II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 578

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kentsetzten Ehemann, der
nschuldig=schuldige Frau
en. Erst als Justina
Paracelsus ihr imputirte,
selbst nicht mehr weiß,
sen, entschließt er sich,
otisirt sie nochmals und
hr zu sein und ihre ge¬
Nun stellt sich heraus,
en Gebanken lag, noch
gcelsus einst geliebt und
stzeu, daß sie nnn aber
uch beschränkten Gatten
rSonne wird sie ihr
telsus verläßt die Stadt,
sen, was sein geheimster
durch die Lande treibt.
m Schluß spricht er es
wir auf Erden treiben?“
Sein und Schein zu
ies ist Traum und dies
ing, da wir doch nie
für wahr und that¬
ist also der Zweifel
leiche Gedanke, der der
ist und dem Schopen¬
iter entwickelt hat. Der
n Dingen, nichts ist fest¬
peut-être. Genau das¬
Kakadn vor. Während
mit Blut und Gewalt
hn zu schaffen scheint,
DerErnene Kakadu— Z#kius
sitzen innen im kleinen Raum die Menschen zusammen,
sehen alles und wissen doch nichts. Niemand kennt sich
mehr aus, jeder hält das Spiel des anderen für Ernst,
jeder handelt unter anderer Voraussetzung von derselben
Sache, das Ding an sich vermag keiner zu erkennen, und
das Schicksal spielt vielleicht mit allen.
Wohin eine solche grüblerische Anschauung, die ihre
Zweifel hegt und liebt wie theure Kinder, führen kann,
zeigte das Leben des Professors Pilgrim in dem dritten
Einakter des Abends „Die Gefährtin“. Der Professor
lebt seit zehn Jahren mit seiner Frau, die er liebt und
die ihn mit seinem Freund und Assistenten betrügt. Er
weiß es, aber er verbirgt sein Wissen, weil er meint,
daß die Jugend, die zusammengehöre, in heißer Leiden¬
schaft sich zusammengefunden habe. Nach dem Tode
seiner Frau erst erfährt er, daß sie für den jungen Freund
nur eine Geliebte war, daß sie wußte, er werde eine
andere heirathen, und daß zwischen ihnen nicht Liebe,
nur Sinnenreiz geherrscht hat. In Erkenntniß seines
Irrthums jagt der Professor den jungen Mann fort.
Mit Unrecht, denn er allein ist Schuld. Hätte er das
Leben als wahr genommen, statt sich mit philosophischem
Spintisiren hinwegzusetzen über alle Konvention und
alles Recht, so wäre es nie so weit gekommen. Nur in
seiner Phantasie bestand das Fatum, dem er erlag.
Nur weil er zweifelte an seinem Rechte, verlor er es
und kam dahin, das widernatürliche und unmoralische Ver¬
hältniß im eigenen Hause zu begünstigen. Auch ihm war
versagt, die Grenzen des Vorhandenen von der Gedankenwelt
klar ziehen zu können. Und so herrschte in seinem Hause
die furchtbare Negirung aller Gesetze, die die unabweis¬
liche Konsequenz des Zweifels an der wirklichen Existenz
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wnnmnmnemen
der Dinge ist und die man in ihrer politischen Er¬
scheinungsform den Anarchismus nennt.
Von den beiden Reaktionen, die der literarische
Sozialismus hervorrufen konnte, scheint den Nord¬
deutschen die Phantasie, den Wienern — man denke an
Peter Altenberg und Hoffmannsthal — der Zweifel zu¬
getheilt. Auch abgesehen von der politischen Lage Oester¬
reichs ist das verständlich. Denn dies Manko, irgend
ein festes Panier aufpflanzen zu können, dies fort¬
währende scheue Zurückweichen vor der robusten Wahr¬
heit in irgend einer Form, scheint ein fester Bestandtheil
der Gedankenthätigkeit in Wien zu sein. Der Realismus
hat dort nie die Bedeutung gehabt wie bei uns. Kenn¬
zeichnend genug ist es, daß gerade der relativ Entschiedenste
jetzt zur Umkehr kommt. Ob sie endgültig ist, muß freilich
fraglich erscheinen. Daß aber Schnitzler die Hypnose
neulich schon in einem anderen Stück auf die Bühne
brachte, und jetzt wieder, daß er hinabstieg in das Mittel¬
alter des geheimnißvollen Kabbalisten Paracelsus, ist
doppelt bemerkenswerth, weil er die Auregung dazu wohl
mehr als Arzt empfing denn als Dichter. Es ist ein
bedeutsames Zeichen der Zeit, daß gerade der exakte
Naturwissenschaftler, der vor wenigen Jahren noch
Materialist sans phrase hätte sein müssen, statt Büchner'¬
scher oder Häckel'scher Lehren, statt Skalpell und Anatomie
die Grenzgebiete der physischen und psychischen Welt der
Literatur entdecken möchte und verkündet, mon müsse
Frank.
die Welt scheinen lassen, bis sie werde.