II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 664

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hussennan. Sascoanderzee
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7
Stuttgart, 22. Septbr. (K. Hoftheater.) Der gestrige
Premièren=Abend mit den drei Einaktern Arthur Schnitzlers
hat in den Spielplan einen Autor eingeführt, der zu den hoffnungs¬
vollsten Erscheinungen der neueren Richtung im Drama gehört.
Bisher war der junge Wiener Dichter dem Stuttgarter Publikum
nur auf der Berger Sommerbühne mit seinem Erstlingswerk
„Liebelei" bekannt geworden; schon hier hatte er sich als ein starkes
und eigenartiges Talent erwiesen, das aber noch nicht ganz aus¬
gereift erschien. Diese Unfertigkeit hat der Dichter in seinem
neuesten Werke abgestreift; diese Einakter sind abgerundete Kunst¬
werke, die sich dem Besten, was man im letzten Theaterjahr von
den Koryphäen des neuen Dramas gesehen und gelesen hat, kecklich't
an die Seite stellen dürfen. Freilich hat nun die Kunst Arthur
Schnitzlers bereits einen Stich ins Rassinierte, sowohl nach Seiten!
der künstlerischen Mittel als der Stoffwahl, und daran mag es
liegen, daß diese drei kleinen Dramen mehr interessieren als er¬
wärmen, die Phantasie und den litterarischen Feingeschmack mehr
befriedigen als Herz und Gemüt. — Obwohl nicht durch eine gemein¬
same Ueberschrift verbunden, wie die bekannten Einakter Suder¬
manns, der damit diese Art von Trilogien in Aufschwung gebracht
hat, sind auch Schnitzlers Dichtungen durch einen einheitlichen, geist¬
reich variierten Grundgedanken zusammengehalten. Es ist der
Gegensatz zwischen den Oberflächen und Tiefen menschlichen Seelen¬
lebens, der in allen drei Stücken wiederkehrt. Das Schauspiel
„Die Gefährtin“ zeigt an der Ehestandsgeschichte eines Gelehrten,
wie leicht hoher Sinn sich Tiefen vorsviegelt, wo nur seichteste Ober¬
Für
fläche ist. Am Begräbnistage der längst nicht mehr geliebten Gattin jre
macht der Professor sich Vorwürse, daß er sie nicht für einen anderen v.
freigegeben hat, und erfährt nun, daß nicht eine große Leidenschaft, jar
sondern gemeine Sinnlichkeit sie diesem anderen in die Arme trieb. faus.
In dem Versspiel „Paracelsus“ muß umgekehrt ein Ba#ler
Wassenschmied und Ratsherr, der Topus des platten „gesunden st das
Menschenverstands“, sich überzeugen, wie auch unter der glattesten es den
Abor
Adok Oberfläche oft ungeahnte Tiefen ruhen. Die Hypnotisierungskünste
des als Schwindler verlachten genialen Arztes lassen ihn so über¬
raschende Blicke in die Seele seiner unschuldvollen Justina thun, ##
daß er froh sein darf, daß es stets beim Wunsch und Ge¬
danken geblieben ist. Die Groteske „Der grüne Kakadu“
endlich zeigt an der entarteten Aristokratie der großen französischen
Revolution, die ihren blasierten Geist an den Schauern eines
fingierten Verbrecherkellers ergötzt, die Leute, die, bis der Strudel
sie verschlingt, selbst das Grollen der Tiefe nicht anders denn für
lustiges Gekräusel der Oberfläche nehmen können. Alle drei Stücke
sind geistreich und tiefsinnig und dramatisch wirksam gearbeitet.
