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Nr. 18
Das Magazin für Litteratur.
1899
eben mit Léocardie vermählt. Er will darstellen, wie
Eine Berichtigung zum Artikel „Eine
er den Herzog von Cadignan getötet hat, weil seine
Frau mit diesem in Liebschaft lebte. Da erfährt er,
berühmte Dichterin.
daß diese Untreue auf Wahrheit beruht. Der Herzog
Die Leser erinnern sich, daß vor einiger Zeit über
kommt zur rechten Zeit in die Spelunke, und Henri
tötet ihn nun wirklich. So packend das auch für ein
eine „deutsche Dichterin,“ Johanna Baltz, in dieser
auf äußere Theaterwirkungen sehendes Publikum sein
Wochenschrift ein Artikel erschienen ist. Er stellt dar,
mag: das Ganze ist doch nur höherer Ulk; es erinnert an
auf welche Weise der Dilettantismus manchmal in
Schaustellungen, die niederem Geschmack dienen, und
Deutschland „berühmt“ wird. Fräulein Baltz schickte
ist im einzelnen langweilig.
nun eine Berichtigung. Ausdrücklich bemerkt werden
Der beste der drei Einakter ist „Paracelsus“. Die
muß, daß der Verfasser jenes Artikels für den Inhalt
abenteuerlich=geheimnisvolle Persönlichkeit des 16. Jahr¬
persönlich eintritt. Aber was kann man nicht alles
hunderts führt mit Hilfe des Hypnotismus im Hause
berichtigen! Ich druckte also die mir von dem Herrn
eines Waffenschmiedes einen Streich aus. Er suggeriert
Rechtsanwalt des Frl. Baltz gesandte „Berichtigung“
mpen Haudwereen
DAus technischen Gründen aber mit kleinerer Schrift
daß sie einen Nachmittag lang die Wahrheit sagen
Fals den Artikel selbst. Fräulein Battz und ihrBertreter
müsse. Da erfährt denn der Gatte allerlei Erbauliches
sind nun geschmackvoll genug, zur weiteren Ver¬
über das Herz seines von ihm „treu gehüteten“ Weibes.
breitung des Ruhmes der „berühmten Dichterin“ den
Trotzdem die Zeichnung der Figuren interessant ist
Wortlaut des § 11 des Preßgesetzes zu benutzen, der
und der Vorgang eines gewissen Hintergrundes nicht
also lautet:
entbehrt, scheint mir die Sache doch nichts weiter zu
Der Abdruck muß in derselben Schrift wie der
sein, als ein Extrakt dessen, was man über Paracelsus
zu berichtigende Artikel gedruckt werden.
und den Hypnotismus in einem Salongespräch vor¬
Was bleibt nun dem armen Redakteur übrig, als
bringen und dort mit nicht gerade tiefem Witz begleiten
der Gewalt eines Gesetzesparagraphen zu weichen und
kann.
zum Ruhme der „Dichterin“ Johanna Baltz weiter
zu wirken durch folgende Berichtigung?
Berichtigung.
Kurze Zeit vor dieser Aufführung brachte das
I. Es ist nicht wahr, daß das Schauspiel „Lissas
deutsche Theater ein Drama in drei Akten von Max
Christfest“ von Johanna Baltz, welches übrigens nicht
Dreyer: „Hans“. Ein Gelehrter lebt mit seiner
zuerst in Essen, sondern schon vorher im Stadttheater
Tochter auf einer Nordseeinsel. Er ist Leiter einer
in Trier und später in Duisburg, Ruhrort, Münster,
biologischen Anstalt. Die Tochter ist ein gelehrtes
Luzern, Bochum und Koblenz aufgeführt ist, erst in der
Mädchen an der Seite des Vaters geworden. Sie
2. Auflage mit dem Titelzusatz „Nach einem englischen
mikroskopiert, macht wissenschaftliche Entdeckungen wie
Motiv“ erschienen ist. Diesen Titelzusatz hat vielmehr
ein deutscher Professor. Man weiß nicht, wer gescheiter
schon die I. Auflage getragen. Es ist auch nicht wahr,
ist: der Vater oder die Tochter. Eine ehemalige
daß das Schauspiel nicht der genannten Dichterin
Pensionatskollegin kommt zu den beiden, um die
„eigenen Geistes Kind“ ist. Vielmehr hat der Titel¬
Freundin aus der Mädchenzeit zu besuchen. Der
zusatz nur darin seinen Grund, daß die Fabel des
Vater verliebt sich in diese Freundin. Die Tochter
Stückes sich an eine wahre Begebenheit anlehnt, die
sieht mit Unwillen, daß sich jemand zwischen sie und
sich in England abgespielt hat und der Dichterin von
den Vater stellt. Auch hat die Gelehrsamkeit allen
Mrs. Clarke in Bedale, Yorkshire mitgeteilt ist.
