II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 679

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9. 4. Der gruehekadu Zyklus
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Assistenten, Doctor Hausmann. Der Professor lennt diesen Ehe¬¬
Kunst und Wissenschaft.
bruch, aber er duldet ihn, weil er sich sagt, daß es eine eiserne
Literatur und Theater.
Nothwendigkeit sei, daß die Jugend zur Jugend hält. Er wartet
auf den Augenblick, wo sein Weib mit dem Freunde vor ihn hin¬
Neues Theater.
Leipzig, 2. October. Dem „Hartleben=Abend“, der dem treten wird und sagen: „Gieb uns frei!“ Ein Charakter ist
dieser Professor jedenfalls nicht, der auf der Bühne Interesse für
Theaterpublicum einen Dramencyklus mit dem Collectiviitel
sich beanspruchen könnte. Seine sittlichen Erwägungen haben
„Die Befreiten“ brachte, ist ein „Schnitzler=Abend“ gefolgt, der
eiwas sehr Doctrinäres an sich. Mag es auch eine Natur geben
allerdings eine Gesammtbezeichnung vermissen läßt, obwohl sich
die in solchem Falle sich in Resignation zurückzieht und den Ehe¬
eine solche schließlich auch hätte finden lassen. Haben doch die
bruch gutheißt, jedenfalls ist diese Natur in ihrer feigen Passi¬
drei Stücke „Paracelsus“
„Die Gefährtin" und
vität so verächtlich, daß es schon eines sehr gewandten Spieles be¬
„Der grüne Katadu“ das gemein, daß es sich in jedem
darf, um das Interesse für sie wachzuerhalten. Ich habe den
derselben um Ehebruch handelt, wenn er auch im ersten Stück nur
Eindruck gehabt, daß sich das Publicum langweilte. Vielleicht
ein eingebildeter, in der Hypnose erlebter ist.
hat ihn Herr Taeger auch gehabt, sich wohl gar mit gelang¬
Arthur Schnitzker, der zu „Jung=Oesterreich“ ge¬
weilt, denn wir sind sonst schärfere Porträts von ihm gewöhnt,
rechnet wird, hat auf den deutschen Bühnen Glück gehabt. Nicht
als es dieser Professor war. Markig hob er den Zornesausbruch
nur das Wiener Burgtheater, sondern auch die großen Theater
hervor, der dem Professor befällt, als er von seinem Assistenten
Deutschlands, voran das Deutsche Theater in Berlin, das
erfährt, daß dieser seit längerer Zeit im Stillen verlobt ist, also
Residenz=Theater daselbst, das Thalia=Theater in Hamburg
auch die Gefährtin des Professors betrogen hat. Daß er mit
u. s. w., haben allen seinen dramatischen Arbeiten bereitwilligst
seinem Weibe nur gespielt, sie zu seiner Dirne gemacht hat, ver¬
die Pforten geöffnet. Seine Erfolge sind keine großen, nach¬
mag er ihm nicht zu verzeihen. Da entdeckt ihm eine Freundin
haltigen gewesen, wie sie dem Genie beschieden sind, aber es gab
der Verstorbenen, Olga Merholm, von Fräulein Marie Laue
auch keine „verlorenen Abende“ zu verzeichnen, und die fieberhafte
in Umrissen gezeichnet, daß seine Frau das Verlöbniß gekannt.
theatralische Spannung, auf welche sich Schnitzler so gut versteht,
und bei dem jungen Assistenten nur Etwas gesucht habe, was sie
übte immer ihre Wirkung aus. Das war auch gestern der Fall.
bei dem Gatten entbehrte. Das bringt eine Reaction hervor.
Das Publicum zeigte Interesse an den Einactern, ohne warm zu
Der Professor sieht ein, daß er gar keinen Grund zur Empörung
werden, und applaudirte mehr aus Höflichkeit als aus Be¬
geisterung.
hat, und beruhigt in der Beschäftigung mit seiner Wissenschaft
den Frieden suchen kann. „Das wird Ihnen den Frieden geben,
Schnitzler ist Casuist. Seine Stücke haben Vieles mit den
wenn Sie wissen, wie unendlich fern diese Frau von Ihnen
französischen Theaterstücken gemein, und auch die französische
gelebt hat, die — zufällig in Ihrem Hause gestorben ist.“ Mit
Technik hat er sich zu eigen gemacht. Nur, daß er sich sein Beweis¬
diesen Worten scheidet die Freundin von ihm. Möglich, daß es
thema immer so zurechtlegt, daß ihm der Beweis, den er erbringen
Sonnenthal gelungen sein mag, für den Helden des Stückes eine
will, nicht schwer fällt. So stehen seine „Anklagestücke“ doch hinter
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unangebrachte Theilnahme zu erwecken Herrn Taeger gelang es
denen Französischer Autoren zurück. In „Liebelei“ kämpft er¬
nicht, und das Stück wurde kühl aufgenommen.
