II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 513

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9.4. Der gruche Kakadu Zuklus
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— Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31 a.
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Die Einacter.
Im Burgtheater hat man dem jungen Wien Gelegenheit gegeben,
einmal repräsentativ zu beweisen, dass es über keinen eigenen Ton
Wiener Bühnen.
verfügt. Herr Arthur Schnitzler, der noch immer den geringfügigen
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K. k. Hof-Burgtheater. Drei Einacter von Arthurschnitzler
Ruhm genießt, in solcher Mitte der Beste zu sein, und der durch
„Paracelsus“, Schauspiel, „Die Gefährtin“, Schauspiel,
eine solide literarische Geschäftsgebarung im voraus manche Syin¬
Kakadn“, Groteske. Der Autor war bisher ein eifriger Anwalt der Frauens
pathien für sich hatte, kam mit drei Einactern zu Worte. Weil ihm
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in seinen Stücken; die unglücklich liebende, die unverstandene,edie
wiederholt schon ein hübsches Talent für erste Acte nachgerühmt
betrogene, die ehrbare Frau — sie Alle fanden in ihm einen beredten
wurde, will er seine dramatische Kurzathmigkeit jetzt als Geure
Vertheidiger. Er scheint jetzt objectiver und verstandeskühler geworden
pflegen. Paracelsuss ist eine Blüctte, die ihre gedankliche Nichtig¬
zu sein, die Vernunft hat über das Herz gesiegt — genug — Schnitzler
keit in historischem Gewande darbietet. Es ist Schnitzlers Höhen¬
stcht in seinen neuen drei Einactern direct im weiberfeindlichen Lager,
flug: wo er aus dem Bereiche seiner anmuthigen Wiener Empfindsam¬
oder wenn das zuviel gesagt ist, er sicht das Weib ohne rosige Brille an
keiten hinausstrebt, muss er auf Fuldas Ebene landen. — Die
und hat erkannt, dass nicht nur im Mann, sondern auch im Weibe, wenn
Gefährtine ist ein seitsames Kunstproduct gewollter Psychologie.
es sich um die sogenannte „Liebe“ handelt, stets die brutale Bestie im
Die Scene gewährt einen Prospect auf das Grab einer Frau, und mit
Hintergrunde lauert. In „Paracelsus“ beweist Schnitzler auf höchst
verthieilten Rollen wird ein Nachruf gesprochen, der zu ungeschickt
geistreiche Weise durch den anderen hypnotischen Apparat, den der alte
abgefasst ist, um nicht peinlich zu wirken. Bei Strindberg hat der
Dr. Bombastus Paracelsus von Hohenheim zu seiner Zeit gewiss sehr
Hass eine Technik geschaffen, und wenn er es unternähme, gegen
gut gekannt haben mochte, dass auch in der ehrbarsten Ehegattintsofort
das frische Grab einer Frau zu polemisieren, so würde man eben
der Wunsch nach Treulosigkeit und süsser Sünde sich regt, wennsein¬
dem Temperament bewilligen, was man Herrn Schnitzler und seiner
hübscherer Mann auf dem Plan erscheint, als der Herr Gemahlistn
umständlichen seelischen Obduction nicht verzeihen kann. Das Werk¬
der „Gefährtin“, dem besten und geistvollsten Einacter von allen dreien
chen trieft von psychologischem Doctordünkel. Der Gedankengang,
erkennt ein alter, ehrenhafter Professor nach dem Tode seinerjunger
der sich in einer kurzen und geraden Linie prächtig erschöpfen ließe,
hübschen Frau, dass er auf eine schändliche Weise von ihr betrogenwurde
verläuftspiralenförmig, unddas armselige Thema wird den verzweifeltsten
nicht aus Liebe zu dem jüngeren Hausfreunde, sondern ausreiner
Drehungen unterworfen. Die Gefährting ist geradezu das Meister¬
thierischer Brunstgier, aus Freude und Gefallen am gemeinsten-Schmute#
stück scenischer Unbeholfenheit; ein Monolog der Hauptperson, der
Er, der sich sein Weib aus Liebe zu ihr zum Schicksal hatte werden¬
lassen, er sieht ein, dass kein Weib es verdient, dass man es zur Lebense
noch rechtzeitig durch das Eintreten einer esympathischen Frauen¬
heroin, zur Schicksalsnorne werden lässt, und dass nur die Freiheit vom
gestalte verhindert wird, einer edlen Dulderin der Stichworte. — -Der
Weibe des echten Mannes wahrhaft würdig ist. Im „Grünen Kakaduss
grüne Kakadus heißt des Abends bester Theil. Hier ist Herrn Schnitzler
bringt Schnitzler das Dirnenthum im niedrigen und vornehmen Weibe
wenigstens wieder ein sicherer und launiger Dialog geglückt. Und die
in die grelle Beleuchtung der Bühnenrampe; das mit grossem Tempera¬
Mache blinkt so sauber, dass sie zuweilen selbst über den Eindruck
ment und Aufwand an Figuren und freiheitlicher Begeisterung gemachte
Stück spielt am Tage der Erstürmung der Bastille in Paris, und zwar
Gürtele auf dem Hintergrund der großen Revolution hervorrufen musss#
in einer Weinspelunke zum „Grünen Kakadu“, wo allerhand aristokratisches
Es ist ja nicht zu verlangen, dass eine solche Zeit in den Köpfen
Gesindel sich mit herabgekommenen Schauspielern amüsirt, bis ein alter
des jungen Wien andere als anekdotische Stimmungen auslöse. Soi“
Schauspieler, von seinem Dirnenweibe betrogen, einen Herzog erdolcht,
schen wir das Gewaltige zu einem netten Genrebildchen eingefangen
und das Volk jubeind von der Bastille-Eroberung hereinstürmt. Herr
Wo dieses zu jenem sich erweitert, fällt der Vorhang, und der Autor
Sonnenthal stellte hier den Schauspieler und in der „Gefährtin“ den¬
Zbewies, dass seine Geschicklichkeit sogar noch knapp bis zum Über¬
alten Professer mit grosser Kraft und Wärme dar; den Paracelsus gab
gangreicht. Das ist nicht wenig, und um des . Grünen Kakadus-Witten
Herr Robert mit manirirtem Dämonismus, Frau Schratt das ehrbare
dürfte sich der Einacter-Cyclus auf dem Repertoire behaupten. Viel¬
chmiedsweiblein. Der Erfolg war warm, und Herr Schnitzler
leicht versucht man es dann auch mit einer oder der anderen Scene
1
selbst mehrmals dankend nach den Artschlüssen erscheinen.
aus dem-Anatol-, der bis heute noch Schnitzlers dramatisches Können
auf die prägnanteste und gefälligste Art umschrieben hat.