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Ausschnitt aus: 7ezierd zecder“
1u Sse d
vor 3/)
unsdens
Den interessantesten Theil der Vorstellung bildete der „grüne Kakadu“,
der schon an zahlreichen Bühnen großen Erfolg erzielte. Der Titel des
Knnst und Wicenschaft.
Stückes ist etwas kühn, er könnte mit demselben Rechte, „Der goldene
Neues Theiter.
Löwe", „Das weiße Roß“ oder „Der schwarze Bär“ lauten.
Die Zusammenstellung der Schnitzlei''schen Einacter, welche gestern
Der „grüne Kakadu“ ist eine verrufene Spelunke in Paris, die der
ihre Erstaufführung an unserer Bühne erlebten, hatte etwas von der
Dichter mit charakteristischen Gestalten aus der Zeit des Ausbruchs der
Art jener merkwürdigen Menus an sich, die Napoleon I. für seine private.
großen französischen Revolution bevölkert. Prospére, ein ehemaliger
Tafel bevorzugte; Suppe, Kraut und Caviar. Der Charakter der
Theaterdirector, figurirt als Wirth. Er versteht sein Geschäft aus¬
drei dramatischen Schöpfungen Arthur Schnitzler's ist ebenso verschieden
gezeichnet. Mittels Vorstellungen origineller Art durch engagirte Schau¬
als die Aufnahme, welche sie bisher gefunden haben. Auch gestern war
spieler, welche von fingirten Morden und Abenteuern berichten und sich
hier die Wirkung des „Paracelsus“ eine tiefere, als die der „Gefährtin“,
als famose Verbrecher aufspielen, wird die Kneipe der Prospére berühmt.
während der „Grüne Kakadu“ ein heftiges Für und Wider erweckte, das
Sie gilt als Anziehungspunkt für leichtlebige Cavaliere, denen die angeb¬
in lebhaftem Bravo und andererseits in Zischen Ausdruck fand.
lichen kühnen Erlebnisse der Briganten ein angenehmes Nervenprickeln
„Die drei Stücke haben eines gemeinsam und das ist der Zug nach
verursachen. Auch das Ewig=Weibliche ist immer durch einige kleine
dem Eigebartigen und Seltsamen. Besönders in „Paracelfus“ tritt
Farvoritinnen vertreten. Genug, man findet hier in dieser Laster¬
dieser markant hervor. Als Hintergrund zu dem ebengenannten Versspiel
höhle die beste Zerstreuung und Aufregung man kann sich
ist das alterthümliche Basel des 16. Jahrhunderts gewählt, jene Stadt,
an der Phantastik der Verbrecher und der Grazie pikanter Damen
in welcher der Titelbeld durch Wunderkuren gewaltiges Aufsehen erregte,
Schnitzler schildert in dem genial
nach Belieben ergötzen.
aber zugleich außerordentliche Anfeindung fand. In der That, Theo¬
erdachten Bilde die hervorbrechende Gluth revolutionärer Gesinnung und
phrastus Bombastus von Hohenheim genannt Paracelsus, der berühmte
die Versumpfung der vornehmen Welt. Die Versammlung in der
Arzt und Chemiker, verstand es meisterlich, sich mit dem Nimbus des
Spelunke Prospére ist im Kleinen ein vortreffliches Spiegelbild der
Gedeimnißvollen zu umkleiden. Der mystische Zauber, welchen der einer¬
Vorgänge im Großen. Die Schaar der Höflinge tanzt, ohne es zu
seits als Wundermann gefeierte, anderetseits als Charlatan verfolgte
ahnen, leichtsinnig auf einem Vulkan. Noch glaubt sie in den auf¬
Gelehrte ausübte, bildet für den Dramatiker so recht einen Anlaß, den sgeregten Scenen nur eine gutgespielte Comödie zu sehen, wie sie solche
merkwürdigen Mann in den Kreis seiner dichterischen Phantasie zu ziehen.
da plötzlich zeigt
schon oft an dieser Stelle mit Beifall aufnahm,
*
Wir'begegnen dem Weisen im Hause des Cyprian, eines Waffenschmieds.
