann demonstrirten die Arbeiter
irtei die Arbeiter
mit Abzug= und Pfuirufen.
tellung zu nehmen.
iese den Arbeitern
sie hat sich immer
Der Brünner Mord.
isen. Schon gestern
(Original=Bericht der „Neuen Montags=Zeitung“.)
esucher dieser Ver¬
Aus Brünn, 5. März, wird telegraphirt: Es dürfte
isammengeklaubten
wohl außer allem Zweifel sein, daß der am 2. d. M. in
nde Entrüstungs¬
Turas verhaftete Schuhmacher Anton Zavralek der
renbürgern“ nicht
Mörder des Uhrmachers Podrazil ist. Bei einer bei ihm
iedner) das Recht
vorgenommenen Hausdurchsuchung wurden in verschiedenen
hen. Glaubt denn
Verstecken vom Morde herrührende Schmuckgegenstände und
Recht haben, über
blutbefleckte Kleidungsstücke gefunden.
hschule beim
Ein weiteres Verdachtsmoment findet die Polizei in
der Spittel¬
einem Briefe, welchen sie am 24. v. M. erhielt. Derselbe
lautet: „Meine verehrten Herren! Das ist nicht das Erste
chtlich der Schule
und das Letzte, dessen wird es noch mehr geben,
Lehrer hinein!
meine Lieben. Der Schuster ist ein Durchtriebener,
agte eine Resolu¬
den sollt Ihr nicht so leicht bekommen, auch für 500 Kronen
Massenversamm¬
nicht!“ Unterschrieben war der Brief mit „K.“.
ialen Partei im
Die Schriftzüge des Briefes ähneln auffallend denjenigen
schulbehördlichen
n der obersten
eines Briefes Zavralek's an seinen Cousin, in welchem
er diesen um Gotteswillen bittet, auszusagen, daß er ihm
issenen und
Verderbung
(Zavralek) 36 Gulden gegeben habe.
ersuch, die besitz¬
Verschlechterung
Wieder ein Waldmensch.
Entwickelung zu
(Original=Bericht der „Neuen Montags=Zeitung“.)
ebührenden Ein¬
Aus Szegedin, 5. März, wird uns telegraphirt:
s erkämpfen
Nach einem Berichte des „Szegedinet Naplo“ wurde
zwingen, die
in der Nähe von Debreczin auf einem vollkommen
den praktischen
verwachsenen herrenlosen Feldstücke eine Hütte entdeckt, in
r Kinder ver¬
welcher bereits seit Jahren ein ganz verwilderter
fordern darum
Mann lebt, der seinen Namen nicht angeben wollte,
sondern nur erzählte, daß er seinerzeit den Liebhaber
esitzenden Classen
seiner Frau getödtet, hierauf die Frau selbst
idige Trennung
ermordet und die ihm zugemessene Strafe
tgeltlichkeit
verbüßt habe. Seit Jahr und Tag fristet er nun in
en Lehr= und Er¬
der Höhle, die nächst dem Schindanger gelegen ist, sein
Nahrung für die
Dasein. Auf die Frage, wie er sich seine Nahrung besorg!
eine menschen¬
habe, gab er an, er pflege nächtlicherweile vom Schindangen
r, die sie in den
die Hundecadaver zu holen, die er in seiner Hütte
ügen.
selche. Die Behörden haben den Mann in ihre Obhut
g angenommen.
genommen.
esprach das Schei¬
g und fand es als
eu hinzutretenden
ei Drittel des po¬
Burgtheater.
iber 16 Mandate
hkeit der Christ¬
[„Paracelsus“ — „Die Gefährtin“ — „Der grüne Kakadu“. Drei
Einacter von Arthur Schnitzler.]
