II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 651

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9.4. Deraruene KakadnZ#klus
„it
Besonders in England ist Dies der Fall vielleicht,
Kunstwerk höchst sehenswerth ist, weil es wirklich
etwas ganz Originelles auf dem Gebiete der weil dort die Emancipation schon größere Fortschritte
als in den anderen europäischen Ländern gemacht, vor
dramatischen Literatur darfiellt. Der Dichter führt
Allem aber, weil das Heiraten selbst von solchen
uns am Tage der Erstürmung der Bastille,
am 14. Juli 1789, Abends, in eine seltsame Pariser jungen Mädchen öster aus freier Wahl unterlassen
Kneipe. Der Wirth ein verkrachter Schmierendirector, wird, die genügend mit äußeren und materiellen Gaben;
ausgestatttet sind, um in der That wählen zu können.!
hat die wunderbarste „Reclame“ für sein Local in
Derselbe Grund, der so viele Männer veranlaßt, sich

Scene gesetzt die man sich nur erdenken kann. Es
H
onens Fesseln zu entziehen, ist in diesem Falle auch
wird ein Verbrecherkeller markirt, und die gewesenen
für die Damen maßgebend. Sie wünschen, sich ihr ve
Mitglieder der Truppe stellen diese Verbrecher dar.
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Leben so einzurichten, daß es ihnen die geringsten
Allabendlich versammeln sich vornehme Gäste, Herzöge,
Mühen und Unbequemlichkeiten bereitet, und es erfüllt! di
Grafen und Marquis, um dem Treiben beizuwohnen.
sich dieses ihr Ideal am leichtesten, wenn sie sich nicht
Das Stück ist erfüllt von der Stimmung der Revolution.
vermählen.
Ein mächtiges Leben pulsirt in ihm. Von der Straße
dringt die Aufregung der Massen herein. Allein die
Die größere Bewegungsfreiheit, welche jetzt demi ##
Quintessenz des Spiels ist eine erschütternde Episode
weiblichen Geschlecht gestattet ist, hat viel dazu beige¬
" Obethe-geier „ —.
a la „Bajazzo“. Der Schauspieler Henri spielt eine
tragen, manch' Jungfräulein zu. veranlassen, ledig zu
ein Festspiel von Gustav Burchard, dem Regi
erdichtete Episode: er hat den Liebhaber seiner Frau,
bleiben.
des Bremer Stadt=Theaters, außerordentlich gefa
den Herzog von Cadignan, ermordet. Da die Collegen
sein meisterhaftes Spiel für Ernst nehmen, erfährt der
Früher galt alles Mögliche für eine Dame für] Das „Tageblatt“ schreibt darüber: „Die eigent
arme Henri, daß seine Frau wirklich die Geliebte des Herzogs
absolut unzulässig. Jetzt jedoch kann sich eine jede die Goetheweihe verlieh dem Abend das präch
ist, und als gleich darauf der Herzog in den Keller tritt,
eine Revenne von mindestens 10000 bis 12000 N be¬ stimmungsvolle und Goethe's poetische Bedeus
symbolistisch erschöpfende Festspiel, daß Herr Bur¬
rmordet er ihn wirklich. Das, was das seltsame
sitzt — und deren Zahl ist in diesem reichen Lande
„erdichtet“ und famos bearbeitet hat. Eine tref
Stück an Details sonst noch enthält, wiederzugeben,
keine geringe — ihr Dasein sehr bequem und gemüth¬
dramatische Compilation, die aus lauter echten Go
ist unmöglich. Man muß es sehen und wenn man
lich gestalten. Sie miethet ein möblirtes Zimmer in
versen gebildet ist und dergestalt Goethe — durch G
künstlerisches Verständniß besitzt, wird man sehen, daß
einem eleganten Viertel der Stadt, empfängt dort ihre
buldigen läßt. Ein wirklich lieber Gedanke, uns
es ein seines Stück Arbeit ist, das die Zischer hämt.
Freunde, alle Mahlzeiten werden von der Wirthin des
Huldigungsfeier des großen Dichters im Kreise
Der große Meister in diesem Stück wa Herr
Hauses, dem hiesigen Gebrauch gemäß, auf ihren
Horvath, der den Henri mit herrlicher Verve
Wunsch für sie bereitet, die Dienstmädchen stehen zu Weimarschen Musenhofes darzustellen. Das We
so sinnig, daß es zum 200, Geburtstag Goethe's
spielte. Um weiteres Lob auszutheilen, müßte man
ihrer Disposition, ohne daß sie den nicht zu ver¬
an seinem Platz sein witd.“
den Theaterzettel abschreiben. Erwähnt seien nur noch
meidenden Aerger mit denselben hat und wenn sie sich
Sein diamanteues Doctorjubiläum 1
Herr Scholz als Wirth, Herr Friedrich als
einsam fühlt, so begibt sie sich nach „ihrem Club“,
Scaevola, Herr Auspitz als Strolch, Herr
heute der hochgeachtete Kunsthistoriker Theodor Ga
sicher, dort stets Gesellschaft zu finden.
in Lubeck. Er gehört zu den Jugendfreunden
Gotthardt als Grasset und die Damen Bauer
So wächst denn auch die Zahl der unabhängigen
Dichters Emannel Geibel, deren nur wen
als Leocadie, Sangora und Schönwald als
am Leben sind, hat mit ihm die Universität
Jungfräulein, und es ist bereits eine Bezeichnung für
Michette und Fligotte.
wie das Capitel „Student zu Vonn am Rhein
dieselben vorhanden. Sie werden nicht mehr „spinsters“
Die Regie stand in allen brei Stücken auf der
Biographie „Emanuel Geibel“ von Karl
wie einst, sondern „bachelor-women“ (Junggesellen¬
Höhe ihrer Aufgabe, ihr und unserm, wie es scheint,
Gaedertz, dem Sohne des Jubilars, anschaulich schu
Frauen) genannt. Es ist dies eine sehr feine Unter¬
ausgezeichneten Ensemble ist eindecht künstlerischer
und auch später, besonders auf dem Felde der sa
scheidung. Bei dem Worte spinsters dachte man sich