sich die erschütternde Furchtbarkeit, der gräßliche Ernst der Lage. Der
Die Liebeswürdigkeit, mit welcher dieser den Paracelsus in sein Haus
eifersüchtige Schauspieler Henri ersticht den Galan seiner Frau Léocadie
P#lud, ist, nur Maske für das Bestreben, die Wissenschaft des Meisters
und diese Blutthat bildet das Signal zu einem wüsten Aufstand. Die
Tlächerlich zu machen. Er stellt den Gelehrten dem fahrenden Gesindel
unterdrückte Leidenschaft, die nur verstohlen züngelte, flammt mit
#gleich und fördert zum Schluß als Anerkennung für gewährte Gast¬
elementarer Kraft empor.
freundschaft seine Probe von dessen Kunst. Cyprian gehört zu den ent¬
Die eindringenden Bastillestürmer füllen den Raum und eine Scene von
Tichiedensten. Optimisten mit stärk entwickeltem Selbstgefühl. Er schätzt sich
unbeschreiblicher Wucht illustrirt die Proclamirung der ungebundesten
glütlich und mächtig in seinem Besitze und hegt ausgeprägtes Vertrauen
Freiheit. Das Stück, sunkelnd an geistreichen Einfällen, hat an dieser
zunseiner Gattin Justina. Selbst als er die letztere in einer etwas ver¬
Stelle fortreißenden Schwung. Der Drang zu feurigen Freiheitsreden
fänglieben Situation mit dem verliebten Junker Anselm erblickt, wird
das Auflodern der Empörung, das Fessel= und Zügellose der breiten
seine Ueberzeugung von der Treue und Tugend seiner Frau nicht er¬
Masse., ist mit Meisterschaft als Abschluß in den Rahmen des Stückes
schüttert. Junker Anselm machte gerade eine amoureuse Erklärung, doch
gezogen. Gewißlich finden die historische Treue, die geschickte Verwerthung
der Waffenschmied vermochte der Sache nur die haterste Seite ab¬
kculturgeschichtlicher Details, die Kraft der Sprache, die Kühnheit der
Erfindung ebensoviel Bewunderer, als im Besonderen die picanten Scenen
zugewinnen.
Durch ein hypnotisches Experiment, — welches Paracelsus mit Frau
mit ihren reizenden Frivolitäten auf Gegnerschaft stoßen. Gerade 5#a
Justina vornimmt, um die verlangte. Probe zu geben, — beweist er, daß
Demonstrationen einer solchen Gegnerschaft haben sich bisher erfahrungs¬
die Anschauungen Cyprian's mit ihrem Stolz und ihrer zur Ueberhebung
gemäß stets als beste Reclame für eine Dichtung erwiesen. Die fas¬
gesteigerten Sicherheit als Unklugheit sich darstellen. Der geheimnißvolle
cinirende Wirkung des „Grünen Kakadu“ steht außer allem Zweifel.
Meistsr insiquirt der Hypnotisirten das scheinbare Gedächtniß an eine
In der Darstellung machten sich verdient: im ersten Stücke der finstere,
angebliche Liebesaffäre mit Anselm. Er weckt tiefgeheime Regungen
bleiche Paracelsus des Herrn Körner, der, allerdings etwas zu sehr
ihres Seelenlebens. Cyprian, außer sich vor Verzweiflung, wähnt die
polternde Waffenschmied des Herrn Borcherdt, der kecke Anselm des Herrn
Gattin thatsächlich schuldig und geräth mit dem unversehends eintretenden
Otto, der dünkelhafte Stadtarzt Dr. Copus des Herrn Krause, ferner
Anselin in ein hitziges Geptänkel. Nach dem Wiedererwachen Justina's
Fräulein Rocco als Justina mit den gut ausgedrückten visionairen Mo¬
stellt sich natürlich die ganze Sache als ein Spiel des Parcelsus heraus,
menten, sowie Frl. Ebba Laue als anmuthige Cäcilie, Schwester des
welches vornehmlich dir stolzen, sicheren Anschauungen Cyprian's corrigiren
Waffenschmieds.