dessen Wahl¬
Weil Sudermann seiner Einacter=Trilogie einen
agen, für die
gemeinsamen Titel gegeben und einen gemeinsamen Grund¬
gedanken darin zum Ausdrucke gebracht, werden krampfhafte
eit innerhalb
kritische Versuche gemacht, bei Schnitzler ein gleiches Leit¬
zunächst das
motiv zu entdecken. Können wir uns denn wirklich nicht von
lem über das
der ewigen Suche nach Anempfindungen emancipiren? Stehen
gegnerischer
daß sie sich wir heute vor einem neuen Werke, so fragen wir zunächst
##0044077)
fühle. Wir können die Bewunderung über die birküdse
Technik des Stückes nicht los werden, so sehr wir uns auch
von den Vorgängen selbst und den Menschen, die sie erleben,
abgestoßen fühlen. Die Scenenführung aber, die Art, in
welcher aus jedem Effecte zwingend der nächst höhere heraus¬
wächst, wird nicht leicht in einem zweiten Stücke gleich treff¬
lich nachzuweisen sein. Wie die ohnedies stark wurmstichigen
Illusionen dieses unglaublichen Herrn Professors über seine
todte Gattin in wenigen Minuten mit stark pointirten Ab¬
sätzen abwärts führen, das ist meisterhaft gemacht. Frau
Eveline betrügt ihn mit seinem eigenen Assistenten, den sie
liebt in ihrer Art. Frau Eveline weiß, daß ihr Geliebter
sich mit einer anderen verlobt hat, ohne daran weiter Anstoß
zu nehmen. Frau Eveline wird nur durch einen vorzeitigen
Tod daran gehindert, doppelten Ehebruch zu begehen. Frei¬
lich kann nur ein so erschrecklich bornirter Edelmüthiger,
wie dieser Professor erst auf dem Umwege über die Schnitzler¬
sche Virtuosität der Beweisführung zur Erkenntniß des
Dirnenthum seiner Frau kommen. Das Stück wurde vortreff¬
lich gespielt. Sonnenthal war so herrlich einfach, daß
Niemand den Muth fand über seine traurige Rolle zu lachen,
er spielte den Professor fast in einen Menschen um. Die Bleibtren
und Herr Zeska kamen seiner Kunst glücklich nahe. Von
allen wurde die penetrante Stimmung des ganzen Stückes
wohlthätig gedämpft. So fand das Publicum starken Gefallen
Lean diesem starken Fall.
Dasselbe Publicum hat sich beim „grünen Kakadu“
wieder einmal gründlich blamirt. Ein paar besonders Eifrige
haben sich ihren Unmuth vom Herzen gezischt. Die Wenigsten
jedenfalls scheinen ein Gefühl dafür gehabt zu haben, daß sie
einer Arbeit von außergewöhnlicher Bedeutung gegenüber¬
stehen. Mit einem verwegenen Humor, der wirklich etwas von
dem großen Zuge der Revolution an sich hat, führt uns
Schnitzler einen grotesken Ausschnitt des Tages, an welchem
die Bastille gestürmt wurde, vor. Stets auf der Schneide
zwischen blutigem Spaß und blutigem Ernst spielen sicht in
der Kellerwirthschaft eines gewesenen Schmierendirectors
Scenen von einer Lebendigkeit und Drastik ab, die
sowohl einzeln genommen, als in ihrer trefflich zusammen¬
gestimmten Gesammtheit uns nicht einen Augenblick
lassen.
der
höchsten Spannung kommen
aus
die Regie des fast unbändigen Lebens,
Daß
welches in diesem Stücke an uns vorüberzieht, nicht Herr
werden konnte, darf der Autor nich entgelten. Gelingt es,
bei den kommenden Vorstellungen die vorhandenen, fast
durchwegs zu lobenden schauspielerischen Leistungen zu einem
Ensemble zu verschmelzen, das nur einigermaßen den Reich¬
thum der Schnitzler'schen Phantasie bloßlegt, dann wird der
verdiente große Erfolg auch nicht ansbleiven. Freilich müßte,
was bestimmt nicht geschehen wird, Herr Sonnenthal
seine ausschlaggebende Rolle sofort einem jüngeren Collegen
abtreten. Denn er besitzt nicht mehr Spannkraft genug, um
das unbedingte Gefühl für den hinreißenden Schwung in uns
wach zu rufen, mit welchem uns der starke Schluß des
Stückes hinausführt auf die Gassen von Paris, in denen
dieselben perversen Aristokraten, deren verkommene Geilheit
wir soeben noch durch Blut aufgerüttelt sahen, einem frei¬
Bld.
heitstrunkenen Pöbel zum Opser fallen.
