II, Theaterstücke 9, (Der grüne Kakadu. Drei Einakter, 1), Paracelsus. Versspiel in einem Akt, Seite 8

9.1.
Paracelsus
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vom (407 7°
Theater, Kunst u. Wissenschaft.
Berlin, Montag. 9. April.
J. N—u. Max Dreyers dreiaktiges Drama
Winterschlaf“ ist seit Sonnabend nach vierjähriger
Pause wieder den Berlinern näher gerückt worden. Da¬
mals, im Neuen Theater in der Aera Lautenburg, war es
ein starker, unbestrittener Erfolg; jetzt im Deutschen
Theater ein noch stärkerer: der Autor, der im Hinter¬
grunde der Direktorloge soß und den Beifallsrufen nach
dem 1. Akte keine Folge leistete, „weil's ja doch keine
richtige Erstaufführung“ war, mußte es sich gefallen
lassen, daß man ihm nach dem 2. Akte, wo man
ihn in der Loge erkannt hatte, eine förmliche Ova¬
tion bereitete und so ihn zwang, schließlich doch
wiederholt vor der Rampe zu erscheinen. Und wie
dieses Mal die Bemerkung des Försters Ahrens zog, als
er bei der Erzählung des Schriftstellers Meincke von
seiner Gefangenschaft erstannt ausruft: ind denn die
Kerle (d. h. die Schriftsteller) nicht verb in?“ Damals
gab's ein behagliches Schmunzeln — vorgestern aber
schlug das Wort wie eine Granate ein und Beifallssturmt
Für 50 Zeidurchbraufte das Haus bei offener Scene .... „Winter= melusive
100
schlaf“ gehört noch ganz in die ibsenistische Periode Dreyers, 1Porto.
200

doch meine ich, daß das erschütternde Drama der jungenahlbar
500
Voraus.
Mädchenblüthe, die nach Freiluft sich sehnt und
„ 1000
den Tod gewinnt, in mancher Beziehung höhertte ist das
Im
Abonnemen z. B. „In Behandlung" und „Großmama“. Iteht es den
Abonnenten sind die Wirklichkeitsbilder hier zu gemüthsvollen ern.
Stimmungsbildern von dichterischem Gehalte vertieft und
wie sind die handelnden Personen in ihrer Mehrzahl
gleichzeitig Typen und Individuen. Freilich — über den
springenden Punkt der Dichtung komme ich heute ebenso¬
wenig hinüber, wie vor 4 Jahren: daß der Bräutigam,
der brutale Forstgehilfe. der viehischen Vergewaltigung
seiner Braut fähig wäre, und wie er dazu getrieben wird.
das-ist=Alles gutemytivirt. Aber daß die Unthat zur Aus¬
führung kommt — das ist lediglich eine Konzession an die
Oekonomie des Stücks. Es ist unwahrscheinlich, daß
Trude nicht um Hilfe zief und man hätte sie gehört; hatte
doch der Vater ihr Wimmern und Schluchzen in nächt¬
licher Stille vernommen. Doch lassen wir das — das
Publikum ging gläubig mit und der Beifall war nach
dem zweiten Akt am stärksten. Gespielt wurde allerdings
ganz vorzüglich und das Deutsche Theater hatte in Bezug
auf Herausarbeitung von „Stimmung“ und Zusammen¬
klingen trefflicher Einzelleistungen wieder 'mal einen
Ehrenabend. Besser, als Hermann Rissen den kreuz¬
braven und herzeusguten, aber beschränkten und ewig
polternden Förster, und als Luise von Pöllnitz die
nichtswürdige, dumme und boshafte Tante Ida gab,
können diese beiden Figuren, allerdings auch die
lebensvollsten des Dramas, nicht gegeben werden.