und dessen Skepsis brechen sollte. Als treues Weib schließt sich Justina
In dem Schausviel „Die Gefährtin“, welche eine dankbare Rolle
auf's Neue dem Gatten an. Die Liebe, die sie einst vor langen Jahren
überhaupt nicht bietet, wirkten Herr Taeger als Professor Pilgram, Herr
für Hohetzheim' empfand, ist erloschen, und sie empfindet für den¬
Grelle als Dr. Hausmann und Frl. Marie Laue als Olga Merholm:
selben), der nun als Paracelsus vor ihr steht, nichts mehr. Ein
ihrer Aufgabe ansprechend. Herr Grelle hätte allerdings etwas fester
beendeter Traum! Die Aufmerksamkeit Anselm's, des kecken
und weniger haltlos, auch in der Maske interessanter sein können. Die
Schwerenöthers werden auf des Wäffenschmieds Schwester, die liebliche
episodischen Figuren der Professoren Werkmann und Brand waren durch
Cärtlie gelenkt, die schon längst den schmucken Gesellen liebte. Auch
die Herren Jacobs und Huth — die erste ein bischen weinerlich — ver¬
bezüglich dieses zarten Verhältnisses erscheint Paracelsus als geheimni߬
treten. Den Diener spielte Herr Wack.
voller Knüpfer und Befestiger. In der Figur des eingebildeten Stadt¬
Im „Grünen Kakadu“ spielte Herr Müller den echten Strolch Grain mit
arztes Dr. Copul stellt der Dichter einen Vertreter der beschränktesten
Bravour. Schon in seinem Aeußern war er unwiderstehlich. Herr
Schulgelehrsamkeit als Gegensatz zu der Freien Wissenschaft des Paracelsus
auf die Bühne. Nach Beendigung des mysteriösen Spiels erkennen die Grelle agirte vorzüglich und zeigte ein feuriges Temperament. Ganz
Betheiligten die seltsame, unnahbare Größe des bleichen Meisters, der besonders glänzte er in der großen Scene, in welcher er tigerartig auf
den Geliebten seiner Frau, den Herzog von Cadignan sich stürzte, um den
mit Zauberkräften ihnen einen Blick in das eigene Innere eröffnete.
In einer ganz anderen Späre spielt die „Gefährtin“, Hier handelt Wüstling zu erstechen. Dieser eifersüchtige Schauspieler Heuri erschien hier
wirklich grauenhaft. Den Wirth Prospére, einen schlauen Fuchs, stellte Herr
es sich um den mit psycholögischen Feinheiten definirten Unterschied
Hänseler trefflich dar. Die Schauspielerin Léocardie der Frau Huth
zwischen einer „Geliebten“ und einer „Gefährtin“. Ueber dem Stücke
reussirte mit verführerischer Pikanterie. Auch ihre beiden Colleginnen
schwebt, eine trübe, unerquickliche Stimmung. Wir werden in ein Trauer¬
Michette und Flipotte (Frl. Parnos und Frl. Rocco) zeigten allerliebst
haus geführt. Die Gattin des Professors Pilgram ist vor wenig Stunden
freie Manieren. Die schauspielerischen Kräfte Prospére's, phantasievolle
bestattel worden. Der Professor ergeht sich in allerhand Reflexionen über
Improvisatoren, wurden durch die Herren Proft, Huth und Wack mit
seine nun durch den Tod gelöste Ehe mit einem Weib, das nicht verstand,
der vollen entsprechenden Energie verkörpert. Der Philosoph Grasset
ihm eine Gefährtin zu sein. Eine vertraute Freundin der Verschiedenen,
(Herr Borchert) und Schneider Lebrét (Herr Bärwinkel) traten mit der
Frau Olga Merholm, stattet dem Professor einen Besuch ab, um gewisse
entsprechenden Betonung ihrer Persönlichkeit in den beweaten Cirkel ein.
geheimnißvolle Briefe sich auszubitten. Die Letzteren sind geeignet, die
In der Gruppe der Edelleute präsentirten sich Herr Otto mit vor¬
Todté zu compromittiren. Der Professor ist aber über die betreffenden
nebmer Eleganz als Herzog von Cadignan und Herr Körner als Vicomte
interessanten Beziehungen seiner verstorbenen Gattin zu dem
de Nogeant. Frl. Laue stellte den jungen unerfahrenen Chevalier
jungen Dr. Hausmann seit Langem völlig informirt. Beide Gatten
de la Tremouille dar, den Einzigen, der mit seinem ungetrübten
konnten vie den Muth finden, die unglückliche Ehe zu lösen.
