II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 514

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Sport und Salon.


OHRONK.
TIIETER=
Manne eine Gefährtin sein, und nicht eine Geliebte.
Burgtheater. Schon einmal in der heurigen Theater¬
Wenn sie aber nur immer eine Geliebte wäre, wenigstens
saison war Arthur Schnitzler vor dem Burgtheater¬
die eines Anderen — oft aber ist sie nicht einmal die
publicum erschienen; damals galt der Erfolg seinem drei¬
Geliebte eines Anderen, sondern nur seine Dirne! — Dies
actigen Schauspiel-Das Vermächtnisse, neulich, am 1. März,
ist an einem concreten Falle gezeigt. Professors Pilgram
konnte er für die freundliche Aufnahme seiner drei Einacter:
Frau ist eben begraben worden, er weiss, dass sie ihm
Paracelsuss,Die Gefährtins und -Der grüne Kakadu¬
nicht treu war, er gibt ihr keine Schuld, er ist für sie zu
danken. Ich will weder den bereits üblichen Vergleich mit
alt gewesen. Er weiss, dass sie ihn mit seinem Assistenten
Sudermann’s Morituris anwenden, noch mich, wie andere¬
Dr. Hausmann hinterging. Er zürnt Keinem von Beiden. —
Herren, damit quälen, den drei Stücken einen gemeinsamen
Als er aber erfährt, dass sein Schüler verlobt ist, seit
Titel zu geben oder ihnen eine Grundidee aufzuzwängen; —
ich bin der Meinung, der Autor selbst hätte es gethan, zwei vollen Jahren verlobt, und dennoch ihn mit seiner
wenn es nothwendig gewesen wäre. — Die drei Stücke Frau hinterging, da jagt er ihn wüthend aus dem
Hause. — Von der Freundin
sind grundverschieden, sowohl
seines Hauses aufgeklärt, dass

in Bezug auf Inhalt, als auch
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seine Frau es ja gewusst und
auf Mache, Theatereffect und
gut geheissen, bricht er gänz¬
Form des Dialoges. Das erste
lich zusammen. — Sonnen¬
Schauspiel -Paracelsuse führt
thal spielte mit feiner Modu¬
uns in das 16. Jahrhundert
lirung den alten Professor. —
zurück. Der grosse Alchymist
Das beste und vollste Stück
ist eben in Basel erschienen, wo
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jedoch ist das letzte: -Der
er als Student die jetzige Frau
grüne Kakadu.: Es steckt viel
des Waffenschmied Cyprian,
Humor und viel Tragik in
Justina, liebte. Er zeigt am
diesem einen Act. Und immer
Marktplatz vor dem versam¬
wenn Schnitzler humorvoll
melten Volke zum Aerger
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wird, ist er am besten; der
des Stadtarztes Copus seine
grosse Sprung vom lustig¬
Künste. Cyprian, der biedere

tollen Ausgelassenen zur
Bürger, der gerne fahrendes
#.
furchtbaren Tragik gelingt ihm
Volk in sein Haus aufnimmt,
famos. Im .Grünen Kakadue
um sich nachher desto mehr
zu Paris kommt alles mögliche
seiner Sesshaftigkeit zu freuen,
Volk zusammen. Die Aristo¬
bringt Paracelsus in sein Haus.
kraten lachen über die Schmä¬
Justina, Cyprians Gattin, hat
hungen des Pöbels, der — das
eben die Liebeswerbungen des
s2

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Stück spielt zu Beginn der
Junker Anselm ausgeschlagen.
französischen Revolution
— Im Laufe des Gespräches
N 3055 (6.
E 110 „3l N J00
die Bastille erstürmen will.
fordert Cyprian den grossen
Man lacht, man spielt
Louise ven Ehrenstein.
Zauberer auf, seine Kunst zu
Nach einer Original-Aufnahme aus dem k. u. k. Hof-Atelier Karl Pietzner.
Komödie, man stiehlt, man
zeigen. Er hypnotisirt Frau
schimpft und — mordet.
Justina und suggerirt ihr den
Auch in dem Stücke ist für eine Glanzrolle für Sonnen¬
bösen Traum, sie sei in Anselms Arme gelegen. Als sie aus
thal gesorgt. Er gibt einen Komödianten, der eine Eifer¬
der Hypnose erwacht, flehtsie ihren Gatten um Erbarmen an;
suchtsscene darstellt, und in dem auf einmal wirklich die
Cyprian weiss zum Schluss nicht mehr, was an ihren Reden
Eifersucht um sein junges, eben angetrautes, leichtlebiges
Wahres dran sei, bis Paracelsus sie abermals hypnotisirt und
Weib erwacht und der sich in diesem Momente der Lei¬
sie die Wahrheit bekennt; sie hat einst Paracelsus heiss
denschaft hinreissen lässt, den Liebhaber seiner Frau zu
geliebt und hätte Alles für ihn hingegeben; seitdem sind
ermorden. — So grundverschieden die drei Stücke sind, so
Jahre verflossen, sie hat Cyprian geheiratet und ist ihm!
sind sie alle gut, die einen mehr, die anderen minder!
ein treues Weib geworden. Alle Verwirrung ist beseitigt.
Alle drei sind volle und ganze Talentproben Schnitzler’s,
Allseitige Freude, Ende gut — Alles gut. Die dankbare
der vor allen jungen Dramatikern Oesterreichs berufen ist,
Rolle des Paracelsus spielte Robert meisterhaft. Es ist
das Beste zu leisten. Dort wo er unconstruirt ist, wo er
alles im Leben — Spiel, — und Paracelsus hat sich das
menschlich und nicht allzu menschliche wird, reisst er
Spiel mit Seelen und Menschenschicksalen gewählt= ist
immer hin. Die Stücke beweisen das; dennoch bleibt er
die Grundidee. — Düster und drückend ist das zweite
weiter der Dichter der -Liebeleis, — vielleicht wird sein
StückDie Gefährtins. Es ist überaus fein gemacht und
nächstes Stück auch diese in den Schatten stellen. C. C. S.
seelisch differenzirt, so dass der gewöhnliche Zuschauer
keinen grossen Genuss daran findet; die Handlung ist dünn,
die dramatische Idec ist folgende: Die Frau sollte dem
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