gegen die Philisterehe, in „Freiwild“ gegen die Scheinheiligkeit
unserer Ehebegriffe und den Duellzwang und im „Vermächtniß“
„Der grüne Kakadu“ wird von Schnitzler eine
gegen die Hohlheit und Falschheit unserer bürgerlichen Gesell¬
„Groteske“ genannt. Es ist dieses Stück ohne Zweifel das be¬
schaft. So schweres Geschütz, wie in diesen Dramen, wird in den
deutendste der drei Einacter. Eine Episode aus der großen franzö¬
gestern aufgeführten Einactern nicht vorgefahren. Das Inter¬
sischen Revolution. Ein Schmierendirector hat eine Spelunke ge¬
essanteste an ihnen ist, daß sich der Autor hier von ganz ver¬
pachtet, welche er zum Verbrecherkeller stempelt, indem er die
schiedenen Seiten zeigt, und gewissermaßen das Proteusartige
früheren Mitglieder seiner Bande hier „Lumpazivagabundus“
seiner dichterischen Natur offenbart. Zu den Collectivausstellungen
spielen läßt. Die Aristokraten halten bei ihm Einkehr und suchen
der Maler in unserer Zeit gesellen sich mehr und mehr die
in dem Verbrechermilieu neuen Reiz für ihre erschlafften Nerven.
Collectivausstellungen der Dichter. Wie die Künstler, so wollen
Schmierenkomödianten kennen wir ja schon aus Schnitzler's
auch die Dichter an einem Abend einen Einblick in ihre Werkstatt
„Freiwild“. Er zeichnet sie nicht mit der Harmlosigkeit Schön¬
geben und das Geheimniß ihrer ganzen Schaffensart entschleiern.
than's. In dem „grünen Kakadu“ wie die Kellerkneipe des
Dabei kommt es ihnen selbstverständlich darauf an. Werke von
Prospère genannt wird, befinden wir uns gerade am Tage des
ganz verschiedener Grundstimmung zu vereinen. Das war in
Bastillensturmes. Wir spüren hier nur die letzten Ausläufer der
Sudermann's „Morituri“ ebenso der Fall, wie in Hartleben's
Bewegung, und es herrscht in dem Ganzen eine kecke über¬
„Befreiten“, das ist fast in noch höherem Grade der Fall bei
legene Satire, die nicht immer voll vom Publicum erfaßt wurde.
(Schnitzler's Einactern.
Der Werth des Stückes liegt in seiner Detailmalerei. „Welch'
„Paracelsus“ ist ein Vorspiel, oder besser eine gereimte
eine charakteristische Figur ist die von Frau Franck trefflich ge¬
Alt
Spielerei, bei welcher der Hypnotisirung die Hauptrolle zufällt.
spielte Marquise von Lansac, das verkörperte Zeitalter Lud¬

Der „wunderthätige Magus“ und Arzi Theophrastus Bombastus
wigs XVI.! Im Mittelpunct steht die Liebesaffäre des Schau¬
Hohenheim, genannt Paracelsus, der nichts weniger als den „Stein
spielers Henri. Er hat sich mit Léocadie, einer Schauspielerin
der Weisen“ zu entdecken suchte und nach einem wüsten Leben in
von der Porte St. Martin verheirathet. Nun spielt er frivoler
Salzburg starb, wird uns in dem Stücke mehr als Charlatan
Weise eine Scene im Verbrecherkeller, welche die Untreue seiner
führ
und Wunderdoctor vor Augen geführt, denn als Gelehrter. Bei
Frau zum Gegenstand hat, und ahnt nicht, daß diese ihm that¬
einem Aufenthalt in Basel dringt die Kunde von seinen Wunder¬
sächlich mit dem Herzog von Cadignan hintergeht. Seine Um¬
thaten auch in das Haus des Waffenschmieds Cyprian, dessen
gebung glaubt aber, Henri sage die Wahrheit und kenne die
Weil Justina ihn einst, da er noch zu Basel studirte, geliebt hat.
Untreue seines Weibes. So wird sie ihm enthüllt, und in einem
Die Erinnerung an diese glückliche Jugendzeit regt Justina's
elementaren Wuthausbruch stößt er den Herzog, der gerade nach
ganze Sinnenlust auf, und sie ist fast geneigt, da sie das zwar
dem Komödiantenkeller kommt, nieder. Herr Grelle beging als
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