Blick die drohende Gefahr und den fürchterlichen Ernst der ver¬
Dr. Hausmann entpuppt sich schließlich als ein total Unwürdiger. In
meintlichen Komödie erkennt. Herr Jacobs gab dem Marquis die
Sheveningen ist er ein Verlöbniß eingegangen. Die Perfection desselben
die Allüren des schwächlichen Pantoffelhelden. Seine extravagante Gattin —
führte offenbar den raschen Tod der Professorin herbei. Pilgram ist
trefflich durch Frau Frank vertreten — illustrirte den frivolen Leichtsinn
empökt über die traurigen Gesinnungen des Dr. Hausmann, welcher ihn
obgleich vor dem Ver¬
und die Verblendung ihrer Zeit, indem sie —
mit kecker Stirn zur Feier des Verlöbnisses direct einladet, und weist ihn
hängniß stehend, ihren Geliebten für die Nacht einlud. Endlich bieior
nach einer stürmischen Scene aus dem Hause. — Ein Schattenbild mit
noch die Rolle des Dichters Rollin zu erwähnen, die mit Herrn Greiner.
unsympäthischen Figuren! Alles grau in grau! Geschickte Seelenmalerei,
gut besetzt war.
doch ein undankbares Thema. Der Anfang des Stückes, welcher in die
Die Leistungen der Regie verdient alles Lob. Das einstürmende
Situation einführt, ist von ermüdender Breite und erst mit dem Auf¬
Volk, die schreiende Masse, die wie Meeresbrandung in wildester Be¬
treten des Dr. Hausmann gewinnt die Handlung etwas an Leben.
—
wegung sich herabwälzte, wurden effectvoll geleitet. Das Arrangement
dieser Scene erzielte wahrhaft große Wirkung.
P. Daehne.
Ausschnitt aus: 7ezierd zecder“
1u Sse d
vor 3/)
unsdens
Den interessantesten Theil der Vorstellung bildete der „grüne Kakadu“,
der schon an zahlreichen Bühnen großen Erfolg erzielte. Der Titel des
Knnst und Wicenschaft.
Stückes ist etwas kühn, er könnte mit demselben Rechte, „Der goldene
Neues Theiter.
Löwe", „Das weiße Roß“ oder „Der schwarze Bär“ lauten.
Die Zusammenstellung der Schnitzlei''schen Einacter, welche gestern
Der „grüne Kakadu“ ist eine verrufene Spelunke in Paris, die der
ihre Erstaufführung an unserer Bühne erlebten, hatte etwas von der
Dichter mit charakteristischen Gestalten aus der Zeit des Ausbruchs der
Art jener merkwürdigen Menus an sich, die Napoleon I. für seine private.
großen französischen Revolution bevölkert. Prospére, ein ehemaliger
Tafel bevorzugte; Suppe, Kraut und Caviar. Der Charakter der
Theaterdirector, figurirt als Wirth. Er versteht sein Geschäft aus¬
drei dramatischen Schöpfungen Arthur Schnitzler's ist ebenso verschieden
gezeichnet. Mittels Vorstellungen origineller Art durch engagirte Schau¬
als die Aufnahme, welche sie bisher gefunden haben. Auch gestern war
spieler, welche von fingirten Morden und Abenteuern berichten und sich
hier die Wirkung des „Paracelsus“ eine tiefere, als die der „Gefährtin“,
als famose Verbrecher aufspielen, wird die Kneipe der Prospére berühmt.
während der „Grüne Kakadu“ ein heftiges Für und Wider erweckte, das
Sie gilt als Anziehungspunkt für leichtlebige Cavaliere, denen die angeb¬
in lebhaftem Bravo und andererseits in Zischen Ausdruck fand.