Nachtrag.
Der türkische Botschafter abberufen.
Ein Erpressungsversuch an dem Sultan und
Mahmud Nedim Bey.
(Telegramm der „Neuen Montags=Zeitung“.)
Budapest, 5. März. Einem hiesigen Blatte zu¬
folge wurde der türkische Botschafter in
Wien Mahmud Nedim Bey infolge eines Er¬
pressungsversuches, den ein Finanzagent
sowohl an dem Botschafter, als auch an dem
Sultan verübte, zur Berichterstattung nach
Constantinopel berufen.
Der türkische Botschafter in Wien Exc. Mahmud
Nedim Bey ist, wie wir erfahren, am 23. Februar
abgereist. In der türkischen Botschaft ist ein Ter¬
min der Rückkehr des Botschafters nicht be¬
kannt.
Gewährung ihres anerkannten guten Rechtes einen jämmer¬
lichen Brocken zu unterschieben, der übrigens mit voller Ab¬
Wahlrecht.
sicht in einer Form dargeboten wird, welche die praktische
nittags eine Ver¬
Verwirklichung auch dieser elenden Wahlreform unmöglich
aft statt, welche
macht. Die socialdemokratische Arbeiterschaft Niederösterreichs
on gegen die
brandmarkt dieses Vorgehen der christlichsocialen Beherrscher
Herabsetzung
des Landes als einen faulen Schwindel, der nichts
Wahlreform¬
Anderes offenbart als, den brutalen Egoismus und
idesausschusses ge¬
ihre feige Heuchelei.
inn der Zuzug der
Auch diese Resolution wurde einstimmig ange¬
ereits eine halbe
nommen, worauf der Vorsitzende Grosse die Ver¬
ren alle Theile des
sammlung mit der Mahnung schloß, in ruhiger
5000köpfigen
und würdiger Weise den Heimweg anzutreten. Unter
zen besetzt. Mehrere
Hochrufen auf die Sozialdemokratie und Absingung von
hr finden konnten,
Arbeiterliedern entfernten sich die Anwesenden. Die Polizei
es, verhielten sich
hatte die Zugänge zur Ringstraße abgesperrt und veranlaßt,
ihlreich aufgebotene
daß die Abziehenden über die Lastenstraße den Weg zu den
iten hatte. Namens
äußeren Bezirken nehmen. Den Anordnungen der Polizei
etschneider die
wurde auch widerstandslos folge geleistet. Vor dem Justiz¬
in welcher er be¬
palais wollte ein Arbeiterzug unter demonstrativen Rufen
it sei, eine Massen¬
die Kette von Wachleuten durchbrechen und vor das Rath¬
zustellen gegen das
haus ziehen. Auf Zureden Schumeier's, der sich in
faber, welche die
dieser Gruppe befand, stand die Menge von ihrem Vorhaben
hulpflicht ver¬
ab und trat durch die Lerchenfelderstraße den Heimweg an.
Vor dem Hause des Landesausschusses und Reichsraths¬
er die Schulfrage.
abgeordneten Dr. Geßmann demonstrirten die Arbeiter
irtei die Arbeiter
mit Abzug= und Pfuirufen.
tellung zu nehmen.
iese den Arbeitern
sie hat sich immer
Der Brünner Mord.
isen. Schon gestern
(Original=Bericht der „Neuen Montags=Zeitung“.)
esucher dieser Ver¬
Aus Brünn, 5. März, wird telegraphirt: Es dürfte
isammengeklaubten
wohl außer allem Zweifel sein, daß der am 2. d. M. in
nde Entrüstungs¬
Turas verhaftete Schuhmacher Anton Zavralek der
renbürgern“ nicht
Mörder des Uhrmachers Podrazil ist. Bei einer bei ihm
iedner) das Recht
vorgenommenen Hausdurchsuchung wurden in verschiedenen
hen. Glaubt denn
Verstecken vom Morde herrührende Schmuckgegenstände und
Recht haben, über
blutbefleckte Kleidungsstücke gefunden.
