II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 3), Der grüne Kakadu. Groteske in einem Akt, Seite 779

Wien sehn eee en ilherensctenmener eneneneschihegensenen
lichkeit. Im dritten Acte wird die Mutter des todten Kindes,
die Toni Weber, systematisch aus dem Hause hinaus und in die
Donau hinein gedrängelt. Das ist Alles. Mehr Handlung
ist in dem Stücke wahrhaftig nicht vorhanden. Denn als Handlung
wird man dis zahllosen Nuancen doch wol nicht gelten
lassen können, in denen an jedem einzelnen Familienmitgliede
die allmälige Temperaturabnahme des Mitgefühls und des
Pflichtbewußtseins demonstrirt wird, je länzer das „Ver¬
mächtniß“ auf der Familie lastet. Aber dafür: das inter¬
essante sociale Problem, das uns Herr Schnitzler vorführt.
Was denn? Daß die arme Geliebte eines jungen, lebens¬
lustigen Mannes und deren Kind von der Familie dieses
Mannes und von der Gesellschaft nicht als voll genommen
werden? Ist das ein Problem? Das ist einfach eine selbst¬
verständliche Sache, wenn man nicht etwa die Einrichtung
der Ehe als etwas Unmoralisches und nur die freie Liebe
als eine ethische Institution gelten lasse will. Oder steckt
das Problem in dem Umstande, daß sich die Familie w¬
noch mit dem Kinde der freien Liebe, aber nicht mehr mit der
dieses mildernden Umstandes beraubten Mutter abzufinden
vermag? Auch das ist überaus begreiflich und kaum so
ganz verwerflich. Denn zwischen dieser guten Toni
Weber, die uns der Autor gewiß nicht zufällig als
ein Mädchen von recht bescheidener Bildung und
Erziehung zeigt, und der Familie des Professors und Ab¬
geordneten Adolph Losatti klafft ein tiefer socialer Spalt, der
auch dann nicht auszufüllen wäre mit eitel Pietät und
Herzensgüte, wenn Toni die eheliche Gattin Hugo's ge¬
worden wäre. Oder soll diese Toni selbst, das „süße
Mädel“, das Mutter geworden ist, ein Problem sein? Dann
stünde dieses Problem auf blanker Unwahrheit. Denn von
zwei Dingen eines: entweder diese Toni ist aus einem
Holze geschnitzt, das sich nicht nach Bedarf und Belieben zu
einem überflüssigen Hausmöbel biegen läßt, dann läßt sie
sich auch nicht darauf ein, im Hause des Professors das
Gnadenbrod mit allen seinen verzuckerten Bitternissen zu
essen, sondern sie geht lieber hungern und betteln oder gleich
in die Donau; oder diese Toni ist aus anderem Stoffe, sie
klug oder biegsam genug, um die Sicherung
ist
ihrer und ihres Kindes Existenz als das werthvollste
Vermächtniß ihres Geliebten anzusehen, dann wird sie gewiß
die ihr angebotene Rente nicht als eine Beleidigung auffassen
und empfinden. Das Mädchen aber, das noch nach dem Tode
ihres Kindes, also nach Lösung des einzigen Bandes, das sie
mit der social höher stehenden Professorsfamilie verknüpft,
durchaus als Hausgenossin in dieser Familie bleiben will,
verwirkt das Aurecht auf unser Verständniß und unsere
Theilnahme. Und wenn dieses Mädchen dann gar in den
mit der ihr gebotenen
statt
sich
Tod geht,
Hilfe eine neue Existenz aufzubauen, so ist das eine Albern¬
heit, die nicht einmal lebenswahr ist. Was wollte uns Herr
Schnitzler also eigentlich zeigen? Daß er das Milien der
Krankenstube und der wilden, heimlichen Liebeleien gründlich
studirt hat? Das glauben wir ihm bereits. Oder daß er
sehr nett über sociale Ungerechtigkeiten zu dociren
weiß, auch wenn diese auf socialen Trugschlüssen stehen?
Das hätte er uns in einem schönen, dicken Buche viel gründ¬
licher sagen können. Wozu also ein dreiactiges Schauspiel?
Um nochmals darzuthun, daß die moderne Dramatik der
Jung=Wiener Schule den gänzlichen Mangel dramatischer Wirkung
als das einzig richtige, weil überaus bequeme Ziel ansieht
und preist? Das ist nachgerade oft genug dargethan worden.
Was also?