Sinn für natürliche Empfindungen aus Hans — so
Unwahr ist die Behauptung, die von der
nennt der Gelehrte seine Tochter Johanna — aus¬
„Kölnischen Zeitung,“ dem „Berliner Tageblatt“ und
getrieben. Ein ehemaliger Offizier und nunmehriger
anderen Blättern besprochenen Dichtung „Der Welt¬
Maler liebt Hans. Sie behandelt ihn recht abstoßend.
handel“ von Fräulein Baltz sei lediglich ein Prolog.
Daß sie seine Bilder nicht lobt, würde er hinnehmen.
Die Dichtung ist vielmehr ein umfangreiches (im Druck
Aber den Ton, in dem sie es tut, kann er nicht ertragen.
2 Bogen starkes) Festspiel mit einem dramatischen Vor¬
Das Verhältnis des Vaters zu der Freundin wird
spiel und sechs lebenden Bildern. — Die Erstaufführung
Hans besonders widerlich, als sie erfährt, daß dies
hat auch nicht, wie in dem Artikel bemerkt wird, „in
Mädchen ein außereheliches Kind gehabt hat. Der
einem großen Wirtshauslokal“ stattgefunden, sondern
Vater aber liebt das Mädchen und wird wieder geliebt.
in dem der Stadt Essen gehörigen, mit Bühnenvor¬
Damit alles gut geht, entdeckt Hans plötzlich ihr Herz.
richtung versehenen großen Saale des Stadtgartens,
Sie entbrennt in glühender Liebe zu dem Maler.
der allen offiziellen städtischen Festlichkeiten dient.
Jetzt kann sie alles verstehen. Auch die Liebe des
III. Es ist nicht wahr, daß der in dem „Magazin“
Vaters. Eine willkürliche Entwickelung der Handlungen
abgedruckte, die Dichtungen des Fräulein Baltz günstig
und konstruierte Personen. Schablonenfiguren und ein
besprechende Artikel „einem Blättchen entstammt, das
ödes Gespinnst, das zur Voraussetzung hergebrachte
in Arnsberg erscheint, wo Johanna Baltz wohnt.“
Rudolf Steiner.
Vorurteile hat.
Vielmehr ist dieser Artikel in dem in Hagen erscheinenden
„Westfälischen Tageblatt“ einem bedeutenden, politischen
Parteiorgan, erschienen.
IV. Unwahr ist die Behauptung, nach Schluß des
—
im Essener Stadttheater bei Gelegenheit der Kaiser¬
denkmaleinweihungsfeier dargestellten scenischen Prologs
habe das Publikum lediglich den darstellenden Schau¬
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Das Magazin für Litteratur.
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eben mit Léocardie vermählt. Er will darstellen, wie
Eine Berichtigung zum Artikel „Eine
er den Herzog von Cadignan getötet hat, weil seine
Frau mit diesem in Liebschaft lebte. Da erfährt er,
berühmte Dichterin.
daß diese Untreue auf Wahrheit beruht. Der Herzog
Die Leser erinnern sich, daß vor einiger Zeit über
kommt zur rechten Zeit in die Spelunke, und Henri
tötet ihn nun wirklich. So packend das auch für ein
eine „deutsche Dichterin,“ Johanna Baltz, in dieser
auf äußere Theaterwirkungen sehendes Publikum sein
Wochenschrift ein Artikel erschienen ist. Er stellt dar,
mag: das Ganze ist doch nur höherer Ulk; es erinnert an
auf welche Weise der Dilettantismus manchmal in
Schaustellungen, die niederem Geschmack dienen, und
Deutschland „berühmt“ wird. Fräulein Baltz schickte
ist im einzelnen langweilig.
nun eine Berichtigung. Ausdrücklich bemerkt werden
Der beste der drei Einakter ist „Paracelsus“. Die
muß, daß der Verfasser jenes Artikels für den Inhalt
abenteuerlich=geheimnisvolle Persönlichkeit des 16. Jahr¬
persönlich eintritt. Aber was kann man nicht alles
hunderts führt mit Hilfe des Hypnotismus im Hause
berichtigen! Ich druckte also die mir von dem Herrn
eines Waffenschmiedes einen Streich aus. Er suggeriert
Rechtsanwalt des Frl. Baltz gesandte „Berichtigung“
mpen Haudwereen
DAus technischen Gründen aber mit kleinerer Schrift
daß sie einen Nachmittag lang die Wahrheit sagen
Fals den Artikel selbst. Fräulein Battz und ihrBertreter
müsse. Da erfährt denn der Gatte allerlei Erbauliches
sind nun geschmackvoll genug, zur weiteren Ver¬
über das Herz seines von ihm „treu gehüteten“ Weibes.
breitung des Ruhmes der „berühmten Dichterin“ den
Trotzdem die Zeichnung der Figuren interessant ist
Wortlaut des § 11 des Preßgesetzes zu benutzen, der
und der Vorgang eines gewissen Hintergrundes nicht
also lautet:
entbehrt, scheint mir die Sache doch nichts weiter zu
Der Abdruck muß in derselben Schrift wie der
sein, als ein Extrakt dessen, was man über Paracelsus
zu berichtigende Artikel gedruckt werden.
und den Hypnotismus in einem Salongespräch vor¬
Was bleibt nun dem armen Redakteur übrig, als
bringen und dort mit nicht gerade tiefem Witz begleiten
der Gewalt eines Gesetzesparagraphen zu weichen und
kann.
zum Ruhme der „Dichterin“ Johanna Baltz weiter
zu wirken durch folgende Berichtigung?