hschule beim
Ein weiteres Verdachtsmoment findet die Polizei in
der Spittel¬
einem Briefe, welchen sie am 24. v. M. erhielt. Derselbe
lautet: „Meine verehrten Herren! Das ist nicht das Erste
chtlich der Schule
und das Letzte, dessen wird es noch mehr geben,
Lehrer hinein!
meine Lieben. Der Schuster ist ein Durchtriebener,
agte eine Resolu¬
den sollt Ihr nicht so leicht bekommen, auch für 500 Kronen
Massenversamm¬
nicht!“ Unterschrieben war der Brief mit „K.“.
ialen Partei im
Die Schriftzüge des Briefes ähneln auffallend denjenigen
schulbehördlichen
n der obersten
eines Briefes Zavralek's an seinen Cousin, in welchem
er diesen um Gotteswillen bittet, auszusagen, daß er ihm
issenen und
Verderbung
(Zavralek) 36 Gulden gegeben habe.
ersuch, die besitz¬
Verschlechterung
Wieder ein Waldmensch.
Entwickelung zu
(Original=Bericht der „Neuen Montags=Zeitung“.)
ebührenden Ein¬
Aus Szegedin, 5. März, wird uns telegraphirt:
s erkämpfen
Nach einem Berichte des „Szegedinet Naplo“ wurde
zwingen, die
in der Nähe von Debreczin auf einem vollkommen
den praktischen
verwachsenen herrenlosen Feldstücke eine Hütte entdeckt, in
r Kinder ver¬
welcher bereits seit Jahren ein ganz verwilderter
fordern darum
Mann lebt, der seinen Namen nicht angeben wollte,
sondern nur erzählte, daß er seinerzeit den Liebhaber
esitzenden Classen
seiner Frau getödtet, hierauf die Frau selbst
idige Trennung
ermordet und die ihm zugemessene Strafe
tgeltlichkeit
verbüßt habe. Seit Jahr und Tag fristet er nun in
en Lehr= und Er¬
der Höhle, die nächst dem Schindanger gelegen ist, sein
Nahrung für die
Dasein. Auf die Frage, wie er sich seine Nahrung besorg!
eine menschen¬
habe, gab er an, er pflege nächtlicherweile vom Schindangen
r, die sie in den
die Hundecadaver zu holen, die er in seiner Hütte
ügen.
selche. Die Behörden haben den Mann in ihre Obhut
g angenommen.
genommen.
esprach das Schei¬
g und fand es als
eu hinzutretenden
ei Drittel des po¬
Burgtheater.
iber 16 Mandate
hkeit der Christ¬
[„Paracelsus“ — „Die Gefährtin“ — „Der grüne Kakadu“. Drei
Einacter von Arthur Schnitzler.]
dessen Wahl¬
Weil Sudermann seiner Einacter=Trilogie einen
agen, für die
gemeinsamen Titel gegeben und einen gemeinsamen Grund¬
gedanken darin zum Ausdrucke gebracht, werden krampfhafte
eit innerhalb
kritische Versuche gemacht, bei Schnitzler ein gleiches Leit¬
zunächst das
motiv zu entdecken. Können wir uns denn wirklich nicht von
lem über das
der ewigen Suche nach Anempfindungen emancipiren? Stehen
gegnerischer
daß sie sich wir heute vor einem neuen Werke, so fragen wir zunächst
##0044077)
fühle. Wir können die Bewunderung über die birküdse
Technik des Stückes nicht los werden, so sehr wir uns auch
von den Vorgängen selbst und den Menschen, die sie erleben,
abgestoßen fühlen. Die Scenenführung aber, die Art, in
welcher aus jedem Effecte zwingend der nächst höhere heraus¬
wächst, wird nicht leicht in einem zweiten Stücke gleich treff¬
lich nachzuweisen sein. Wie die ohnedies stark wurmstichigen
Illusionen dieses unglaublichen Herrn Professors über seine
todte Gattin in wenigen Minuten mit stark pointirten Ab¬
sätzen abwärts führen, das ist meisterhaft gemacht. Frau
Eveline betrügt ihn mit seinem eigenen Assistenten, den sie
liebt in ihrer Art. Frau Eveline weiß, daß ihr Geliebter
sich mit einer anderen verlobt hat, ohne daran weiter Anstoß
zu nehmen. Frau Eveline wird nur durch einen vorzeitigen
Tod daran gehindert, doppelten Ehebruch zu begehen. Frei¬
lich kann nur ein so erschrecklich bornirter Edelmüthiger,
wie dieser Professor erst auf dem Umwege über die Schnitzler¬
sche Virtuosität der Beweisführung zur Erkenntniß des
Dirnenthum seiner Frau kommen. Das Stück wurde vortreff¬
lich gespielt. Sonnenthal war so herrlich einfach, daß
Niemand den Muth fand über seine traurige Rolle zu lachen,
er spielte den Professor fast in einen Menschen um. Die Bleibtren
und Herr Zeska kamen seiner Kunst glücklich nahe. Von
allen wurde die penetrante Stimmung des ganzen Stückes
wohlthätig gedämpft. So fand das Publicum starken Gefallen
Lean diesem starken Fall.
