box 14/7
faehrtin
9. 2 D 1
6Mi 3
Der Tag, Berlin
Seasgunee
SS
„Deuisches Künstter-Theater.
Albert=Bassermann=Abend.
Ein Albert=Bassermann=Abend war es, den das
Deutsche Künstlertheater gestern insdrei mehr
tder minder bejahrten und bekannten Einaktern
Jzusammengestellt hatte, um dem schauspielerischen
ostar der Barnowskybüh en. vermutlich während
der Zeit, da man im Stammhause, dem Lessing¬
theater, den dreimaligen Gang nach Damaskus zu
machen gedenkt, in der Kurfürstenstraßen=Filiale
Gelegenheit zu vielseitiger Betätigung seiner
Künstlerschaft zu geben. Bei diesem löblichen Be¬
streben kam diesmal eine zwar etwas gemischte,
aber leicht verdauliche Unterhaltsamkeit heraus.
der das Publikum in guter Stimmung und mit
besonders lebhaften Beifallsbezeigungen nach dem
zweiten Stück folgte.
Das war Otto Erich Hartlebens einst vielge¬
spielie „Sittliche Forderung", der keck
hingeworfene Scherz, der voll drastischer Liebens¬
würdigkeit und ohne jede bissige Schärfe die Be¬
kehrung eines braven Rud#städters durch eine in
zur berühmten Liedersängerin und
Lebedame gewordene Heimatfreundin zeigt.
als
vermeint¬
sie
kommt, um
Er¬
lich
reuige Sünderin nach Rudolstadt
heimzuholen, und sie behält ihn in Berlin. Nicht
ihr Gatte im traulichen heimischen Städtchen wird
er werden, sondern ihr Liebster im Kunst= und
Lebensstrudel der Weltstadt. Das ist die sorglos
herausgeschnellte Pointe des Spaßes, der auch
heute noch zündet, wenn der Rudolstädter von
einem Berliner Genie so prächtig gespielt wird,
wie gestern von Bassermann. Die natürliche, mit
den einfachsten Mitteln arbeitende Komik, die der
Künstler für die drollige Gestalt aufbrachte, die
jeden karikaturistischen Strich verschmähende
Schlichtheit, die kein blödes Zerrbild, sondern
eben einen echten, im Grunde gar liebenswerten
Kleinstädter Bürgersmann aus diesem noch in
jünglingshafte Schwärmerei für seine Erna=Rita
verfallenden Herrn machte, brachten selbst die in¬
zwischen überholten Momente des Stückchens zu
bester Wirkung, und der selige Otto Erich hätte
diesem schleunig entsittlichten Philister sicherlich
ein herzhaftes Prosit zugerufen.
e Wmrnsen
Etwas schwieriger war es für Bassermann,
dem uralten, aus dem Französischen stammenden
Einakter: „Eine Partie Piguct“ neues
Leben einzublafen. Schon als Friedrich Haase vor
Jahrzehnten das Stück auf all seinen Gastspiel¬
reisen mitschleppte, kam es uns ziemlich alt¬
modisch vor, und der mit starker Absichtlichkeit
primitiv gehaltene szenische Rahmen. den man
den überwundenen Spiel gestern lich, schwächte
diesen Eindruck nicht ab. Bassermann aber war
ganz und gar nicht Friedrich Haase. Er gestaltete
den alten Chevalier von Rocheferrier mit seinem
Aristokratenstolz, seiner Reiz= und Streitbarkeit,
die sich zudem noch für Liebenswürdigkeit aus¬
gibt, völlig aus Eigenem. Sehr charakteristisch,
mit feinem Humer, aber mehr, wie wir ihn uns
heute denken, #s wie er in den Rahmen
des Stückes paßt, um durchweg ergötzlich zu
wirken. Friedrich Haase hatte für diese Grand¬
seigneurs seine eigne Note und eine beschwingte,
leis weibische Grazie die ihnen einen ganz eigen¬
artigen komödiantischen Reiz verlieh.
Den Anfang des Abends bildete Artb
W
lers Schauspiel: „Die Ge#h#
melancholisch=tuerischer Art, die mit ernsten Mo¬
gmatisch
tiven und Gedanken spielt, ohne
u gestalten, man trotz Bassermanns feiner Där¬
stellung des durch späte Erkenninisse eines eben
Zum Witwer gewordenen, gepeinigten Ehemanns
kaum noch Geschmack abgewinnen kann.
Else Bassermann als verführerische Sanges¬
und Lebenskünstlerin unterstützte in Hartlebens
Lustspielchen ihren Gatten nach Kräften, neben
ihr machten sich die Herren Ziener, Willi Geun¬
abgesehen von
wald, Charlotte Schultz und —
einer gewissen Unfreiheit. — auch Emilia Unda
in Schnitzlers „Gefährtin“ um die bescheidenen
schauspielerischen Aufgaben des Abends verdient.