Die Darstellung, welche das Stück
sehr gut. Frau Schratt als Toni
zende Leistung und erzielte wiederholt
offener Scene. Aber der inneren
Fragezeichens vermochte
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Hartmann al¬
ewig liberalisirenden
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Medelsky, sowie die Herren De##
und Römpler mühten sich ehrlich um den Erfolg des
Stückes. Dieser Erfolg war lärmend und äußerlich, wie das
jetzt im Burgtheater üblich geworden ist. Noch mehrere
solcher Erfolge und das Burgtheater wird ein Repertoire von
modernen Stücken besitzen, bei dem es zuverlässig zu einem
sich immer behäbiger rundenden Deficit gelangen wird.
g. d.
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Nr. 33
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Ausschnitt aus: Heutsche senung, Wen
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4
Theater, Kunst und Literatur.
Hofburgtheater. Der Ballast, mit dem das Burg¬
heater in den neuen Kurs segelt, wird immer schwerer;
er hat heute durch Schnitzlers Vermächtniß“ ein
bedeutendes Zugewicht erhalten. Dieses Schauspiel gehört
zu jenen unbrauchbaren Stücken, die nicht leben können und
vor dem Sterben eine Zeitlang durch das halbbezahlte
Treiben einer wohlorganisirten Clique und Claque bewahrt
werden. Die Wiener Literaturjuden riefen heute den Ver¬
lasser, der mit Bahr vereint an der Spitze der Musen¬
sünger von Griensteidls Gnaden marschirt, nach jedem
Acte, und der gute Mann erschien auch dienstwillig, natürlich
fest überzeugt, auf der Leiter zum Olymp einen neuen Staffel
erklommen zu haben. Wie kurz wird diese Herrlichkeit dauern!
Wie bald wird man dahinter kommen, daß die ganze Schnitzlerei
nichts weiter als eine findige, von guter Reclame unter¬
stützte Speculation auf die Wirksamkeit einiger moderner,
von wirklichen Dichtern ersonnener Schlagwörter, ein
mit geübtem Schachergeist betriebener Trödelausverkauf von
27 Kreuzer=Motiven, die in soliden Händen Werth erhalten
könnten, ohne die ethische Grundlage wahrer Poesie jedoch
ein ganz gewöhnlicher Schwindel sind. Die Hauptsiche in
Schnitzlers langweiliger Komödie ist das
süße Wiener
Mädel, jener Typus, den die literarischen Marodeure
des Wiener Judenthums entdeckt z
1
haben sich
rühmen, während er thatsächlich schon seit jeher
in unserer Literatur bestand nur freilich echt
und nicht mit der falschen Martz, die ihm die Juden als
Für
Fremdlinge in unserem Volksleben aufdrückten. Dieses Mädel
bar
(Frau Schratt) hat mit einem jungen Patricierssohne,
Sraus
Hugo Losatti (Herr Treßler), ein Verhältniß, dem ein
1 Kind entsprang. Da Hugo schon im ersten Acte an den #nt
Folgen eines Sturzes vom Pferde stirbt und die Geliebte
es den
Abe
sammt dem Kinde der Obhut seiner Familie anvertraut hat,
Abe
bleibt sie im Hause des Abgeordneten und Professors Losatti.
Aber da findet sich ein Arzt (Herr Devrient), der auf
die Hand der Tochter des Hauses, Franziska (Frau Hohen¬
fels), rechnet und in der Anwesenheit der Maitresse des
Sohnes eine Beeinträchtigung der guten Sitte und Rein¬
heit erblickt. Im zweiten Acte stirbt das Kind, und
nun setzt er bei dem alten Losatti (Herr Hart¬
mann), einem wetterwendischen, phrasenreichen alten
Esel, die Entfernung des Mädchens durch. Sie geht,
läßt jedoch einen Zettel zurück, der einen Selbstmord
andeutet. Francisca hält ihr eine sehr schöne Grabrede und
die Zuschauer gehen, von den espigen Rührattentaten, maleri¬
schen Posen und
schreiensen Unwahrheiten ermüdet, nach
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ugunzen Machwerke brauchbar ist, haben
der „Musette“ und Hartleben in der
gehung zur Ehe“ schön und ehrlich auseinandergesetzt.
Alles Andere ist — von Schnitzler. An der Darstellung
fehlte es nicht; namentlich Herr Hartmann überraschte
durch die dem Leben möglichst angepaßte Gestaltung des alten
Losatti. In der äußerst undankbaren Rolle einer Raisoneuse
behauptete sich Fräulein Bleibtreu, und an ein junges
Mädchen, dessen Beschäftigung fast ansschließlich im Kommen
und Gehen besteht, verschwendete man Fräulein Medelsky.
Der Abend war traurig; mochten auch die Juden Hosanah
rufen, jene Leute, für und durch welche das Burgtheater
besteht, wenden sich mit Achselzucken von der mißlungenen,
schwachherzigen, verlogenen Oberflächlichleitsarbeit.—