Dasselbe Publicum hat sich beim „grünen Kakadu“
wieder einmal gründlich blamirt. Ein paar besonders Eifrige
haben sich ihren Unmuth vom Herzen gezischt. Die Wenigsten
jedenfalls scheinen ein Gefühl dafür gehabt zu haben, daß sie
einer Arbeit von außergewöhnlicher Bedeutung gegenüber¬
stehen. Mit einem verwegenen Humor, der wirklich etwas von
dem großen Zuge der Revolution an sich hat, führt uns
Schnitzler einen grotesken Ausschnitt des Tages, an welchem
die Bastille gestürmt wurde, vor. Stets auf der Schneide
zwischen blutigem Spaß und blutigem Ernst spielen sicht in
der Kellerwirthschaft eines gewesenen Schmierendirectors
Scenen von einer Lebendigkeit und Drastik ab, die
sowohl einzeln genommen, als in ihrer trefflich zusammen¬
gestimmten Gesammtheit uns nicht einen Augenblick
lassen.
der
höchsten Spannung kommen
aus
die Regie des fast unbändigen Lebens,
Daß
welches in diesem Stücke an uns vorüberzieht, nicht Herr
werden konnte, darf der Autor nich entgelten. Gelingt es,
bei den kommenden Vorstellungen die vorhandenen, fast
durchwegs zu lobenden schauspielerischen Leistungen zu einem
Ensemble zu verschmelzen, das nur einigermaßen den Reich¬
thum der Schnitzler'schen Phantasie bloßlegt, dann wird der
verdiente große Erfolg auch nicht ansbleiven. Freilich müßte,
was bestimmt nicht geschehen wird, Herr Sonnenthal
seine ausschlaggebende Rolle sofort einem jüngeren Collegen
abtreten. Denn er besitzt nicht mehr Spannkraft genug, um
das unbedingte Gefühl für den hinreißenden Schwung in uns
wach zu rufen, mit welchem uns der starke Schluß des
Stückes hinausführt auf die Gassen von Paris, in denen
dieselben perversen Aristokraten, deren verkommene Geilheit
wir soeben noch durch Blut aufgerüttelt sahen, einem frei¬
Bld.
heitstrunkenen Pöbel zum Opser fallen.
Nachtrag.
Der türkische Botschafter abberufen.
Ein Erpressungsversuch an dem Sultan und
Mahmud Nedim Bey.
(Telegramm der „Neuen Montags=Zeitung“.)
Budapest, 5. März. Einem hiesigen Blatte zu¬
folge wurde der türkische Botschafter in
Wien Mahmud Nedim Bey infolge eines Er¬
pressungsversuches, den ein Finanzagent
sowohl an dem Botschafter, als auch an dem
Sultan verübte, zur Berichterstattung nach
Constantinopel berufen.
Der türkische Botschafter in Wien Exc. Mahmud
Nedim Bey ist, wie wir erfahren, am 23. Februar
abgereist. In der türkischen Botschaft ist ein Ter¬
min der Rückkehr des Botschafters nicht be¬
kannt.