Julius- Keller.
faehrtin
9. 2 D 1
6Mi 3
Der Tag, Berlin
Seasgunee
SS
„Deuisches Künstter-Theater.
Albert=Bassermann=Abend.
Ein Albert=Bassermann=Abend war es, den das
Deutsche Künstlertheater gestern insdrei mehr
tder minder bejahrten und bekannten Einaktern
Jzusammengestellt hatte, um dem schauspielerischen
ostar der Barnowskybüh en. vermutlich während
der Zeit, da man im Stammhause, dem Lessing¬
theater, den dreimaligen Gang nach Damaskus zu
machen gedenkt, in der Kurfürstenstraßen=Filiale
Gelegenheit zu vielseitiger Betätigung seiner
Künstlerschaft zu geben. Bei diesem löblichen Be¬
streben kam diesmal eine zwar etwas gemischte,
aber leicht verdauliche Unterhaltsamkeit heraus.
der das Publikum in guter Stimmung und mit
besonders lebhaften Beifallsbezeigungen nach dem
zweiten Stück folgte.
Das war Otto Erich Hartlebens einst vielge¬
spielie „Sittliche Forderung", der keck
hingeworfene Scherz, der voll drastischer Liebens¬
würdigkeit und ohne jede bissige Schärfe die Be¬
kehrung eines braven Rud#städters durch eine in
zur berühmten Liedersängerin und
Lebedame gewordene Heimatfreundin zeigt.
als
vermeint¬
sie
kommt, um
Er¬
lich
reuige Sünderin nach Rudolstadt
heimzuholen, und sie behält ihn in Berlin. Nicht
ihr Gatte im traulichen heimischen Städtchen wird
er werden, sondern ihr Liebster im Kunst= und
Lebensstrudel der Weltstadt. Das ist die sorglos
herausgeschnellte Pointe des Spaßes, der auch
heute noch zündet, wenn der Rudolstädter von
einem Berliner Genie so prächtig gespielt wird,
wie gestern von Bassermann. Die natürliche, mit
den einfachsten Mitteln arbeitende Komik, die der
Künstler für die drollige Gestalt aufbrachte, die
jeden karikaturistischen Strich verschmähende
Schlichtheit, die kein blödes Zerrbild, sondern
eben einen echten, im Grunde gar liebenswerten
Kleinstädter Bürgersmann aus diesem noch in
jünglingshafte Schwärmerei für seine Erna=Rita
verfallenden Herrn machte, brachten selbst die in¬
zwischen überholten Momente des Stückchens zu
bester Wirkung, und der selige Otto Erich hätte
diesem schleunig entsittlichten Philister sicherlich
ein herzhaftes Prosit zugerufen.
e Wmrnsen
Etwas schwieriger war es für Bassermann,
dem uralten, aus dem Französischen stammenden
Einakter: „Eine Partie Piguct“ neues
Leben einzublafen. Schon als Friedrich Haase vor
Jahrzehnten das Stück auf all seinen Gastspiel¬
reisen mitschleppte, kam es uns ziemlich alt¬
modisch vor, und der mit starker Absichtlichkeit
primitiv gehaltene szenische Rahmen. den man
den überwundenen Spiel gestern lich, schwächte
diesen Eindruck nicht ab. Bassermann aber war
ganz und gar nicht Friedrich Haase. Er gestaltete
den alten Chevalier von Rocheferrier mit seinem
Aristokratenstolz, seiner Reiz= und Streitbarkeit,
die sich zudem noch für Liebenswürdigkeit aus¬
gibt, völlig aus Eigenem. Sehr charakteristisch,
mit feinem Humer, aber mehr, wie wir ihn uns
heute denken, #s wie er in den Rahmen
des Stückes paßt, um durchweg ergötzlich zu
wirken. Friedrich Haase hatte für diese Grand¬
seigneurs seine eigne Note und eine beschwingte,
leis weibische Grazie die ihnen einen ganz eigen¬
artigen komödiantischen Reiz verlieh.
Den Anfang des Abends bildete Artb
W
lers Schauspiel: „Die Ge#h#
melancholisch=tuerischer Art, die mit ernsten Mo¬
gmatisch
tiven und Gedanken spielt, ohne
u gestalten, man trotz Bassermanns feiner Där¬
stellung des durch späte Erkenninisse eines eben
Zum Witwer gewordenen, gepeinigten Ehemanns
kaum noch Geschmack abgewinnen kann.
Else Bassermann als verführerische Sanges¬
und Lebenskünstlerin unterstützte in Hartlebens
Lustspielchen ihren Gatten nach Kräften, neben
ihr machten sich die Herren Ziener, Willi Geun¬
abgesehen von
wald, Charlotte Schultz und —
einer gewissen Unfreiheit. — auch Emilia Unda
in Schnitzlers „Gefährtin“ um die bescheidenen
schauspielerischen Aufgaben des Abends verdient.
Julius- Keller.