II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 576

ich
in
en
r
1
iel
kan
ry
9.4. DerErnene Kakadn zyklus
am Tage vorher und will ihn
den Schriftsteller sehr dankenswerthes Sujet; aber von
begen. Henri steht erstarrt, und
tieferer Bedeutung doch nur dann, wenn beide in innerem
erscheint der Herzog von
Zusammenhang ständen. Hätte Schnitzler den erfolglos
zählung Henris war nichts als
gebliebenen Versuch Hauptmann's im Florian Geyer
wiederholt, zu zeigen wie auch in der Vergangenheit das
ein für Wahrheit nahm. Jetzt
Individuum ein Resultat aus ererbten und anerzogenen
iß, wird aus dem Spiel blutiger
Eigenschaften bildet und die Geschehnisse ein
og wirklich nieder.
Produkt aus Individuum und Milien, so läge
Bajazzi“ drängt sich unabweisbar
darin die That eines überzeugten Realisten, denn
wäre der grüne Kakadu zunächst
so lange diese Lehren nicht für das historische Drama
ksames und eigenartiges Schau¬
auch als richtig befunden sind, ist es mit ihrer unwider¬
viele fein=ironische Züge erhöht
leglichen Richtigkeit nicht weit her. Aber Schnitzler hat
chsofort, went man erfährt, daß
den Versuch gar nicht machen wollen. Die Heranziehung
enwart spielt, auch nicht an einem
der Revolution ist etwas rein Aeußerliches. Die Fabel
nam 14. Juli11789, dem Tage der
des Stückes hat mit ihr nicht das Geringste zu thun.
Jetzt gewünt die Gegenüber¬
Hierin liegt zugleich die Rechtfertigung seiner eigenen
neipe und der Aristokratie ein
Behauptung, daß der grüne Kakadu kein politisches Stück
haßerfüllten Reden, die Prospère
sei. Denn auch dafür wäre wieder nothwendig gewesen,
Flüche, die ihnen die als Zucht¬
daß die Korruption, die in der Welt der Verbrecherkneipe
uspieler entggenschleudern, sind
herrscht, aus ihren Gründen her erklärt wird und daß
Reizes halbec ersonnen, pikante
die Schuld der Aristokraten an diesen Gründen gezeigt
elnden Gericht, nicht Spiel im
wird. Nichts von alledem.

Es ist ein reiner Zufall,
sondern Wahlheit im Kleide des
daß der Geliebte der schönen Leokadie ein Herzog und
zog von Catignan drängt zum
Führer der Royalisten ist. Die alltägliche Geschichte der
Volk von Paris in den grünen
leichtsinnigen Frau, die ihren Mann beiügt, hat nichts
fliehen erschreckt, und niemand
zu thun mit den Ursachen der Revolution
Heuri zu ergseisen. Seine That
Die Polizei hat also gewiß nach ihren Prinzipien
Denn uner dem Pöbel, der
richtig gehandelt, als sie das Stück freigab. Weder lag
befinden sch schon die Typen
eine Verherrlichung der Ereignisse von 1789 vor, noch
nes, der strikenden Frauen, der
eine Satire auf nenzeitliche Verhältnisse, und falls
ob über den Halse der schönen
in
der Censurabtheilung ein literaturverständiger
sMesser des Bürgers Guillotin
Beamter sitzt, hat er gewiß darauf hingewiesen, daß
ug der grosen politischen Be¬
schon das für Schnitzler's gute Ab= und Ansichten
schicksal wär nun sicher ein für
spricht, daß er sich von den Realisten abgewandt
box 15/6
hat, deren Privileg es ja zu sein schien, nicht nur die
Schilderer sozialen Umsturzes zu sein, sondern sogar
deren Vorkämpfer. Und doch, trotzdem dies alles richtig
ist, liegt in dem unpolitischen und antirealistischen grünen
Kakadu eine viel gefährlichere Tendenz, als es das Aus¬
sprechen sozialistischer Gedanken auf der Bühne je mit
sich bringen kann. Denn diese in den letzten Jahren
bis zum Ueberdruß gehörten Phrasen dienten doch immer
einer positiven Idee. Immer lag ihnen die Anschauung
zu Grunde, es müsse an Stelle des schlechten Alten
besseres Neues gesetzt werden. Im letzten Kern also
waren alle diese Stücke idealistisch, denn sie basirten auf
der Möglichkeit einer Fortentwickelung.
Der grünen Kakadu ist in seinem innersten Problem
antisozial, denn er verneint den Werth des Bestehenden
und bezweifelt die Besserungsfähigkeit der Dinge, der
Verfasser nimmt gegen die Aristokraten und gegen die
Demokraten Partei, die einen wie die andern sind nicht
ernst zu nehmen, denn nichts auf Erden ist nach seiner
Ansicht ernst zu nehmen; alles fließt, alles unterliegt
dem Zweifel, und nur der Skeptiker hat Recht. Um sich
diesen Gedankengang ganz klar zu machen, muß man
eins von den anderen gestern gegebenen Stücken herauziehen,
„Paracelsus“, dessen Erfolg und Bedeutung freilich mit dem
grünen Kakadu nicht zu vergleichen war. Theophrastus Bom¬
bastus Hohenheim ist nach vierzehnjähriger Abwesenheit
unter dem Namen Paracelsus wieder in seine Heimathstadt
Basel zurückgekehrt. Er findet seine Jugendgeliebte als Gattin
des philiströsen und ehrsamen Meister Cyprian, der ihn
zwar in sein Haus ladet, dann aber den reichen Arzt als
einen Gaukler und Zauberer verspottet. Aus Rache und
um ihm einen Beweis seiner Macht zu geben, hypnotisirt
Paracelsus die Frau Justina und suggerirt ihr ein
Schäferstündchen mit einem Junker, der sie, wie er weiß,