Berichtigung.
Kurze Zeit vor dieser Aufführung brachte das
I. Es ist nicht wahr, daß das Schauspiel „Lissas
deutsche Theater ein Drama in drei Akten von Max
Christfest“ von Johanna Baltz, welches übrigens nicht
Dreyer: „Hans“. Ein Gelehrter lebt mit seiner
zuerst in Essen, sondern schon vorher im Stadttheater
Tochter auf einer Nordseeinsel. Er ist Leiter einer
in Trier und später in Duisburg, Ruhrort, Münster,
biologischen Anstalt. Die Tochter ist ein gelehrtes
Luzern, Bochum und Koblenz aufgeführt ist, erst in der
Mädchen an der Seite des Vaters geworden. Sie
2. Auflage mit dem Titelzusatz „Nach einem englischen
mikroskopiert, macht wissenschaftliche Entdeckungen wie
Motiv“ erschienen ist. Diesen Titelzusatz hat vielmehr
ein deutscher Professor. Man weiß nicht, wer gescheiter
schon die I. Auflage getragen. Es ist auch nicht wahr,
ist: der Vater oder die Tochter. Eine ehemalige
daß das Schauspiel nicht der genannten Dichterin
Pensionatskollegin kommt zu den beiden, um die
„eigenen Geistes Kind“ ist. Vielmehr hat der Titel¬
Freundin aus der Mädchenzeit zu besuchen. Der
zusatz nur darin seinen Grund, daß die Fabel des
Vater verliebt sich in diese Freundin. Die Tochter
Stückes sich an eine wahre Begebenheit anlehnt, die
sieht mit Unwillen, daß sich jemand zwischen sie und
sich in England abgespielt hat und der Dichterin von
den Vater stellt. Auch hat die Gelehrsamkeit allen
Mrs. Clarke in Bedale, Yorkshire mitgeteilt ist.
Sinn für natürliche Empfindungen aus Hans — so
Unwahr ist die Behauptung, die von der
nennt der Gelehrte seine Tochter Johanna — aus¬
„Kölnischen Zeitung,“ dem „Berliner Tageblatt“ und
getrieben. Ein ehemaliger Offizier und nunmehriger
anderen Blättern besprochenen Dichtung „Der Welt¬
Maler liebt Hans. Sie behandelt ihn recht abstoßend.
handel“ von Fräulein Baltz sei lediglich ein Prolog.
Daß sie seine Bilder nicht lobt, würde er hinnehmen.
Die Dichtung ist vielmehr ein umfangreiches (im Druck
Aber den Ton, in dem sie es tut, kann er nicht ertragen.
2 Bogen starkes) Festspiel mit einem dramatischen Vor¬
Das Verhältnis des Vaters zu der Freundin wird
spiel und sechs lebenden Bildern. — Die Erstaufführung
Hans besonders widerlich, als sie erfährt, daß dies
hat auch nicht, wie in dem Artikel bemerkt wird, „in
Mädchen ein außereheliches Kind gehabt hat. Der
einem großen Wirtshauslokal“ stattgefunden, sondern
Vater aber liebt das Mädchen und wird wieder geliebt.
in dem der Stadt Essen gehörigen, mit Bühnenvor¬
Damit alles gut geht, entdeckt Hans plötzlich ihr Herz.
richtung versehenen großen Saale des Stadtgartens,
Sie entbrennt in glühender Liebe zu dem Maler.
der allen offiziellen städtischen Festlichkeiten dient.
Jetzt kann sie alles verstehen. Auch die Liebe des
III. Es ist nicht wahr, daß der in dem „Magazin“
Vaters. Eine willkürliche Entwickelung der Handlungen
abgedruckte, die Dichtungen des Fräulein Baltz günstig
und konstruierte Personen. Schablonenfiguren und ein
besprechende Artikel „einem Blättchen entstammt, das
ödes Gespinnst, das zur Voraussetzung hergebrachte
in Arnsberg erscheint, wo Johanna Baltz wohnt.“
Rudolf Steiner.
Vorurteile hat.
Vielmehr ist dieser Artikel in dem in Hagen erscheinenden
„Westfälischen Tageblatt“ einem bedeutenden, politischen
Parteiorgan, erschienen.
IV. Unwahr ist die Behauptung, nach Schluß des
—
im Essener Stadttheater bei Gelegenheit der Kaiser¬
denkmaleinweihungsfeier dargestellten scenischen Prologs
habe das Publikum lediglich den darstellenden Schau¬
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