lichen kühnen Erlebnisse der Briganten ein angenehmes Nervenprickeln
„Die drei Stücke haben eines gemeinsam und das ist der Zug nach
verursachen. Auch das Ewig=Weibliche ist immer durch einige kleine
dem Eigebartigen und Seltsamen. Besönders in „Paracelfus“ tritt
Farvoritinnen vertreten. Genug, man findet hier in dieser Laster¬
dieser markant hervor. Als Hintergrund zu dem ebengenannten Versspiel
höhle die beste Zerstreuung und Aufregung man kann sich
ist das alterthümliche Basel des 16. Jahrhunderts gewählt, jene Stadt,
an der Phantastik der Verbrecher und der Grazie pikanter Damen
in welcher der Titelbeld durch Wunderkuren gewaltiges Aufsehen erregte,
Schnitzler schildert in dem genial
nach Belieben ergötzen.
aber zugleich außerordentliche Anfeindung fand. In der That, Theo¬
erdachten Bilde die hervorbrechende Gluth revolutionärer Gesinnung und
phrastus Bombastus von Hohenheim genannt Paracelsus, der berühmte
die Versumpfung der vornehmen Welt. Die Versammlung in der
Arzt und Chemiker, verstand es meisterlich, sich mit dem Nimbus des
Spelunke Prospére ist im Kleinen ein vortreffliches Spiegelbild der
Gedeimnißvollen zu umkleiden. Der mystische Zauber, welchen der einer¬
Vorgänge im Großen. Die Schaar der Höflinge tanzt, ohne es zu
seits als Wundermann gefeierte, anderetseits als Charlatan verfolgte
ahnen, leichtsinnig auf einem Vulkan. Noch glaubt sie in den auf¬
Gelehrte ausübte, bildet für den Dramatiker so recht einen Anlaß, den sgeregten Scenen nur eine gutgespielte Comödie zu sehen, wie sie solche
merkwürdigen Mann in den Kreis seiner dichterischen Phantasie zu ziehen.
da plötzlich zeigt
schon oft an dieser Stelle mit Beifall aufnahm,
*
Wir'begegnen dem Weisen im Hause des Cyprian, eines Waffenschmieds.
sich die erschütternde Furchtbarkeit, der gräßliche Ernst der Lage. Der
Die Liebeswürdigkeit, mit welcher dieser den Paracelsus in sein Haus
eifersüchtige Schauspieler Henri ersticht den Galan seiner Frau Léocadie
P#lud, ist, nur Maske für das Bestreben, die Wissenschaft des Meisters
und diese Blutthat bildet das Signal zu einem wüsten Aufstand. Die
Tlächerlich zu machen. Er stellt den Gelehrten dem fahrenden Gesindel
unterdrückte Leidenschaft, die nur verstohlen züngelte, flammt mit
#gleich und fördert zum Schluß als Anerkennung für gewährte Gast¬
elementarer Kraft empor.
freundschaft seine Probe von dessen Kunst. Cyprian gehört zu den ent¬
Die eindringenden Bastillestürmer füllen den Raum und eine Scene von
Tichiedensten. Optimisten mit stärk entwickeltem Selbstgefühl. Er schätzt sich
unbeschreiblicher Wucht illustrirt die Proclamirung der ungebundesten
glütlich und mächtig in seinem Besitze und hegt ausgeprägtes Vertrauen
Freiheit. Das Stück, sunkelnd an geistreichen Einfällen, hat an dieser
zunseiner Gattin Justina. Selbst als er die letztere in einer etwas ver¬
Stelle fortreißenden Schwung. Der Drang zu feurigen Freiheitsreden
fänglieben Situation mit dem verliebten Junker Anselm erblickt, wird
das Auflodern der Empörung, das Fessel= und Zügellose der breiten
seine Ueberzeugung von der Treue und Tugend seiner Frau nicht er¬
Masse., ist mit Meisterschaft als Abschluß in den Rahmen des Stückes
schüttert. Junker Anselm machte gerade eine amoureuse Erklärung, doch
gezogen. Gewißlich finden die historische Treue, die geschickte Verwerthung
der Waffenschmied vermochte der Sache nur die haterste Seite ab¬
kculturgeschichtlicher Details, die Kraft der Sprache, die Kühnheit der
Erfindung ebensoviel Bewunderer, als im Besonderen die picanten Scenen
zugewinnen.