Erst schleppt sich die Handlung ziemlich hin, so daß der Zuschauer
sast schon ungeduldig wird; dann kommt plötzlich die überraschende
Wendung, die bald von einer noch verblüffenderen überholt
wird. Welchem der drei Stücke man den Vorzug geben soll, ist
schwer zu sagen. „Die Gefährtin“ befremdet auf den ersten Augenblick
durch den eigenartigen Schluß, der erst nach einig m Nachdenken in
seiner Notwendigkeit und Folgerichtigkeit erfaßt wird. Das Stück
lehnt sich an und setzt sich zugleich in Gegensatz zu gewissen Ibsen¬
schen Ideen über die Ehe und kleidet sich dabei in meisterhafter Nach¬
ahmung ganz in die gedämpfte, bedrückende Stimmung Ibsen'scher
Stücke. In glücklichem Kontrast dazu steht „Paracelsus“ mit seinem!
heiteren Grundton, seinem versöhnenden Ausgang, seiner feinen
Charakteristik und seinen tiefsinnigen Versen. Von allen drei Stücken
spricht dieses am leichtesten an und fand auch gestern abend den
stärksten Beifall. Die größte Kunst möchte aber doch in dem Schlu߬
stück stecken, dem „grünen Kakadu“. Wie hier in rücksichtsloser
Realistik die Fermente geschildert werden, aus denen die Greuel der
Revolution sich erzeugen mußten, wie die ganze Wucht des herein¬
brechenven Unheils in einer einzigen Szene zusammengefaßt ist, das
ist in der That bewunderungswürdig.
Inseenierung und Darstellung brachte bei allen drei Stücken
voll die Stimmung heraus, die jedem eigentümlich ist; die schwierige
Aufgabe der Massenszenen im dritten Stück wurde glücklich be¬
wältigt. Unter den Darstellern, deren Zahl durch das dritte Stück
sehr anschwillt, ist mit besonderer Auszeichnung Herr Richter zu
nennen, der im Verslustspiel die geheimnisvolle Persönlichkeit des
genialen Wunderarztes ebenso glücklich verkörperte wie im Revolutions¬
stück den edel gearteten Schauspieler, der mitten aus der fingierten
Verbrecherleidenschaft heraus zum wirklichen Verbrechen hingerissen
wird. Im ersten Stück erfreute besonders das stimmungsvolle Zu¬
sammenspiel von Herrn Ellmenreich und Frln. Paschke dem
sich Herr Jessen vielleicht noch etwas intimer einfügen könnte.
Herr Schrumpf dürfte dem Basler Ratsherrn bei all seiner Platt¬
heit mehr Würde lassen; besser gesiel er uns im dritten Stück in
der Rolle eines eitlen Volksaufwieglers. Unter den kleineren Rollen
traten noch stärker hervor die Damen Doppler und Rossi, die
Herren Schmidt=Häßler und Amanti, welcher letzterer im
dritten Stück besonders durch eine gelungene Maske wirkte. — Die
Novität wurde mit lebhaftem, wenn auch nicht mit vollem und all¬
seitigem Be###lausgenommen. Sie vervient, daß jeder, der sich für
die Entwicklung unserer Litteratur interessiert, sie nicht unbeachtet lasse.
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Ausschnitt aus:
vom
Opzagg
Aus Stuttgart den 22 d. Mts. wird uns
Achrieben: Telegraphisch meldete ich Ihnen bereits
die sehr günstige Aufnahme, die Arthur Schnitzler's
Einac¬
end bei seiner Erstaufführung amn
schiesigen königlichen Hoftheater gefunden. Durch die
r#ar Aufmerksamkeit, die die Intendanz seit Jahre#
der Praduktion unserer jüngeren Dramatiker schenk
und durch die Anregung und Förderung;, die diest
Preduction dadurch geworden, daß auch der Werken
##r realistischen Richtung hier freundwillige
und Darstellung geworden — dadurch ist auch beim
Puplikum das Verständniß für die Bestrebungen und
Steie der Neueren geweckt und gefördert worden.
#i#te denn Schnitzler das Glück, ein verständnißinnige
Publikum zu finden, und wenn demnächst fern Schau¬
spiel „Das Vermächtniß“ hier zur Darstellung
langt, so kann er, der hier nun auch kein Fremder
„mehr ist, theilnahmsvoller Aufmerksamkeit sicher sein.
* Die dre. Einacter waren von Hans Meery ausge¬
zeichnet inscenirt und fanden sorgsamste Wiedergabe.
Einige der Darsteller leisteten ganz Ausgezeichpetes
und wohlverdient war die Reihe der Hervorrufe, die
ihnen zu Theil wurde.
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