Schntzler=Abend zu danken.
Künste, manche Berührungspuncte gehabt.
stets eine Dame, die nicht aus eigener Wahl, sondern
Spaziergängen unterhielt sich Geibei mit
weil das Schicksal ihr keinen Gatten bescheerte, unver¬
Vater, lesen wir in dem citirten Buche,
heiratet durchs Leben ging, während die bachelor¬
woman gleich dem bachelor sich nicht vermählte, weill bildende Kunst und Malerei, wofür Ersterem
Junggesellen=Frauen.
Dies sie schöner und bequemer dünkte. Man hat es nicht, wie behauptet wird, aller Sinn abging.
hier durchaus nicht etwa mit Vorfechterinnen für erinnere mich noch sehr wohl, mit welchem Interel
Von H. L. London.
unsere Gemälde betrachtete, die ihn schon als Jün
Frauenrechte zu thun, die bachelor-women sind weder
(Nachdruck verboten.)
angelockt hatten. Als 1869 mein Vater ein
Pioniere, noch Theoretikerinnen irgend welcher Art,
kritisches Wert über den niederländischen Genres
Vt. Nicht nur in Großbritannien, sondern auch in sie haben nur ihr eigenes Wohl im Auge und wollen
Nichts, als sich alle Verantwortung und jede Sorge Adrian van Ostade herausgav, trug Geibel der Y
anderen europäischen Ländern und höchst wahrscheinlich
graphie volles Verständniß entgegen und lieferte
ersparen.
selbst in den Vereinigten Staaten, Dem einstigen Dorado
selbst dazu einen kleinen Beitrag durch folgende 1
der Frauen, wird jetzt gar häufig halb bedauernd,
Nur Eins steht zu befürchten, nän zich daß die
setzung von unter einer Radirung Ostade's befind
halb spöttisch die unteugbare Thatsache besprochen daß
lateinischen Distichen:
die Zahl der alten Jungfern von Jahr zu Jahr steigt j bachelor-woman einsam sein wird, weil ihre Lebens¬
Schüfest Du gleich so lebendig ein Werk mit der
Gewöhnlich gibt man als Grund dafür an, daß das weise sie zu einer kalten Egoistin machen muß. Bisher
des Apelles,
Heiraten mehr und mehr bei den Herren aus der ist die „alte Jungfer“, wenn auch Viele ihr Dasein für
Daß nicht die Maler allein, daß auch die Vög
ein verfehltes hielten, falls sie nur sonst ein echtes
Mode kommt, die Ansprüche wären beiderseits zu groß,
täuscht,
Weib war, durchaus kein nutzloses Mitglied in der
auch halb und halb wird zugegeben, daß die Männer
Doch wird gistiger Neid, dasern Dich das Glück
Gesellschaft gewesen, sondern konnte, gerade weil sie
gesegnet,
immer weniger gewillt sind, Verpflichtungen auf sich
zu nehmen und Opfer zu bringen. Daß die Frauen einen Fonds von überschüssiger Zeit und Liebe besaß,
Dir den gebührenden Lohn Deines Talentes entzi
insofern ein Wort dabei mitzusprechen haben, als sie im engeren Kreise oder für die Allgemeinheit wirken.
* Der Historienmaler Prof. Marter
ja ebenfalls manchmal keine Neigung empfinden können, Die „bachelor-woman“ aber wird daran nicht denken,
der Nestor der Weimarer Maler, ist gestern im
in einen Stand zu treten, der ihnen neben den Sorgen, bleibt sie doch le#g, um jeder Pflicht und jedem Opfer
von 86 Jahren in Weimar gestorben. Marte
die sie mit dem Gatten theilen müssen, noch oft all' diel zu entgehen, und dürfte daher nicht gewillt sein, diese
geboren 1814 zu Weimar, hat zuerst in seiner!
freiwillig auf sich zu nehmen. Als eine Errungenschaft
vielen kleinen und die große Arbeit bringt, die in
stadt, dann in Düsseldorf und schließlich in
kann dieser „Fortschritt“, der hoffentlich auf England
einem einfachen Haushalt der Frau und Mutter zu¬
unter Delaroche studirt, dem er den Haupttheil
beschränkt blei t, also nicht bezeichnet werden.
fallen, wird nie in Erwägung gezogen. Aber seit es
Ausbildung als Historienmaler verdankt. Er beha
eine Frauenfrage gibt und diese zur Selbstständigkeit
besonders die Zeit des dreißigjährigen Krieges
so vieler weiblicher Wesen geführt hat überlegen diese
Reformation und ihrer Vorgänger, womit
es sich häusig gar sehr, ehe sie ihre Z heit aufgeben,
Cartons im Ganzen mehr Glück machte, als
wenn das ihnen in der Ehe geboten #os nicht ganz
Oelbildern, die ohne Reiz in der Farbe und i
günstia erscheint.