Durch ein hypnotisches Experiment, — welches Paracelsus mit Frau
mit ihren reizenden Frivolitäten auf Gegnerschaft stoßen. Gerade 5#a
Justina vornimmt, um die verlangte. Probe zu geben, — beweist er, daß
Demonstrationen einer solchen Gegnerschaft haben sich bisher erfahrungs¬
die Anschauungen Cyprian's mit ihrem Stolz und ihrer zur Ueberhebung
gemäß stets als beste Reclame für eine Dichtung erwiesen. Die fas¬
gesteigerten Sicherheit als Unklugheit sich darstellen. Der geheimnißvolle
cinirende Wirkung des „Grünen Kakadu“ steht außer allem Zweifel.
Meistsr insiquirt der Hypnotisirten das scheinbare Gedächtniß an eine
In der Darstellung machten sich verdient: im ersten Stücke der finstere,
angebliche Liebesaffäre mit Anselm. Er weckt tiefgeheime Regungen
bleiche Paracelsus des Herrn Körner, der, allerdings etwas zu sehr
ihres Seelenlebens. Cyprian, außer sich vor Verzweiflung, wähnt die
polternde Waffenschmied des Herrn Borcherdt, der kecke Anselm des Herrn
Gattin thatsächlich schuldig und geräth mit dem unversehends eintretenden
Otto, der dünkelhafte Stadtarzt Dr. Copus des Herrn Krause, ferner
Anselin in ein hitziges Geptänkel. Nach dem Wiedererwachen Justina's
Fräulein Rocco als Justina mit den gut ausgedrückten visionairen Mo¬
stellt sich natürlich die ganze Sache als ein Spiel des Parcelsus heraus,
menten, sowie Frl. Ebba Laue als anmuthige Cäcilie, Schwester des
welches vornehmlich dir stolzen, sicheren Anschauungen Cyprian's corrigiren
Waffenschmieds.
und dessen Skepsis brechen sollte. Als treues Weib schließt sich Justina
In dem Schausviel „Die Gefährtin“, welche eine dankbare Rolle
auf's Neue dem Gatten an. Die Liebe, die sie einst vor langen Jahren
überhaupt nicht bietet, wirkten Herr Taeger als Professor Pilgram, Herr
für Hohetzheim' empfand, ist erloschen, und sie empfindet für den¬
Grelle als Dr. Hausmann und Frl. Marie Laue als Olga Merholm:
selben), der nun als Paracelsus vor ihr steht, nichts mehr. Ein
ihrer Aufgabe ansprechend. Herr Grelle hätte allerdings etwas fester
beendeter Traum! Die Aufmerksamkeit Anselm's, des kecken
und weniger haltlos, auch in der Maske interessanter sein können. Die
Schwerenöthers werden auf des Wäffenschmieds Schwester, die liebliche
episodischen Figuren der Professoren Werkmann und Brand waren durch
Cärtlie gelenkt, die schon längst den schmucken Gesellen liebte. Auch
die Herren Jacobs und Huth — die erste ein bischen weinerlich — ver¬
bezüglich dieses zarten Verhältnisses erscheint Paracelsus als geheimni߬
treten. Den Diener spielte Herr Wack.
voller Knüpfer und Befestiger. In der Figur des eingebildeten Stadt¬
Im „Grünen Kakadu“ spielte Herr Müller den echten Strolch Grain mit
arztes Dr. Copul stellt der Dichter einen Vertreter der beschränktesten
Bravour. Schon in seinem Aeußern war er unwiderstehlich. Herr
Schulgelehrsamkeit als Gegensatz zu der Freien Wissenschaft des Paracelsus
auf die Bühne. Nach Beendigung des mysteriösen Spiels erkennen die Grelle agirte vorzüglich und zeigte ein feuriges Temperament. Ganz
Betheiligten die seltsame, unnahbare Größe des bleichen Meisters, der besonders glänzte er in der großen Scene, in welcher er tigerartig auf
den Geliebten seiner Frau, den Herzog von Cadignan sich stürzte, um den
mit Zauberkräften ihnen einen Blick in das eigene Innere eröffnete.
