II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 733

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9. 4. Der gruehe K-adu zyklus
Klose & Seidel
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Zeitung: Leipz. Neueste Nachrichten
Ort:
Leipzig

Datum:
1 9.Maliun
Berliner Schnißler=Feiern. Unsek Berliner K. Pr. N
Mitarbeiter schreibt uns: Zwei Berliner Bühnen haben des füns¬
zigsten Geburtstages Arthur Schnitzlers gedacht und den Wiener
Dichter durchAufführmgenemer Werke geehrt. Das „Neue
Völkstheater“ hatte den graziösen Schnitzlerschen Einakter
„Literatur“ und die „Liebelei“ auf den Spielplan gesetzt —
durch eine Aufführung der „Liebelei“ will übrigens auch Direktor
Barnowski den Dichter im „Kleinen Theater“ noch feiern —, indes
sich das Charlottenburger „Schiller=Theater“ für jene drei
Einakter entschied, die Schnitzlers Namen in seiner ersten Schaffens¬
spanne vielleicht am glanzvollsten bestrahlt hatten. Das Programm
war umso glücklicher gewählt, als in der Tat Schnitzlers ganzes Wesen

in seiner dichterischen Mannigsaltigkeit und Sonderart gerade durch
diese drei Stückchen bestrahlt wird. In der „Gefährtin“ lauschte
man dem leisen, strengen Seelenerforscher, der beobachtend und pose¬
los wie kein Zweiter, zwischen den Menschen unserer Zeit und ihren
Schmerzen und Spielen von Mann zu Weib steht, im „Paracel¬
sus“ schimmerte seine hohe Kunst, Symbole auf helldunklem Hinter¬
grunde, in jener weisheitsatten Marionettenart, fast holzschnitiartig,
zu malen, wie sie oft ja auch in seinen Novellen, im „Puppenspieler“,
im „Großen Würstel“ wiederkehrt, und endlich legte die Groteske
„Der grüne Kakadu“ Zeugnis für die Meisterschaft Schnitzlers
ab, verschollene Epochen, ihr Zeitkolorit wieder lebendig zu machen,
Gruppen grandios zu bewegen, wie er's ja auch im „Schleier der
Beatrice“ im „Jungen Medardus“ vor allem gekonnt hat. Und so
ruhte der Abglanz von Schnitzlers edler, in all ihrem Schaffen kultur¬
durchströmter Persönlichkeit über dem ganzen Abend. Gewiß haben
früher „Burgtheater“ und „Lessingtheater“ die gleichen Aufführungen
mit mächtigerer schauspielerischer Wirkung gebracht. Aber immerhin
fand auch das „Schillertheater“ einen anständigen, harmonisch ruhigen
Ton und über den Schlußszenen in der Spelunke Prospires im
„Grünen Kakadn“ flammte sogar wirklich der lohende Schein der vor¬
*
gemalten, jäh hereinstürzenden Revolution.