In einer ganz anderen Späre spielt die „Gefährtin“, Hier handelt Wüstling zu erstechen. Dieser eifersüchtige Schauspieler Heuri erschien hier
wirklich grauenhaft. Den Wirth Prospére, einen schlauen Fuchs, stellte Herr
es sich um den mit psycholögischen Feinheiten definirten Unterschied
Hänseler trefflich dar. Die Schauspielerin Léocardie der Frau Huth
zwischen einer „Geliebten“ und einer „Gefährtin“. Ueber dem Stücke
reussirte mit verführerischer Pikanterie. Auch ihre beiden Colleginnen
schwebt, eine trübe, unerquickliche Stimmung. Wir werden in ein Trauer¬
Michette und Flipotte (Frl. Parnos und Frl. Rocco) zeigten allerliebst
haus geführt. Die Gattin des Professors Pilgram ist vor wenig Stunden
freie Manieren. Die schauspielerischen Kräfte Prospére's, phantasievolle
bestattel worden. Der Professor ergeht sich in allerhand Reflexionen über
Improvisatoren, wurden durch die Herren Proft, Huth und Wack mit
seine nun durch den Tod gelöste Ehe mit einem Weib, das nicht verstand,
der vollen entsprechenden Energie verkörpert. Der Philosoph Grasset
ihm eine Gefährtin zu sein. Eine vertraute Freundin der Verschiedenen,
(Herr Borchert) und Schneider Lebrét (Herr Bärwinkel) traten mit der
Frau Olga Merholm, stattet dem Professor einen Besuch ab, um gewisse
entsprechenden Betonung ihrer Persönlichkeit in den beweaten Cirkel ein.
geheimnißvolle Briefe sich auszubitten. Die Letzteren sind geeignet, die
In der Gruppe der Edelleute präsentirten sich Herr Otto mit vor¬
Todté zu compromittiren. Der Professor ist aber über die betreffenden
nebmer Eleganz als Herzog von Cadignan und Herr Körner als Vicomte
interessanten Beziehungen seiner verstorbenen Gattin zu dem
de Nogeant. Frl. Laue stellte den jungen unerfahrenen Chevalier
jungen Dr. Hausmann seit Langem völlig informirt. Beide Gatten
de la Tremouille dar, den Einzigen, der mit seinem ungetrübten
konnten vie den Muth finden, die unglückliche Ehe zu lösen.
Blick die drohende Gefahr und den fürchterlichen Ernst der ver¬
Dr. Hausmann entpuppt sich schließlich als ein total Unwürdiger. In
meintlichen Komödie erkennt. Herr Jacobs gab dem Marquis die
Sheveningen ist er ein Verlöbniß eingegangen. Die Perfection desselben
die Allüren des schwächlichen Pantoffelhelden. Seine extravagante Gattin —
führte offenbar den raschen Tod der Professorin herbei. Pilgram ist
trefflich durch Frau Frank vertreten — illustrirte den frivolen Leichtsinn
empökt über die traurigen Gesinnungen des Dr. Hausmann, welcher ihn
obgleich vor dem Ver¬
und die Verblendung ihrer Zeit, indem sie —
mit kecker Stirn zur Feier des Verlöbnisses direct einladet, und weist ihn
hängniß stehend, ihren Geliebten für die Nacht einlud. Endlich bieior
nach einer stürmischen Scene aus dem Hause. — Ein Schattenbild mit
noch die Rolle des Dichters Rollin zu erwähnen, die mit Herrn Greiner.
unsympäthischen Figuren! Alles grau in grau! Geschickte Seelenmalerei,
gut besetzt war.
doch ein undankbares Thema. Der Anfang des Stückes, welcher in die
Die Leistungen der Regie verdient alles Lob. Das einstürmende
Situation einführt, ist von ermüdender Breite und erst mit dem Auf¬
Volk, die schreiende Masse, die wie Meeresbrandung in wildester Be¬
treten des Dr. Hausmann gewinnt die Handlung etwas an Leben.
—
wegung sich herabwälzte, wurden effectvoll geleitet. Das Arrangement
dieser Scene erzielte wahrhaft große Wirkung.
P. Daehne.